Lügen mit Zahlen: Wie wir mit Statistiken manipuliert werden (German Edition)
Stammtischstrategen, bis der Zufall diese Serie beendet hat.
Wie in dieser Fußballgeschichte wohl auch, entstehen manche Korrelationen einfach durch Zufall . Statistiker gehen bei ihren Untersuchungen oft von der Annahme aus, dass zwei zufällig herausgegriffene Variablen in 5 Prozent aller Fälle miteinander korreliert sind (das heißt: Variable A wächst in der Regel zusammen mit Variable B, oder sie wächst, wenn Variable B schrumpft). Deshalb können Sie, wenn Sie wollen, aktiv nach Korrelationen suchen. Angenommen, Sie befragen tausend Personen per Fragebogen nach zwanzig willkürlich herausgegriffenen Eigenschaften, etwa: Geschlecht, Brustumfang, Größe der Wohnung, Entfernung des letzten Urlaubsortes, Anzahl der Tassen im Schrank, Sexualpartner, begangene Diebstähle, Vereinsmitgliedschaften, Farbe des Lieblingspullovers, Fähigkeit zum Kopfrechnen. Dann können Sie aus diesen zwanzig Variablen hundertneunzig Variablenpaare A und B bilden. Bei 5 Prozent Zufallskorrelationen sind das dann schon neun bis zehn rein zufällige, aber statistisch messbare Zusammenhänge. Suchen Sie einfach den merkwürdigsten heraus,
zu dem Ihnen eine logische Erklärung einfällt! Im Sommerloch haben Sie dann gute Chancen, mit einer solchen Korrelation in die Medien zu kommen, vor allem dann, wenn eine der beteiligten Variablen etwas mit Sex, Kriminalität, Fußball, Lotto oder Autos zu tun hat. Fachleute nennen dieses unseriöse Verfahren Fishing for correlations.
Ein schönes Beispiel dieser Art ist der sogenannte Minirock-Index , der etwa alle zehn Jahre neu aufgewärmt wird.
Man stellt dann immer wieder von Neuem fest, dass weltweit die Konjunktur anzieht, wenn in Japan die Röcke kürzer werden. 6 Die mitgelieferte Erklärung klingt zumindest logisch:
Japanische Manager fahren in Tokio viel U-Bahn. Durch den Anblick hübscher Beine (oder gar das Zurücklächeln einer attraktiven Dame) aufgemuntert, werden sie, im Büro angekommen, optimistisch und tatendurstig an den Schreibtisch gehen. Und was machen optimistische Manager? Sie planen den Ausbau der Produktpalette, die Erweiterung der Fabriken, ein Engagement in Übersee – und schon boomt die Wirtschaft! Und wenn Japan boomt, zieht das auch die Weltwirtschaft mit. Zugegeben, diese psychologische Erklärung ist gar nicht so abwegig; der Einfluss dieses Faktors wird aber maßlos überschätzt, wie weitere empirische Untersuchungen gezeigt haben.
Nach dem lustigen Ausflug ins Land der Zufallskorrelationen wird es jetzt doppelt ernst – vom Thema her und von den Anforderungen an Sie.
Kriminalität ist das Stichwort für unsere nicht ganz einfache Mitmach-Aufgabe zum Thema Ursachen und Wirkungen. Zu Beginn der 1990er-Jahre wurde in Deutschland – und so auch in Köln – heftig über die sogenannte Ausländerkriminalität diskutiert. Damals gab es in Köln-Deutz eine Initiative gegen Fremdenfeindlichkeit, und eines Tages haben wir dort einen offiziellen Vertreter der Kölner Polizei eingeladen, um über das umstrittene Thema zu referieren. Der Mann brachte die üblichen Zahlen vor (die wir hier nur in grober Schätzung wiederholen): 10 Prozent der Bevölkerung in Köln-Deutz sind ausländischer Herkunft, jedoch 15 Prozent der Tatverdächtigen, denen kriminelle Handlungen vorgeworfen werden, sind Ausländer. Damit wollte er belegen, dass Bürger ausländischer Herkunft offenbar stärker zur Kriminalität neigen als Bürger mit deutschen Vorfahren.
Ich stand auf und hatte einen meiner ersten öffentlichen
Auftritte als kritischer Statistiker, der der suggestiven Kraft solcher »eindeutigen Zahlen« mit ein paar Fragen entgegentrat. Um welche könnte es sich gehandelt haben? Dazu der folgende Hinweis: Am häufigsten kommt es vor, dass ein »dritter Mann«, also eine übersehene Hintergrundvariable, den scheinbaren kausalen Zusammenhang hat entstehen lassen. So ist es auch in diesem Fall. Hier gibt es sogar mindestens vier solcher Hintergrundvariablen. Versuchen Sie doch mal, sie zu finden!
Nicht gleich weiterlesen; das gilt nicht! Um Ihnen mehr Gelegenheit zum Nachdenken zu geben, schalten wir an dieser Stelle noch ein zweites, kleineres Rätsel dazwischen: Es gibt in den westlichen Ländern nachweisbar eine positive Korrelation zwischen dem Durchschnittseinkommen der erwerbstätigen Bürgerinnen und Bürger und ihrer Schuhgröße. Glauben Sie, dass Personalchefs sich bei der Einstufung von Angestellten in Gehaltsklassen überwiegend an deren Schuhgröße (oder
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