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Lügen & Liebhaber

Lügen & Liebhaber

Titel: Lügen & Liebhaber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fülscher
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man von dem ganzen Chichi absah.
    »Was gibt’s für uns zu tun?« fragte ich Sophie.
    »Tanzen, stell dir vor.« Ihre Augen wurden beim Lachen schmal, und kleine Fältchen gingen wie Pfauenräder an ihren Augenwinkeln auf.
    »Ach, und was?« Natürlich war ich mir der Arroganz in meiner Stimme bewußt, aber immer noch den Traum von der großen Bühnenkarriere zu träumen, fand ich einfach albern. Zumal Sophie tänzerisch schlicht und einfach unbegabt war.
    »Cancan. Pas de deux. Soweit ich weiß …«
    »Klingt spannend«, sagte ich und dachte nur, o Gott, ein Pas de deux mit einem dieser unmusikalischen Statisten. Im Zweifelsfallwürde ich mir gleich unseren Profitänzer Stanislaw schnappen. Der benutzte wenigstens Deo und konnte darüber hinaus einen Fuß vor den anderen setzen.
    Ich überließ Sophie wieder ihren Träumereien und ging mit dem Sektbecher an meinen Platz, um mich umzuziehen.
    Toni prostete mir aus der anderen Ecke des Raumes zu.
    »Auf deine wunderbare, einzigartige Karriere!« rief sie.
    Ich nickte und lachte und hoffte, daß dies ein gutes Omen war.
    *
    Eine halbe Stunde später stand ich auf der Seitenbühne und machte mich für meinen Auftritt warm. Ein paarmal hatte ich darauf verzichtet und mir prompt eine Zerrung am Rücken zugezogen.
    Auf einmal schob sich eine rauhe Hand unter meinen kurzen schwarzen Fummel. Schwungvoll drehte ich mich um und scheuerte der Person, zu der die Hand gehörte, eine.
    »Aua.« Die schwarze Gestalt, die ich wegen ihrer schnabelförmigen Maske nicht erkennen konnte, hielt sich die Wange. Ohne zu zögern, riß ich ihr die Maske vom Gesicht. Es war Konstantin. Ich starrte ihn an – völlig perplex.
    »Da staunst du, was?« Er grinste aus schwarzumränderten Augen.
    Ich staunte in der Tat. Obwohl Konstantin immer ein bißchen auf schwul gemacht und damit rumkokettiert hatte, war er jahrelang mein hartnäckigster Verehrer gewesen. Dann hatte er sang- und klanglos das Feld geräumt, um, wie man munkelte, irgendwo in Neuguinea eine dubiose Heilerausbildung zu absolvieren. Nie und nimmer hätte ich es für möglich gehalten, ihn so bald wiederzusehen.
    »Ich bin als Ersatz für Andreas eingeteilt.« Konstantins Zähne leuchteten auf schauerliche Weise im Dunkeln.
    »Aber du hast doch gar keine Ahnung!« pöbelte ich gegen den Lärm der Bläser an.
    »Ach ja?« fragte Konstantin zurück. »Da kennst du mich aber schlecht!«
    O doch – ich kannte ihn. Konstantin wieder als Galan ertragen zu müssen, und dann auch noch als miesen Tannhäuser-Partner, war wirklich das letzte, wonach mir der Sinn stand.
    Ich setzte meinen Hut auf und ließ den Schleier runter, so daß ich Konstantin nur noch wie durch Nebel wahrnahm. Dann brüllte ich ihm ins Ohr: »Zum Akt treffen wir uns auf der Höhe der zweiten Gasse, Damenseite. Klar?«
    Konstantin salutierte, indem er die Hacken ruckartig zusammenzog und die rechte Hand an seine Schläfe legte.
    »Und vergiß nicht den Schweinskopf. Bernd gibt ihn dir auf der Herrenseite. Vor der Feuertür.«
    »Bin doch nicht blöd«, maulte Konstantin, was ich allerdings nicht bestätigen mochte. Früher hatte er es fertiggebracht, mitten während einer Türandot-Vorstellung ein Butterbrot auszuwickeln, es zu verspeisen und mir maliziös grinsend das Papier in den Ausschnitt zu stecken, aber da er bei der Statistenleiterin Gundi seit jeher Lieblingskind war, hatte es nie Konsequenzen für ihn gehabt.
    Ich ging in die dritte Gasse, um dort eine Weile an meinem Unterrock herumzuzupfen. Vielleicht lächerlich, doch vor jeder Vorstellung kam er mir noch kürzer als beim letzten Mal vor. Natürlich ließ sich mein Kostüm auch heute nicht durch ein paar Handgriffe manipulieren. Inspizient Rückert stand schon mit der Partitur in der Hand da, vor mir Ambra, deren penetrantes Parfüm mir fast den Atem raubte. Dann gab Rückert uns das Zeichen für unseren Einsatz: In einer langsamen Welle bewegte sich die Truppe auf die Bühne, vor uns ein dunkles Nichts, aus dem kontinuierlich Kunstnebel aufstieg, der sich nach und nach verdichtete. Durch meinen Schleier eh schon gehandikapt, konnte ich nur noch raten, wo ich mich befand, ich trat Ambra in die Ferse, die schrie auf, fast im selben Moment rammte mir Reni ihren Pfennigabsatz in die Wade, aber da wir uns jetzt alle simultan über den Boden zu wälzen hatten, blieb mir keine Zeit zu jammern. Tangoeinlage mit Stanislaw, wieder wälzen, obszöndie Hüften kreisen lassen, rum um den Riesenphallus tänzeln, auf

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