Lügen haben hübsche Beine
Simon ihr Zimmer betrat.
»Tut mir leid, ich musste ein Interview geben«, murmelte Jill bedrückt.
»Ach, das ist aber schade, da wäre ich auch gerne dabei gewesen.«
Jill seufzte. »Vielleicht ein anderes Mal.«
Sie schob Simon neben ihre Mutter und setzte sich dann gegenüber auf Mandys Bett. Alice Moore fing sogleich an, sich angeregt mit Simon zu unterhalten, und glücklicherweise fiel den beiden nicht auf, dass Jill sich kaum am Gespräch beteiligte.
Immer wieder schaute sie nervös auf die Uhr, sie hatte keine Ahnung, wie lange dieser bescheuerte Besuchstag gehen sollte, und wann die Presseleute endlich verschwinden würden.
Als sie bemerkte, dass die Tasse ihrer Mutter nahezu leer war, stand sie auf.
»Seid mir nicht böse, aber ich glaube, ihr solltet jetzt nach Hause fahren.«
»Wieso das denn so plötzlich? Wir haben uns doch noch gar nicht mit allen unterhalten«, fragte ihre Mutter enttäuscht.
»Mom, ich habe wahnsinnige Kopfschmerzen und würde mich gerne hinlegen«, erklärte Jill, und es war nicht einmal gelogen, denn die Gedanken in ihrem Schädel trampelten schmerzhaft auf ihrem Hirn herum. »Außerdem sind die Leute von der Crew so sehr beschäftigt, die haben kaum Zeit mit jedem Einzelnen zu sprechen.«
Alice wollte erneut etwas einwenden, jedoch zu Jills Freude kam Simon ihr zur Hilfe.
»Ja, wir sollten besser fahren. Wenn es Jill nicht gut geht, muss sie sich ausruhen, und ich habe nachher auch noch einen geschäftlichen Termin.«
»Gott sei Dank«, stieß Jill innerlich aus.
»Na gut, obwohl ich es sehr schade finde, wir sehen uns doch sowieso nur so selten«, klagte ihre Mutter, stand dann aber auf.
Jill erhob sich schnell, bevor ihre Mutter es sich wieder anders überlegen würde. »Ich bringe euch zum Auto.«
Trotz des Widerspruchs der beiden begleitete Jill sie nach draußen und lief das kleine Stück mit ihnen an der Straße entlang, bis Simon vor einem Wagen stehen blieb.
»Danke dass ihr da wart«, sagte Jill halbherzig, »Kommt gut nach Hause.«
Sie drückte ihre Mutter zum Abschied, gab ihr einen Kuss auf die Wange und musste sich notgedrungen eine Umarmung von Simon gefallen lassen.
»Bis dann.«
Die beiden steigen ein, und Jill winkte ihnen so lange hinterher, bis das Fahrzeug um eine Kurve verschwunden war. Danach schlich sie mit hängenden Schultern den Weg zurück, legte sich in ihrem Zimmer auf ihr Bett und wartete mit größtem Unbehagen auf das, was folgen würde.
52
C raig ließ sie schmoren. Weder rief er an, noch ließ er sich blicken.
Wie ein waidwundes Tier lag Jill auf ihrem Bett und starrte auf die Tür, als könne sie ihn allein durch ihre Willenskraft hierher beschwören.
Sie wusste nicht, ob sie über den Aufschub froh sein sollte oder nicht, denn dass es nur ein Aufschub war, stand außer Zweifel. Einerseits wäre es vielleicht gut, wenn sich die Gemüter zunächst ein wenig beruhigen würden, andererseits hätte sie es gerne hinter sich gebracht.
Zögernd griff sie nach ihrem Handy, überlegte, ob sie ihn anrufen sollte. Doch sie hatte keine Ahnung, wo er gerade war, und was er tat, und bestimmt war es besser, ihn nicht noch weiter zu verärgern, indem sie ihn störte.
Sie bemerkte einen Hinweis auf dem Display, der sie auf einen entgangenen Anruf hinwies.
Es war Craigs Nummer, die Meldung war vom gestrigen Abend, kurz nach zweiundzwanzig Uhr.
Seufzend drückte sie die Taste für ihre Mailbox, hörte dann Craigs Stimme:
»Jill, es tut mir leid, aber ich schaffe es heute nicht mehr. Ich bin in Lakeside aufgehalten worden und werde über Nacht hier bleiben. Hoffentlich hörst du das noch rechtzeitig, und falls du bei mir oben sein solltest, darfst du es dir ruhig in meinem Bett gemütlich machen. Schlaf schön, wir sehen uns morgen.«
Seine Stimme klang sehr weich und liebevoll, und ihr stiegen die Tränen in die Augen.
»Warum muss das alles nur so kompliziert sein?«, flüsterte sie unglücklich, und ließ sich wieder in die Kissen sinken.
Allmählich kehrte Ruhe im Haus ein, der Besuchstag schien dem Ende zuzugehen, und irgendwann kam Mandy herein.
Sie warf einen kurzen Blick auf Jills verweintes Gesicht und setzte sich zu ihr.
»Kann ich dir irgendwie helfen?«
Jill schüttelte den Kopf. »Nein danke, aber es ist lieb, dass du fragst.«
»Willst du mir erzählen, was passiert ist?«
»Nicht jetzt. Ich kann im Moment nicht darüber reden«, lehnte Jill ab.
»Okay, falls du es dir anders überlegst, bin ich für dich da. Du müsstest mich allerdings anrufen,
Weitere Kostenlose Bücher