Lügen haben hübsche Beine
er trieb ihr die Tränen in die Augen, aber ihr war bewusst, dass sie keine andere Wahl hatte, sie musste mit all diesen Dingen aufräumen.
»Sobald dieser Besuchstag heute vorbei ist, werde ich mit ihm reden«, nahm sie sich vor, »Egal was dann passiert, ich werde das klären. Schlimmer kann die ganze Situation doch sowieso nicht mehr werden.«
Es war kurz vor dreizehn Uhr, als Jill völlig außer Atem wieder in die Villa zurückkam.
»Himmel, Jill, wo warst du bloß? Ich habe mir wirklich große Sorgen gemacht«, wurde sie von Mandy empfangen.
»Sorry, aber ich musste raus hier. – Hat Craig den Schlüssel abgeholt?«
»Ja, und er wollte wissen, wo du bist, ich wusste überhaupt nicht, was ich ihm sagen sollte«, erklärte Mandy vorwurfsvoll.
»Das ist nicht so schlimm«, beruhigte Jill sie, »Ich werde nachher mit ihm reden.«
Prüfend schaute Mandy sie an. »Was ist eigentlich los? Und was meintest du mit ‚Ich habe mich in die größte Katastrophe meines Lebens geritten‘? Hast du wieder etwas angestellt?«
»Nein, es ist alles okay. Ich war nur ein bisschen frustriert, weil ich die ganze Nacht auf Craig gewartet habe«, sagte Jill ausweichend. »Aber ich sollte mich jetzt fertigmachen, und du musst nach unten gehen, bevor Harriet einen Anfall kriegt. Falls sie nach mir fragt, beschäftige sie einen Moment, ich beeile mich.«
Mandy verschwand, und Jill ging duschen. Danach zog sie sich an, föhnte sich die Haare trocken und machte sich ein wenig zurecht.
Mit einem dicken Knoten im Magen verließ sie das Zimmer und stieg langsam die Treppe hinab. Ihr war gar nicht wohl in ihrer Haut. Sie hatte keinerlei Lust auf irgendwelche dummen Interviews, und die Tatsache, dass sie mit Sicherheit gleich Craig über den Weg laufen würde, gefiel ihr noch weniger.
»Egal, da musst du jetzt durch«, machte sie sich selbst Mut, und betrat mit einem tiefen Atemzug das Wohnzimmer.
Es herrschte bereits ein ziemliches Gedränge. Eltern, Verwandte und Freunde bevölkerten das Wohnzimmer und den Garten, etliche Reporter und Fotografen liefen herum, dazwischen die aufgeregt schnatternden Mädchen.
»Genauso habe ich es mir vorgestellt«, dachte Jill trocken und ging hinaus auf die Terrasse.
Als sie ihren Blick durch den Garten schweifen ließ, stockte ihr der Atem.
Dort stand Craig, lässig an einen Baum gelehnt, und bei ihm niemand anderes als – ihre Mutter.
Ungläubig riss Jill die Augen auf, blinzelte ein paar Mal, glaubte, nicht richtig zu sehen.
Aber so sehr sie sich auch anstrengte, es gab nichts daran zu rütteln, es handelte sich tatsächlich um Alice Moore, und die beiden schienen sich angeregt zu unterhalten.
»Das darf doch nicht wahr sein«, schoss es ihr durch den Kopf, »Musste das jetzt auch noch sein?«
Sie setzte sich in Bewegung, flog förmlich auf ihre Mutter zu.
»Mom«, rief sie entgeistert, »Was machst du denn hier?«
Alice Moore drehte sich zu ihr um. »Jill, Kind, warum hast du mir denn nicht erzählt, dass heute Besuchstag ist?«, fragte sie vorwurfsvoll. »Es sieht ja fast so aus, als würdest du mich verstecken wollen.«
»Das ist doch Unsinn«, wehrte Jill ab, und ignorierte Craigs amüsiertes Grinsen. »Aber woher wusstest du davon?«
»Phyllis hat einen …«
»Phyllis, natürlich«, unterbrach Jill sie genervt, »Was würden wir nur ohne die liebe Phyllis tun?«
Einen Moment lang fragte sie sich, wie die Nachbarin von dem Besuchstag wissen konnte. Doch das war jetzt egal, sie musste erst einmal zusehen, dass sie ihre Mutter aus der Gefahrenzone brachte.
»Mom, was hältst du davon, wenn ich dir mein Zimmer zeige?«, schlug sie hastig vor, und bemerkte, dass Craigs Grinsen noch eine Spur breiter wurde.
»Ich wollte deiner Mutter gerade eine Tasse Kaffee anbieten«, sagte er lächelnd, und deutete auf ein kleines Buffet, welches auf der Terrasse aufgebaut war.
Jill warf ihm einen bösen Blick zu. »Das können wir dann später machen«, erklärte sie bestimmt, »Wir gehen erst mal nach oben.«
Sie hakte ihre Mutter unter, zog sie hinter sich her in Richtung Eingang und ließ Craig einfach stehen.
»Oh, da drüben ist Harriet«, sagte ihre Mutter aufgeregt, während sie das Wohnzimmer durchquerten. »Können wir nicht zu ihr gehen? Ich würde ihr so gerne mal meine Meinung zu einigen Dingen sagen.«
»Das kann ich mir vorstellen«, seufzte Jill innerlich auf.
»Nachher Mom, wir haben noch viel Zeit«, sagte sie laut.
Insgeheim begann sie schon Pläne zu schmieden, wie sie ihre Mutter schnellstens
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