Lügen haben hübsche Beine
Hätte Craig mich nur einmal ausreden lassen, ich hätte es ihm doch erklären können.«
»Du hast doch bei Lindsay ebenfalls gleich an das Schlimmste gedacht – und da hat niemand von Heirat gesprochen«, mahnte Mandy.
»Das weiß ich inzwischen auch. Aber das ist jetzt sowieso egal, er hat ja zugegeben, dass er nie ernsthafte Absichten hatte. Wenigstens weiß ich nun, woran ich bin.«
Nachdenklich wackelte Mandy mit dem Kopf hin und her. »Da wäre ich mir an deiner Stelle nicht so sicher. Craig war verletzt, und er wollte dich verletzen. Schließlich hat er dir doch auch gesagt, dass er dich gern hat.«
»Hatte«, korrigierte Jill traurig. »Selbst wenn es so war, das hat sich jetzt garantiert erledigt. Spätestens, nachdem ich gesagt habe, ich hätte genauso gut mit Mick ins Bett gehen können, war es endgültig vorbei.«
»Wie konntest du nur so etwas sagen?«, fragte Mandy vorwurfsvoll. »Das war ziemlich unter der Gürtellinie.«
»Ich weiß und es tut mir wahnsinnig leid. Aber für Reue ist es jetzt wohl ein bisschen zu spät. Es wird das Beste sein, wenn ich so schnell wie möglich hier verschwinde.«
»Keine übereilten Entschlüsse«, bremste Mandy sie. »Schlaf erst mal eine Nacht drüber, morgen sieht die Welt wieder ganz anders aus. Craig wird sich beruhigen, und du dich ebenfalls. Es wird nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wird.«
»Mandy, hör auf damit. Du hörst dich schon genauso an wie meine Mutter, die hat auch für alle Lebenslagen immer die passenden Weisheiten parat«, stöhnte Jill.
Mandy lachte. »Na siehst du, dann lass dich von mir ein bisschen bemuttern und hör auf mich. Es wäre so schade, wenn du jetzt alles hinwirfst, also bleib hier und zieh das Ding durch.« Sie zwinkerte schelmisch: »Du weißt doch: Kommt Zeit, kommt Rat.«
Es sah tatsächlich so aus, als würde sich zumindest eine von Mandys Lebensweisheiten bewahrheiten: Am nächsten Morgen fühlte Jill sich nicht mehr ganz so elend wie am Abend zuvor, und sie gab ihren Plan mit der Abreise auf.
So traurig sie auch über den Streit und dieses unschöne Ende ihrer Beziehung zu Craig war, ein wenig war sie auch erleichtert. Wenigstens würde sie sich jetzt wieder voll auf die Ermittlungen konzentrieren können, und sie würde nicht mehr ihre Zeit damit vertrödeln, sich unnötige Hoffnungen auf eine Zukunft mit Craig zu machen.
Der Montag verlief ruhig und ereignislos, bis auf die Tatsache, dass beim Frühstück die Zeitung mit Jills Interview die Runde machte.
Auf der Titelseite der »Lakeside Times« prangte groß das Bild, auf welchem Simon Jill küsste, der reißerische Titel des Artikels lautete, in Anlehnung an einen Shakespeare-Titel: »Der Widerspenstigen Zähmung«.
Ausnahmsweise entsprach der Inhalt dem tatsächlich Gesagten, das Gespräch war Wort für Wort originalgetreu abgedruckt, aber für Jills Begriffe war selbst das schon mehr als genug.
Genervt setzte sie sich an den Tisch und versuchte, das Gekicher und Getuschel der Mädchen zu überhören.
Irgendwann kam Craig herein, schaute kurz auf die Zeitung, ließ seinen Blick zu Jill wandern. Einen Moment lang schauten sie sich an, dann drehte er sich abrupt um und ging zum Kühlschrank.
Unter dem Tisch drückte Mandy beruhigend Jills Hand, und irgendwie gelang es ihr, das Frühstück zu überstehen.
Den restlichen Tag verbrachten sie mit Joggen, Gerätetraining und Lauftraining, und Jill war froh, sich ihre Frustration abarbeiten zu können.
Craig ging ihr geflissentlich aus dem Weg, und sie tat umgekehrt das Gleiche.
Am Abend fiel sie todmüde in ihr Bett und weinte sich lautlos in den Schlaf.
Der Dienstag begann mit der gewohnten Hektik. Emily jammerte über einen abgebrochenen Fingernagel, Cloe beklagte sich über Kopfschmerzen, und Harriet hatte den üblichen Kommandoton am Leib.
»So, damit hier erst gar nicht der Schlendrian einkehrt, werden wir euch heute und morgen mal wieder ein bisschen auf Trab bringen. Wir fahren in den örtlichen Zoo, dort wird es ein Shooting geben. Das Styling wird sehr aufwändig sein, deswegen haben wir zwei Tage angesetzt. Gleichzeitig wird dieses Shooting ein Joker sein. Diejenige von euch, welche die besten Bilder abliefert, wird nicht nur diese, sondern auch die nächste Woche garantiert weiter sein. Strengt euch also an, es hängt einiges davon ab.«
Eine Stunde später traf der Bus ein und brachte sie zum Zoo. In einem kleinen Gebäude, das normalerweise als Umkleideraum für die Tierpfleger genutzt wurde,
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