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Lügen & Liebhaber

Lügen & Liebhaber

Titel: Lügen & Liebhaber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fülscher
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überleg’s mir. Okay?«
    Karl vertilgte die paar übriggebliebenen Weintrauben, dann leckte er sich seine klebrigen Finger ab und gab mir einen freundschaftlichen Gutenachtkuß, bevor er mich aus dem Bett stupste. Was war bloß heute mit den Männern los? Statt mir bis zum Wahnsinn verfallen zu sein und darum zu betteln, jede Sekunde mit mir Zusammensein zu dürfen, bestimmten sie, wann der Spaß zu Ende war.
    Kaum hatte ich mich im Gästezimmer hingelegt, stand ich schon wieder auf, kehrte zu Karl zurück und fragte ihn, ob ich mal telefonieren dürfe.
    »Natürlich«, sagte er bereits schläfrig.
    Toni war sofort am Apparat. Sicherheitshalber hatte ich das Ding mit ins Gästezimmer genommen und die Tür zugemacht. »Wo bist du?« schrie sie mir ins Ohr. »Verdammt noch mal, was meinst du mit Ortswechsel? Gundi hatte deinetwegen einen Tobsuchtsanfall, weil du nicht bei der Aida-Probe aufgetaucht bist, und Konstantin beschimpft mich, weil ich dich angeblich bei mir verstecke und …«
    Toni ging die Luft aus, sie japste ins Telefon, und in der Zwischenzeit dachte ich total befriedigt, wie gut, daß ich halb Hamburg in Aufruhr versetze, wenn ich mich mal für ein paar Tage ausklinke.
    »Hörst du mir überhaupt zu?« Toni schrie jetzt immerhin nicht mehr.
    »Natürlich«, sagte ich, und dann erklärte ich ihr, das mit den Aida-Proben sei ja wohl eine Unverschämtheit, niemand habe mich benachrichtigt.
    »Jedenfalls ist die nächste Probe übermorgen um 17 Uhr auf der Probebühne eins – falls du noch Interesse hast.«
    In der Tat wußte ich nicht, ob ich noch Interesse hatte. Eigentlich wollte ich viel lieber, daß mein Leben endlich mal richtig losging, aber das tat es weder auf der Probebühne eins noch hier bei Karl, der zwar objektiv betrachtet alle Kriterien eines perfekten Partners erfüllte, jedoch subjektiv gesehen kein Herzflattern bei mir auslöste.
    »Also – wo steckst du?« Toni klang wie mein Bewährungshelfer.
    »In Berlin. Bei Karl.«
    »Der Typ, mit dem du nur einmal …?«
    »Genau.«
    »Und jetzt hat sich die Anzahl der Male vermutlich verdoppelt oder sogar verdreifacht, stimmt’s?«
    »Ja«, sagte ich genervt und dachte an Skip, der mir auch noch im nachhinein recht sexy erschien.
    »Warum so einsilbig?« nörgelte Toni, und bevor sie noch auf die Idee kam, mich nach weiteren Männern auszuquetschen, fing ich wie auf Knopfdruck an zu weinen und erzählte ihr unter heftigem Schluchzen, Adriano habe Schluß gemacht, wie ekelhaft gefühlskalt er gewesen sei und daß seine neue Flamme schon auf der Matte gestanden habe. Toni tat die Sache fürchterlich leid. Sie tröstete mich und meinte, ich könne sie jederzeit mit meinem Kummer behelligen, das sei ja wohl klar. Dabei hätte ich es ihr nicht mal übelgenommen, wenn sie voller Schadenfreude gesagt hätte, siehste, der Typ taugt eben nichts.
    »Bin übermorgen wieder da«, teilte ich Toni schließlich mit.
    »Gundi kann sich drauf verlassen, daß ich zur Probe komme.«
    Als ich kurz darauf auflegte, dachte ich nur, bist du bescheuert, jetzt hängst du wieder in der Opernklitsche fest, und die große, weite Welt gehört den anderen.
    *
    Am nächsten Morgen erlebte ich Karl zum ersten Mal als Frühstückshektiker. Der Einfachheit halber erhitzte er die Milch auf seinem modernen Superherd, doch sie kochte leider Gottes über, die Eier wurden trotz Eierkocher zu hart, und als er mir Saft einschenkte, kippte er mir einen ganzen Schwall auf den Schoß. Es war geradezu erfrischend, daß er endlich mal ein paar, wenn auch nur unbedeutende Schwächen an den Tag legte.
    Nachdem ich mein Brot und den Stein von einem Ei runtergewürgt hatte, eröffnete ich ihm, ich würde morgen wieder abfahren.
    »Schade«, meinte er und fügte hinzu: »Aber es liegt doch nicht am Frühstück?«
    »Natürlich liegt es am Frühstück! Was glaubst denn du?« Ich grinste, wobei mir ein Bröckchen aufgeweichtes Brot aus dem Mund fiel.
    Später, als wir gemeinsam den Tisch abräumten, schlüpfte ich im Vorbeigehen in meine schwarzen Budapester.
    »Wo willst du hin?« Karl klang vorsichtshalber schon mal enttäuscht.
    »Wieso? Dich begleiten. War doch abgemacht.«
    Karl umarmte mich unkoordiniert, wie es manchmal kleine Kinder tun.
    »Du wirst auf deine Kosten kommen.«
    Das wollte ich auch hoffen.
    Auf dem Weg zur Tram stellte ich fest, daß unvermittelt der Frühling ausgebrochen und ich in meinen schwarzen Wintersachen völlig falsch angezogen war. Ich fragte Karl, ob wir

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