Lügen & Liebhaber
Bewerbungsfristen, Anforderungen, Ausbildung in der Stammredaktion und Rotationsprinzip.
»Was ist denn so spannend an dem Beruf?« fragte ich und versuchte mich in einem intelligenten Blick, der vermutlich völlig mißlang.
Skip überlegte eine Weile und meinte dann, den Dingen auf den Grund zu gehen sei doch ein hehres Ziel, ganz abgesehen davon, daß er es liebe, mit seinen Fotos zu provozieren, Fragen aufzuwerfen. Leider sähe man das in den Redaktionen nicht so gern. Skip kratzte sich am Ohrläppchen. »Promis zum Beispiel … Sie müssen immer ins beste Licht gerückt werden.«
»Ist es nicht sowieso nervig, sich mit diesen durchgedrehten Leuten rumzuschlagen?«
»Das verstehst du nicht.« Skips Laune sank augenblicklich auf den Nullpunkt, dann stand er ganz unvermittelt auf.
»Was ist los?«
»Die Arbeit ruft …« Obwohl ich Skip eingeladen hatte, legte er einen Zehnmarkschein auf den Tisch. »Ciao.«
Schon war er bei der Tür, und ohne sich umzudrehen, huschte er nach draußen. Durch die Scheiben sah ich, wie er die Kette seines Mountainbikes aufschloß und sich auf den Sattel schwang.
Was sollte das bloß? Erst fotografierte er mich ungefragt, und dann suchte er so plötzlich das Weite. Hatte ich ihn irgendwieverletzt? Oder war ich ihm nicht unterhaltsam genug gewesen? Nicht schön genug? Skip konnte man auch nicht als im klassischen Sinne schön bezeichnen, aber irgendwie wirkte er smart. Ach – vermutlich war er sowieso viel zu alt für mich. Auch wenn er so auf jugendlich machte, die Vierzig hatte er bestimmt längst überschritten. Und im übrigen – bitte keine vertrackten Männergeschichten mehr. Adriano sollte mir eine Lehre sein.
Karl wartete schon seit zwei Stunden in seiner Dachgeschoßwohnung. Auf der Ablage in der Küche hatte er alle möglichen kleingeschnittenen Kräuter verteilt, Tomaten lagen neben einem wuchtigen Stück Parmesan und den Melonenvierteln vom Morgen.
Natürlich wollte er sofort wissen, wie ich meinen Tag verbracht hätte.
»Berlin ist ein einziges Museum«, sagte ich und fand, daß das ja wohl eine ausreichende Antwort war.
Aber Karl bestand auf einer genauen Berichterstattung. Wo ich überall gewesen sei, welches Café ich angesteuert und ob ich auch etwas in den Magen bekommen hätte. Während er mit fast übertriebener Sorgfalt ein Risotto kochte, berichtete ich ihm haarklein von allen Orten, an denen ich mich auch nur länger als eine Minute aufgehalten hatte, ließ allerdings die Begegnung mit dem merkwürdigen Skip Tomsen aus. Ging ihn ja auch nichts an.
Nach dem Essen setzten wir uns auf Karls Sofa, aßen Erdnußflips und sahen uns »Ossessione« an. Es war ziemlich gemütlich, so als wären wir schon seit etlichen Jahren ein Paar.
Leider durchkreuzte immer wieder Adriano diese Idylle, und wenn ich verzweifelt versuchte, nicht an ihn zu denken, kam mir ersatzweise Skip in den Sinn. Nicht daß ich mich gleich in ihn verknallt hätte, aber ein bißchen mehr Engagement hätte er schon an den Tag legen können. Außerdem war meine Hormonbatterie seit den letzten Malen mit Adriano ziemlich leergelaufen, die Aussicht auf ein bißchen Sex hätte schon drin sein müssen. Karl?
Der schaute mich beim Fernsehgucken verdächtig oft von der Seite an. Probehalber lehnte ich meinen Kopf an seine Schulter. Sofort streckte Karl seine Hand nach mir aus. Behutsam streichelte er meinen Arm.
»Was ist mit dir denn los?« Zum ersten Mal sah ich Karl so richtig anzüglich grinsen.
»Nichts«, antwortete ich peinlich berührt.
Wir saßen noch eine Weile Schulter an Schulter herum, und als der Abspann lief, schaltete Karl den Fernseher aus und trug mich rüber in sein Schlafzimmer. Wir schliefen miteinander, ich war nicht richtig bei der Sache, was zur Folge hatte, daß ich nicht so recht auf meine Kosten kam. Warum hatte ich auch abwechselnd an Adriano und Skip denken müssen? Skip sah klasse aus, aber wahrscheinlich war er der absolute Problemfalltyp. Und Adriano – ach. Wie hatte ich je annehmen können, daß er mich wirklich liebte?
Statt der Zigarette danach gab’s bei Karl Weintrauben danach. Er holte sie frisch gewaschen aus der Küche und steckte mir, ohne selbst davon zu essen, eine nach der anderen in den Mund. Dabei strahlte er mich selig an, und ich bemühte mich, ebenfalls selig zurückzulächeln, wenn auch nur, um mir zu beweisen, daß es noch andere Männer als Adriano gab.
»Komm doch morgen mit«, bat Karl. »Es wird sicher interessant.«
»Ich
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