Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lügen & Liebhaber

Lügen & Liebhaber

Titel: Lügen & Liebhaber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fülscher
Vom Netzwerk:
nicht noch mal umkehren könnten, ich müsse mich umziehen, aber Karl fand, ich sei genau richtig angezogen, und in Berlin sei es sowieso egal, was man trage.
    »Darum geht es nicht«, sagte ich. »Ich schwitze! Guck mal nach oben!«
    Karl sah tatsächlich in den Himmel. Er blinzelte, weil die Sonne ihn blendete.
    »Ja und? Ich sehe nichts.«
    »Auch gut. Dann komme ich eben gar nicht mit. Ist sowieso besser.«
    »Doch! Du kommst mit! Du hast es versprochen!«
    »Aber nicht so!«
    »Okay, geh schon. Ich warte hier auf dich.«
    Sogleich schnappte ich mir den Schlüssel, den Karl mir hinhielt, und rannte zurück in die Zionskirchstraße.
    Während ich die vielen Stufen nach oben stiefelte, dachte ich, das ist er also gewesen, unser erster Streit – immerhin mit für mich positivem Ausgang. Toni hätte gesagt, ständig müssen die Männer nach deiner Pfeife tanzen, aber das war nach dem Desaster im Dozentenzimmer ja wohl das mindeste.
    Als ich zurückkam, starrte Karl mich ungehalten an und bekam dann einen Schluckauf. Wir tauchten in die Dunkelheit des U-Bahn-Schachtes ein, er hicksend und mich immer wieder von der Seite musternd.
    »Brauchst du ärztlichen Beistand?«
    Karl wiegte monoton den Kopf hin und her.
    »Vielleicht einen Therapeuten, der mir die Frauen erklärt.«
    »Muß ich das jetzt verstehen?«
    »Nein«, meinte er, »aber findest du es nicht albern, aus angeblichklimatischen Gründen eine schwarze Hose und ein schwarzes T-Shirt gegen ein schwarzes Kleid einzutauschen? Ganz abgesehen davon trägst du immer noch deine Wind- und Wetterschuhe!«
    »Das Kleid ist aber viel luftiger«, verteidigte ich mich halbherzig und schwieg mich zum Thema Schuhe aus. Karl hätte vermutlich nicht begriffen, daß Herrenschuhe zum Sommerkleid nur von gutem Geschmack zeugten.
    In der U-Bahn führten wir unseren Krach fort, indem wir uns beharrlich anschwiegen. Was hatte Karl von mir erwartet? Daß ich mich, ohne zu murren, in seinen Alltag einfügte? Gut, von mir aus war ich kapriziös, auf Dauer nicht gast-, geschweige denn beziehungstauglich, aber schließlich hatte er mich gebeten mitzukommen.
    Nachdem wir zweimal umgestiegen waren und auch noch diverse Busse benutzt hatten, trafen wir endlich im Studio ein, einem rausgeputzten Eabrikkomplex im Westteil der Stadt. Eine Frau mittleren Alters flatterte in einem Folklorekleid auf uns zu und bombardierte Karl mit aufgeregten, für mich völlig zusammenhanglosen Sätzen. Karl folgte der Frau zügigen Schrittes, ich eilte hinterher, konnte dem Gestammel der Frau nur entnehmen, man warte schon dringend auf Karl, weil ein Take danebengegangen sei. Hoffentlich war mein Kleid nicht schuld daran, wenn Karl Ärger bekam.
    »Ja, Frau Börner, ja, Frau Börner«, wiederholte Karl in einer Tour, und dann standen wir im Regieraum, wo uns ein Mann in brauner Schlagcordhose und Holzfällerhemd entgegenkam. Statt irgend etwas zu sagen, fuchtelte er nur mit den Händen, deutete dann auf den durch eine Glasscheibe getrennten Aufnahmeraum, in dem bereits eine rundliche Frau mit einem Drehbuch in der Hand wartete.
    »Geht schon los, Chef«, sagte Karl flapsig, und bevor er in dem Aufnahmeraum verschwand, rief er dem Regisseur zu, ich sei übrigens Sylvie und würde zuschauen. Dieser nickte andeutungsweise und bequemte sich dann sogleich ans Regiepult. Ein Jungspunt mit hüftlangem Zopf kam herein und setzte sichneben ihn. Karl stand bereits gestiefelt und gespornt neben der gedrungenen Frau vor einem Monitor und unterhielt sich offenbar angeregt mit ihr.
    »Startklar?« Der Chef hatte einen Knopf gedrückt, so daß er mit den Synchronsprechern in Kontakt treten konnte.
    Die beiden nickten, ich setzte mich aufrecht, um auch ja nichts zu verpassen. 3, 2, 1 flimmerte es über den Monitor, dann sah ich ein Paar, das sich vollkommen angezogen auf einem Bett gegenübersaß. Die Frau ließ sich nach hinten fallen, rekelte sich lasziv, indem sie ihren Rock hochschob und ihre halterlosen Strümpfe präsentierte, und schon sagte Karls Kollegin mit überbordendem Sex-Appeal in der Stimme:
    »Fred, wir sind ganz allein. Mein Mann kommt erst gegen acht nach Hause!«
    Fred, ein mediterraner Typ mit imposantem Schnauzer, beugte sich jetzt zu der Bestrumpften runter, und Karl hauchte: »O ja, ich glaub, ich wüßte schon, wie wir uns die Zeit vertreiben könnten!«
    Karl hatte sich während seines Einsatzes auf die Zehenspitzen gestellt und sich der Frau auf dem Monitor entgegengereckt, als wolle er mit ihr in

Weitere Kostenlose Bücher