Luegen haben huebsche Beine
uns um Haaresbreite getötet. Du warst so tapfer.«
»Ich war nicht tapfer. Ich dachte, er würde dich erschießen.« Ich war überhaupt nicht tapfer gewesen. Ich hatte gar nicht darüber nachgedacht, welche Konsequenzen mein Handeln hätte haben können, als ich mich auf Freddie warf. Ich hatte lediglich darauf reagiert, dass meine Schwester in Gefahr war.
Am Eingang zum Kirchhof blitzten plötzlich Taschenlampen auf, und Männerstimmen durchbrachen die unheimliche Stille.
»Wir sind hier drüben! Es hat einen Unfall gegeben, und wir brauchen einen Krankenwagen.« Charlie löste sich von mir und winkte die Polizeibeamten herbei, die uns über den Friedhof entgegenrannten. Als sie näher kamen, sah ich, dass Mike dabei war und ihnen den Weg wies. In seinen verwaschenen Jeans und dem weißen T-Shirt sah er auf schmerzliche Weise vertraut aus, und die kalte Luft schien ihm gar nichts auszumachen.
»Wer ist verletzt?« Er stolperte über einen Stein, den er nicht gesehen hatte, fluchte und eilte auf uns zu. Ich konnte sehen, wie er sich umsah, als er näher kam. »Wo ist Abbey?«
In meinem Inneren machte sich ein Hauch von Wärme breit. Er empfand immer noch genug für mich, um sich Sorgen zu machen. Er hatte nach mir gefragt.
»Sie ist hier. Wir sind beide in Ordnung«, rief Charlie. »Es ist Freddie, der umgefallen ist. Wir glauben, dass er tot ist.« Sie zitterte am ganzen Körper.
Mikes Schritte wurden langsamer. Er lief geradewegs auf Freddie zu, kniete sich neben ihn und kontrollierte seinen Puls. Er blickte finster drein, als er die Waffe sah, die immer noch an der Stelle lag, an der sie in das hohe Gras gefallen war.
»Was ist passiert?« Er ließ Freddies leblose Hand sinken und stand wieder auf. Seine Kollegen tauchten keuchend auf der kleinen Lichtung neben dem Komposthaufen auf, um sich zu ihm zu gesellen.
Einer der Polizeibeamten nahm sofort Funkkontakt auf, als er Freddies Körper erblickte, während ein anderer den Flügel des Engels inspizierte, der von einer der Kugeln abgebrochen und zertrümmert worden war.
»Er hat uns mit der Waffe bedroht. Dann hat er versucht, uns zu erschießen, hatte aber einen Herzinfarkt.« Charlie hatte immer noch ihren Arm um meine Taille gelegt.
»Was, zum Teufel, habt ihr euch dabei gedacht, so etwas aufzuführen?«, wollte Mike wissen. »Ihr hättet zu Tode kommen können.«
»Es tut uns leid. Wir wollten versuchen, ihn zu schnappen, um dir zu beweisen, dass wir in Wahrheit gar keine schlechten Menschen sind.« Ich erstickte fast an dem dicken Kloß in meinem Hals.
Mike blickte zu mir herüber. »Wer ist das?« Er kam einen Schritt näher. »Abbey?« Fassungslosigkeit schwang in seiner Stimme.
Ich nahm meine graue Lockenperücke vom Kopf und zog mir das Gummi aus den Haaren, sodass sie mir locker auf die Schultern fielen, dann rieb ich an dem dicken Bühnen-Makeup auf meinem Gesicht.
»Was um alles in der Welt habt ihr zwei getrieben?« Mike war dermaßen außer sich, dass er nur noch den Kopf schüttelte.
»Wir hatten da so einen Plan«, versuchte ich zu erklären.
»Jede Wette, dass ihr den hattet.« Mike klang nicht gerade, als sei er beeindruckt.
»Charlie! Abbey!« Kip rannte uns in Begleitung von einem der beiden Leibwächter und Mikes Kollegin Diane entgegen. Eine wahre Menschentraube bildete sich plötzlich um uns. Funkgeräte knatterten, und irgendjemand begann, Freddies Leiche zu fotografieren. Wir liefen Kip entgegen, verzweifelt bemüht, dafür zu sorgen, dass er das alles nicht sah.
»Es ist alles in Ordnung, wir sind okay. Es ist vorbei.« Inmitten der Grabsteine lagen wir einander in den Armen.
Der Leibwächter holte sein Telefon heraus und fing an, sich mit irgendjemandem zu unterhalten.
»Es ist noch nicht vorbei. Es gibt da ein paar ernste Dinge, für die ihr uns Erklärungen schuldet«, tönte Mike.
20
W ir verbrachten geraume Zeit auf dem Polizeirevier; das Verhör dauerte die ganze Nacht. Als wir alle hinsichtlich der Vorkommnisse des Vorabends und unserer Beziehung zu Freddie befragt worden waren, war ich erschöpft. Charlie hatte den Anwalt angerufen, den Philippe einige Tage zuvor geschickt hatte, und ihn gebeten, zum Polizeirevier zu kommen, um uns zu beraten.
Ich fragte mich, wie wir es schaffen sollten, ihn für seine Dienste zu bezahlen, da er nicht aussah, als sei er billig zu haben. Kip meinte, wir könnten Rechtskostenbeihilfe bekommen, nur glaubte ich selbst nicht daran. Erst recht nicht, dass die Beihilfe
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