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Lügen & Liebhaber

Lügen & Liebhaber

Titel: Lügen & Liebhaber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fülscher
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letztendlich nur ein paar Äußerlichkeiten, die mich dazu brachten, diesem Mann überhaupt zuzuhören. Skip sah auf den ersten Blick gut aus, richtig gut, aufden zweiten Blick hatte er Tränensäcke und sonnengegerbte Haut.
    Sei’s drum … Ich blieb wie angewurzelt sitzen, angelte den Film aus meinem Kaffee und hörte mir an, warum Herr Tomsen nicht mehr im Politikressort tätig war.
    »Zu spät angefangen, weißt du …«
    Natürlich wußte ich nicht, also fragte ich nach und erfuhr, daß er lange Zeit Sachbearbeiter bei der Telekom gewesen war, bevor er sich erst vor ein paar Jahren entschlossen hatte, sich endlich seinen Jugendtraum vom Journalisten zu erfüllen.
    »Man muß flexibel sein, und wenn der Boß sagt, hey, Skip, du bist jetzt unsere Klatschtante, dann bist du eben die Klatschtante. Verstehst du?«
    Ich nickte. Auch wenn es mich nicht besonders interessierte, daß er seit einem Monat auf allen lokalen und internationalen Hochzeiten tanzte, daß er Stars und Sternchen im »Adlon« interviewte, auf Bälle, Kinopremieren und Adelsfeste ging. Als er mit seinem Bericht fertig war, schaute er mich erwartungsvoll und mit gekräuselter Nase an. Ich erklärte ihm, er sei ja doch ziemlich zu bemitleiden, woraufhin er bloß mit den Armen wedelte, um die Kellnerin auf sich aufmerksam zu machen.
    »Okay«, sagte ich und kramte demonstrativ mein Portemonnaie aus der Tasche.
    »Du gehst schon?«
    »Ja, ich muß noch …«, begann ich, aber dann fiel mir in der Tat kein triftiger Grund ein, warum ich zu gehen hatte.
    »Wieso bleibst du nicht noch ein wenig?«
    Ich sah zu der Frauengruppe rüber, die jetzt beim Schnaps angelangt war.
    »Keine Lust«, murmelte ich, und dann bestaunte ich Skips unerhört erotischen Mund. Die Lippen nicht zu schmal, nicht zu voll und mit einem freundlichen Aufwärtsschwung.
    »Okay, ich möchte dich nicht nerven.« Skip stützte sich links und rechts auf den Lehnen seines Sessels ab und drückte sich kraft seiner Armmuskeln hoch.
    »Das tust du nicht und überhaupt – wolltest du nicht noch was bestellen?«
    Skip wirkte total verunsichert, wie er dastand und seine Hände an den Oberschenkeln rieb.
    »Bleib doch noch ein wenig«, wiederholte ich seine eigenen Worte. Es gibt solche Männer. Sie sollen dich um Himmels willen nicht anquatschen, aber sowie sie einen Rückzieher machen, willst du sie für dich erobern, zumindest wenn du gerade die größte Liebespleite überhaupt erlebt hast. »Also – was ist? Ich gebe eine Runde aus.« Schon rief ich die Kellnerin herbei, bestellte zweimal Kaffee, und Skip setzte sich wieder.
    »Jetzt mußt du mich eigentlich nach meiner Telefonnummer fragen«, sagte ich provozierend.
    »Warum sollte ich das tun?«
    »Weil es sich so gehört.«
    »Also gut.« Skip schlug lässig die Beine übereinander und prokelte an einem kleinen Loch in seinen Jeans herum. »Gibst du mir deine Telefonnummer?«
    Natürlich war es nur ein Spiel, und in diesem Fall hätte es auch eine falsche Telefonnummer getan, aber irgendwie kritzelte mein Schreiber ganz automatisch die richtigen Zahlen auf die Serviette, die zuvor als Croissant-Unterlage gedient hatte.
    »Ach, du lebst gar nicht in Berlin?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Bin nur zu Besuch hier. Bei einem Freund.«
    »Bei deinem Freund?«
    »Geht dich das was an, daß er nicht mein Freund ist?«
    Skip kicherte. Gleichzeitig brach die Frauengruppe auf, genauso plappernd, wie sie hereingekommen war.
    »Und weiter?« fragte Skip.
    »Was weiter?«
    »Ein paar Eckdaten könntest du mir schon verraten.«
    »Ich bin achtundzwanzig, eins neunundsechzig groß und wiege neunundfünzig Kilo. Sonst noch Fragen?«
    »Du weißt genau, was ich meine.«
    Der Kaffee wurde gebracht, und Skip löffelte gierig denSchaum ab. Bevor er weiter rumbohrte, erzählte ich ihm von meiner Prüfung, von Weickels Tod, von Tannhäuser und daß ich mich jetzt mit meiner Dissertation über die Gottfriedsche Minnegrotte herumquälte. Mir kam sie gerade so in den Sinn, die kleine Lüge.
    »Warum wirst du nicht Journalistin?« fragte Skip, ohne mir auch nur ein bißchen Bewunderung auszusprechen. »Ein spannender Beruf.«
    »Ah ja?« sagte ich nicht ohne Ironie, und dann fügte ich hinzu:
    »Als ob ich nicht schon daran gedacht hätte …«
    Damit war Skip wieder bei seinem Thema. Während ich bis zum ersten Schwindel Kaffee trank und eine von Skips Luckys rauchte, lieferte er einen detaillierten Bericht über verschiedene Journalistenschulen.

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