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Luegen auf Albanisch

Luegen auf Albanisch

Titel: Luegen auf Albanisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francine Prosse
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amerikanischen Bank, und als sie starb, hat sie es mir vermacht.«
    »Du bist mit einem Touristenvisum hergekommen? Wie hast du das hingekriegt?«
    Lula lächelte und klimperte mit den Wimpern.
    »Auf die altmodische Art«, sagte Alvo.
    »Warst du mal wieder dort?«, fragte Lula.
    »Meine Mutter ist nach Hause zurückgezogen«, sagte Alvo. »Sie lebt jetzt in Tirana. Mein Dad und sie sind geschieden. Dass er Friseur wurde, war nicht gut für die Ehe, schätze ich. Ich fliege alle paar Jahre hin, um sie zu besuchen und mich von ihr bekochen zu lassen. Daher kenne ich den Paradise Club. Wo ich dich nie gesehen habe.«
    »Ich war da«, sagte Lula.
    »Daran hätte ich mich erinnert«, sagte Alvo.
    Die Thaifrau brachte süßen Kaffee und einen wabbeligen orangefarbenen Nachtisch. »Aufs Haus«, sagte sie. Alvo nahm ein paar Bissen, lächelte die Frau an und schob den Pudding zu Lula, die den ganzen Teller leer aß. Alvo trank die letzten Tropfen Bier, und Lula tat dasselbe, obwohl es nach dem Mangopudding eklig schmeckte. Da nichts mehr zu essen oder zu trinken übrig war, gab es auch keinen Grund mehr zu bleiben.
    Alvo fragte: »Bist du nächste Woche in der Gegend?«
    Wo sollte sie sonst sein? Sie würde versuchen, ihn in ihren vollen Terminkalender von nichts einzuschieben. »Klar. Nein, warte mal. Montag, Dienstag und Mittwoch bin ich auf einer College-Rundreise mit Zeke und Mister Stanley.«
    »Wie bei den Sopranos ?«, fragte Alvo. »Als Tony die Petze verprügelt hat?«
    »Ich habe ein paar Folgen gesehen«, sagte Lula. »Aber die nicht.«
    »Vor deiner Zeit«, sagte Alvo. »Du bumst also tatsächlich mit deinem Chef.«
    »Getrennte Motelzimmer.« Die Frage war nie aufgekommen. Aber sie kannte Mister Stanley. Er und Zeke würden sich ein Zimmer teilen. Sie würde ein eigenes bekommen.
    »Mein Vater wollte, dass ich aufs College gehe«, sagte Alvo. »Das nächste Community College befand sich im Ghetto von Detroit. Fünfzehn Prozent weiße Studentenschaft. Die Chance, nicht ständig in den Arsch gefickt zu werden, wäre sogar im Gefängnis noch besser gewesen.«
    Lula beschloss, nichts von ihrer Unikarriere in Tirana zu erzählen, obwohl sie bei anderen Gesprächen – mit den Bedienungen im La Changita oder mit Don und Mister Stanley – keine Gelegenheit ausgelassen hatte, mit ihrer höheren Bildung zu prahlen.
    Alvo sagte: »Das gehört also zu deinem Job? Die kleine Miss, die alles richtig macht. Ihr albanischen Mädels seid alle gleich. Mutter Teresa war bloß die gescheiteste.«
    »Mutter Teresa?«
    »Die Beste in Öffentlichkeitsarbeit. Das hat sie genial gemacht. Alle Albaner sparen und planen, irgendwohin zu ziehen, wo es besser ist als in Albanien. Was im Grunde genommen überall der Fall ist. Nur die geniale Mutter Teresa zieht an einen Ort, der schlimmer ist als Albanien. Für so was kriegst du dann den Nobelpreis.«
    »Sie ist die berühmteste Albanerin, die es je gegeben hat«, sagte Lula.
    »Da siehst du’s«, sagte Alvo. »Sie und John Belushi. Alle wissen, wie berühmte Leute sind, wenn die Kameras ausgeschaltet werden.«
    Lula hatte Mutter Teresa immer bewundert, wie sie die Sterbenden in den Armen wiegte, ihre runzlige Affenhand um das letzte Lebensfünkchen schloss. Sie sagte: »Ich kann mir nicht vorstellen, wie Mutter Teresa mit ihrem Handy nach einem Fotografen schmeißt.«
    »Die Rechnung!« Alvo zog seinen Geldbeutel heraus.
    Was hatte Lula gesagt? Sie hätte ihm bei Mutter Teresa zustimmen sollen. Wahrscheinlich war es nichts Persönliches. Alvo hatte einen Termin.
    »Vielen Dank für die Einladung«, sagte Lula. »Wie ist es mit der Woche danach?«
    »Der Woche nach was?«, fragte Alvo.
    »Wir könnten uns in der Woche treffen, nachdem ich zurück bin.«
    »Ich weiß nicht«, sagte Alvo. »Wer weiß, ob die Welt dann noch existiert.«
    »Das wird sie«, sagte Lula.
    »Warum bist du dir so sicher?«, fragte Alvo.
    »Na gut, vielleicht bin ich es nicht«, sagte Lula.
    Sie fuhren schweigend zurück. Als Alvo vor Mister Stanleys Haus hielt, küsste er sie zweimal, erst auf die rechte, dann auf die linke Wange. Sehr korrekt. Kleine Schwester.
    Lula berührte seine Schulter.
    »Bis bald«, sagte Lula im gleichen Augenblick, als Alvo sagte: »Bis später.«
    An diesem Nachmittag kam Zeke mit einem leuchtenden neuen Pickel am Kinn nach Hause. Lula versuchte den Pickel nicht zu beachten, gab dann auf und starrte hin. Heute Abend würde er Gemüse essen, egal, wie sehr er maulte. Seit dem

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