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Luegen auf Albanisch

Luegen auf Albanisch

Titel: Luegen auf Albanisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francine Prosse
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hatte er sich darum beworben und den Zuschlag nicht bekommen. Auch wenn sie zwei und zwei zusammenzählte, ergab die Summe nur null.
    »Ich wünschte, ihr würdet unseren Supermarkt renovieren«, sagte Lula. »Da ist alles sehr bio und teuer, aber es stinkt eklig, als hätten sie eine tote Ratte im Keller.«
    Alvo fragte: »Wie heißt er denn?«
    »The Good Earth«, sagte Lula.
    »Bei dir in der Nähe?«
    »Fünf Minuten«, sagte Lula.
    Vielleicht würde sie Alvo eines Tages gut genug kennen, um ihm von dem gefundenen Kassenzettel zu erzählen und dass sie in den Laden gegangen war und gehofft hatte, ihn dort zu treffen. Alvo würde sich geschmeichelt fühlen – oder so tun. Sie würden sich darauf einigen, dass es witzig war und süß, und dann würden sie miteinander schlafen.
    »Wo wohnst du?«, fragte Lula.
    »Astoria«, sagte Alvo.
    »Mit wem?«
    »Allein.«
    »Ich dachte, du hättest eine Freundin.«
    »Hatte ich. Jetzt nicht mehr.«
    »Das tut mir leid«, log Lula. Bei einer normalen Verabredung hätte man fragen können, warum er sich von seiner Ex getrennt hatte, und das Gespräch auf eine intimere Ebene lenken können. Wenn es dann wirklich persönlich wurde, könnte sie ihn vielleicht nach dem Duschen in ihrem Bad fragen. Dann könnten sie vielleicht darüber reden, dass er ihre Geschichte auf Zekes Computer beendet hatte. Sie würde ihm erzählen, dass sein Schluss mit den fünfzehn Kindern und dem Harem der Teil sei, der ihrem Chef und ihrem Anwalt am besten gefallen habe.
    Die Thaifrau tauschte die Teller gegen Schalen aus. Hühnercurry für Lula, irgendwas Fleischiges für Alvo. Die Frau wusste nicht nur, was sie wollten, sie wusste auch, wann sie Unterschiedliches wollten. Wurde die Hitze in Lulas Brust von den Chilis ausgelöst oder von Alvo, der über den Tisch langte und mit den Stäbchen ein Stück Huhn aus Lulas Schale fischte? Sie schob ihre Schale zu Alvo. Nimm, so viel du willst!
    »Und wie bist du in dieses Land gekommen?«, fragte sie.
    »Langweilige Geschichte«, sagte Alvo. »Mein Vater war Ingenieur.«
    Lula sagte: »Jeder aus dem ehemaligen Kommunismus war Ingenieur.«
    »In Detroit hatte er einen Friseurladen, noch so ein Familientalent. Schon mein Großvater hat in seinem Dorf Haare geschnitten. Mein Vater hat dem Bürgermeister von Detroit die Haare geschnitten, und die ganze Familie bekam Greencards. Man könnte also sagen, ich sei vom Friseurladen ins Baugewerbe aufgestiegen, oder abgestiegen, vom Ingenieur zum Bauarbeiter. Kommt ganz auf die Messlatte an.«
    Lula sagte: »Wir sind nur abgestiegen. Egal, wie du es nimmst. Direkt nach dem Ende des Kommunismus ging mein Vater über den Skanderbegplatz und begegnete einer Frau, um die ein großer Vogel herumhüpfte. Sie sagte, es sei ein Adler, aber mein Dad wusste, dass es ein Falke war, so groß wie ein dreijähriges Kind. Prächtig. Die Frau hatte gerade ein Unternehmen eröffnet, vermietete unser Nationalsymbol an Fußballspiele und Rennen, Hochzeiten und Privatfeste. Sie hatte bereits mehr Aufträge, als sie bewältigen konnte. Aber sie brauchte Angestellte, musste ein Büro mieten, ein Telefon anschließen, Tierarztrechnungen waren zu bezahlen. Mit anderen Worten, ein Haufen Geschäftskosten. Wenn mein Vater investieren wollte, würde er in sechs Monaten fünfzig Prozent Gewinn machen. Muss ich dir erzählen, was passierte?«
    Alvo sagte: »Mit der Investition? Nein. Was ist mit dem Vogel passiert?«
    Lula wedelte mit den Händen über dem Kopf.
    Alvo sagte: »Zu dumm, dass dein Dad keinen Adler mit zwei Köpfen finden konnte. Damit hätte er dann richtig Kohle machen können.«
    »Zu dumm.« Lula war allein gewesen, als sie die Frau mit dem Vogel sah. Ihr Vater war nicht mal in der Nähe gewesen. Warum hatte sie Alvo belogen? Weil es eine gute Geschichte war.
    Er sagte: »Alle, die länger dort geblieben sind, haben eine Menge durchgemacht, das uns erspart blieb.«
    Lula merkte, wie sie auf Alvos Hände starrte und wünschte, sie könnte seine beiden Hände in die ihren nehmen und sie auf ihr Herz legen, damit er spürte, wie ihre beiden Herzen im gleichen Balkanrhythmus pochten. »Was hätte ich tun sollen? Mein Vater war kein Ingenieur. Er hat Schuhe gemacht.« In gewisser Hinsicht. Einer seiner Jobs hatte darin bestanden, gestohlene chinesische Pantoffeln zu verhökern.
    »Und wie bist du dann hierhergekommen?«, fragte Alvo.
    Lula sagte: »Meine Tante hat etwas Geld von einem Onkel in Detroit geerbt. Das lag auf einer

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