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Lügen & Liebhaber

Lügen & Liebhaber

Titel: Lügen & Liebhaber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fülscher
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sein.«
    »Ach ja …«, seufzte ich in mein Glas, in dem nun nicht mal mehr ein Tropfen war.
    Dann brachen wir auf. Konstantin und Diego würdigten uns keines Blickes. Sie waren vollauf damit beschäftigt, kroß angebratene Fleischhäppchen auf Salatstreifen in ihre Münder zu befördern. Hoffentlich hatte Diego Konstantin wenigstens mal ein paar Takte wegen seines mißratenen Auftritts gesagt.
    »Manchmal habe ich das Gefühl, in dieser Stadt zu ersticken«, murmelte ich, als wir nach draußen traten, aber Toni hatte es nicht gehört, weil gerade ein Käfer vorbeigeknattert war, undim übrigen war der Satz auch mehr an mich selbst gerichtet gewesen.
    »Soll ich dich mitnehmen?« fragte Toni. Wir gingen Richtung Dammtor-Bahnhof.
    »Danke – nein. Ich nehme meine Füße.«
    »Sylvie! Es ist mitten in der Nacht, und du brauchst mindestens eine Stunde!«
    »Alles, was ich brauche, ist Frischluft«, lallte ich, als hätte ich mich gerade mit ein paar Gläsern Wein vollaufen lassen.
    »Triffst du dich noch mit Adriano?«
    »Und wenn. Was wäre so schlimm daran?«
    »Der Kerl ist es nicht wert.«
    »Aber Henrik – der ist es wert!« Wenn das so weiterging, würde ich Toni noch die Freundschaft kündigen.
    »Paß auf dich auf, Kleines.« Sie drückte mich flüchtig, dann rannte sie, da die Ampel gerade grün war, über den Zebrastreifen und verschwand in der Dunkelheit.
    Ich brauchte tatsächlich eine gute Stunde, und wahrscheinlich hatte mich auch der Teufel geritten, ausgerechnet um diese Uhrzeit an der Alster entlangzumarschieren. Zum Glück völlig unbehelligt.
    Behelligt wurde ich erst vor meiner Haustür. Und zwar von einem angetrunkenen Konstantin, der wohl davon abgesehen hatte, sich mit einem ebenfalls alkoholschwangeren Diego zu vergnügen.
    »Was willst du?« fragte ich barsch.
    »Das, was du auch willst.«
    »Ich weiß nicht, wovon du redest.« Einigermaßen ungehalten schloß ich die Tür auf, rechnete jedoch nicht damit, daß Konstantin so dreist sein würde, einfach hinterherzukommen.
    Wir standen im Hausflur, die Tür noch offen, ich sah ihn feindselig an.
    »Hat sich gar nichts verändert«, bemerkte er.
    »Konstantin, wenn du jetzt bitte gehen würdest … Ich möchte ins Bett.«
    »Das möchte ich auch.«
    »Ich werde nie mit dir schlafen. Schmink es dir ab.«
    Konstantin lächelte überlegen und strich sich über sein Kinn.
    »Wieso bist du dir da so sicher? Du schläfst doch sowieso mit Gott und der Welt.«
    »Interessant, was du so alles weißt.«
    »Die Gerüchteküche funktioniert auch über sämtliche Ozeane hinweg.«
    Das war zuviel. Ich packte Konstantin an seinem Hemdkragen und schob ihn mit einem kräftigen Schwung nach draußen. Konstantin taumelte, blieb dann stehen, um sich seine Haare mit einer gelassenen Bewegung nach hinten zu streichen.
    »Eines Tages hab ich dich soweit«, sagte er. »Du kannst schon mal die Bettwäsche wechseln.«
    Ich holte mit dem rechten Fuß aus und knallte die Tür zu.
    Eigentlich war es schade, sehr schade sogar. Damals, als ich an der Oper angefangen hatte, waren Konstantin und ich sehr eng befreundet gewesen. Wir konnten zusammen lachen, und er war auch immer für mich da, wenn es mir schlechtging. Leider hatte er sich nicht damit begnügen wollen, nur mein guter Freund zu sein. Er wollte mehr, mich im schlimmsten Sinne besitzen. Und dann kam dieser grauenhafte Tag, an dem Konstantin aus lauter Eifersucht meinem damaligen Liebhaber Tim den kleinen Finger gebrochen hatte. Einfach so und angeblich rein zufällig. Für mich war das das Ende einer eigentlich vielversprechenden Freundschaft.
    *
    Am nächsten Morgen sah die Welt schon wieder freundlicher aus. Als ich das Radio anstellte, liefen gerade die Brandenburgischen Konzerte, und die Milch war auch noch nicht umgekippt, so daß immerhin mein Kaffeeritual nicht ins Wasser fallen mußte. Und da ich schon so guter Dinge war, konnte ich auch gleich zur Uni fahren, um einiges mit Adriano geradezurücken. Seine Rückzugsnummer in der letzten Zeit, nur halbherzig dahingesagte Liebesworte, nie rief er zurück, wenn manihm aufs Band sprach – Grund genug, ihn endlich einmal zur Rede zu stellen.
    Voller Elan nahm ich wenig später die Treppen nach unten und holte die Post aus dem Briefkasten. Zwei Fensterumschläge, die nach Rechnungen aussahen. Ohne sie zu öffnen, stopfte ich sie zurück in den Briefkasten und behielt nur den dritten, kleinformatigen Brief. In einer winzigen Pedantenhandschrift war meine Anschrift

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