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Luegen auf Albanisch

Luegen auf Albanisch

Titel: Luegen auf Albanisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francine Prosse
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dem Kellner mit Cowboyhüten herumliefen und Missionaren aus Missouri geschmolzenen Schafskäse und Maischips servierten. Dunia und das weißrussische Model hatten Lula zur Feier ihres fünfundzwanzigsten Geburtstags zu einem Thailänder auf der Rivington Street eingeladen, daher hatte sie schon thailändisch gegessen. Einmal.
    »Warum der tiefe Seufzer?«, fragte Alvo.
    »Ich dachte gerade an jemanden«, antwortete Lula.
    »Mann oder Frau?«, fragt Alvo.
    »Frau, und von daheim. Gestern Nacht, als ich nicht schlafen konnte, bin ich aufgestanden, nach unten gegangen, hab den Fernseher angemacht und durch die Sender gezappt. Das Beste am Haus meines Chefs sind die dicken Wände, durch die niemand was mitkriegt.«
    »Hervorragend«, sagte Alvo. »Wenn du Gäste hast.«
    Flirtete Alvo? Falls sie sich irrte, könnte das peinlich sein.
    »Ich habe nie Gäste«, sagte Lula. »Also, letzte Nacht war da dieses albanische Mädchen im Fernsehen, das davon erzählte, einen reichen Mafiaboss geheiratet und sich in seinen Bruder verliebt zu haben, der sie mit nach Italien nahm, wo er sie mit dem Gürtel verprügelte und auf den Strich schickte, bis ihr Onkel sie fand und ein albanischer Anwalt sie zurückholen konnte. Zwei weitere Mädchen wurden interviewt, beide mit ähnlichen Geschichten, Geister mit verschmierter Wimperntusche, die ihnen übers Gesicht lief. Die Sache ist, ich hatte wach gelegen, weil ich mir Sorgen um meine Freundin Dunia machte. Sie war mit mir hier in New York, und sie ist nach Hause zurückgekehrt, aber es ist, als hätte sie den Planeten verlassen. Sie ist clever, sie ist taff. Ich rede mir ein, dass mit ihr alles in Ordnung ist. Doch vielleicht bin ich einfach zu träge …«
    »Ich hab schon oft thailändisch gegessen«, sagte Alvo. »Aber auf dieser Karte erkenne ich so gut wie nichts.«
    Lula sagte: »Pad thai ist das Einzige, was ich kenne. Warum ist es hier so leer?«
    »Vielleicht sind die Leute in New Jersey zu debil, um zu kapieren, dass Siam Thai bedeutet.«
    Er winkte die Thailänderin zu sich und schaute ihr dann so freundlich in die Augen, dass er ihr Lieblingssohn hätte sein können, der zum Essen vorbeigekommen war. Die Frau nickte und wedelte mit den Armen, Zeichensprache für »Ich kümmere mich um dich«, und verschwand in der Küche.
    »Gut gemacht«, sagte Lula.
    »Manchen Menschen kann man einfach vertrauen«, sagte Alvo. »Das merkt man sofort. Was wir ja schon während unserer Kindheit gelernt haben, stimmt’s? Ich habe da ein Buch über Leibwächter gelesen, die für die Mafia und die englische Königsfamilie arbeiten und für saudische Diplomaten. Die arabischen Fahrer sind die tapfersten Dreckschweine. Diejenigen, die nach Guantánamo geschickt werden.«
    Lula sagte: »Mein Anwalt hat einen Mandanten in Guantánamo.«
    »Pech für ihn.« Alvo bekreuzigte sich. »Pech für seinen Mandanten.«
    »Bist du Christ?«, fragte Lula.
    »Ich bin gar nichts. Ich bin Albaner. Genau wie du.«
    »Wie ich. Ich meine, falls es einen Gott gibt, warum ist der so sauer auf die Albaner?«
    »Vielleicht hat Gott einen miesen Charakter«, sagte Alvo.
    »Mag sein.« Beide hatten dem Thema Gott nichts mehr hinzuzufügen. Die Unterhaltung versickerte, bis Lula fragte, auch wenn es eine langweilige Erstes-Rendezvous-Frage war: »Wann bist du in dieses Land gekommen?«
    »Zum Glück schon 1990. Sonst wäre ich vielleicht immer noch dort. Du musst ja einen Spitzenanwalt haben, wenn er dir das Arbeitsvisum beschaffen konnte, nachdem du bereits hier warst.«
    »Er ist berühmt.« Lula versuchte nicht daran zu denken, wie Dons Hand auf die ihre gefallen war.
    »Wenn er so gut ist, warum hat er dann einen Mandanten in Guantánamo? Verrücktes Land.«
    »Besser als zu Hause«, sagte Lula.
    Alvo sagte: »Die USA haben das Kosovo vor den ethnischen Säuberungen der Serben bewahrt. Zumindest dafür sollten wir dankbar sein … Aber weißt du was? Manchmal denke ich, dieses Land wird wie Albanien, und Albanien wird wie dieses Land. Wie Rolltreppen, die in gegenläufige Richtungen fahren und sich in der Mitte treffen.«
    »In albanischen Träumen«, sagte Lula.
    »Wir sollten in der EU sein. Vergiss den Frauenhandel, die Drogen. Wenn wir Öl oder Erdgas hätten, wären wir seit Ewigkeiten in der EU ! Und dann bringen da diese verblendeten albanischen Brüder die völlig falsche Message durch eine Verschwörung rüber, irgendeinen Armeestützpunkt in Südjersey in die Luft zu sprengen. Wie lässt uns das denn

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