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Lügen mit Zahlen: Wie wir mit Statistiken manipuliert werden (German Edition)

Lügen mit Zahlen: Wie wir mit Statistiken manipuliert werden (German Edition)

Titel: Lügen mit Zahlen: Wie wir mit Statistiken manipuliert werden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Bosbach , Jens Jürgen Korff
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werden. Dennoch sollte man sich ab und zu klarmachen, wie wenig Wahlberechtigte den »großen Wahlgewinner« wirklich gewählt haben.
    Und da wir schon beim Thema Wahlen sind, wollen wir die sagenumwobenen Rechenkunststücke der Parteivorsitzenden in den Fernsehrunden nach den Wahlen nicht vergessen. Wer zum Beispiel bei der Bundestagswahl viele Stimmen verloren hat, vergleicht sein Ergebnis nicht mit der vorigen Bundestagswahl, sondern mit der vorvorigen, mit einem angeblichen Trend bei den drei letzten Landtagswahlen oder mit den noch größeren Verlusten, die Demoskopen vor der Wahl vorausgesagt hatten – und so ist sein Verlust fast schon zum Gewinn geworden.
    Prozent ist, wie Sie hier erneut sehen, stets ein Größenverhältnis, ein Bruch. Bei einer Prozentangabe steht immer eine Größe im Zähler und eine andere im Nenner. Und was im Nenner steht, bleibt oft verborgen oder unklar.
    Sind Sie fit? Sind Sie selbstbewusst? Dann können wir Ihnen kurzfristig den Posten des Bundesvorsitzenden einer Ärzteorganisation anbieten. Rein virtuell natürlich und ohne Bezahlung! Sie haben allerdings ein Problem. Zwei Termine stehen Ihnen nächste Woche bevor: am Dienstag eine Besprechung im Bundesgesundheitsministerium zum leidigen Endlosthema »Kostendämpfung im Gesundheitswesen«. Da müssen Sie unter allen Umständen verhindern, dass irgendetwas dabei herauskommt, das den Ärztehonoraren schadet. Sie müssen der Runde also klarmachen, dass die Ärzte in den letzten Jahren bereits bitter geblutet haben, um die Kosten zu dämpfen. Am Freitag danach ist die Bundesdelegiertenversammlung Ihres Verbandes, und da wollen Sie unbedingt wiedergewählt werden. Dafür wäre es sehr nützlich, wenn Sie den Delegierten darlegen könnten, was Sie in den letzten Jahren alles für die Ärzte geleistet haben. Und das wird am liebsten in Heller und Pfennig oder besser in Euro und Cent gesehen.
    Starten wir mit den Rechnungen für Dienstag im Jammertal, das Sie fürs Ministerium brauchen. Zücken Sie Ihren Taschenrechner, hier sind die Daten. Als Ausgleich für Ihre Mühen dürfen Sie virtuell in dem herrlich bequemen, dezent nach Leder duftenden Stuhl an einem großzügig geschnittenen Schreibtisch aus gediegener Kirsche sitzen.

    Einnahmen-Überschuss in Euro nach Abzug aller Praxiskosten
Jahr
nominal
real in der Kaufkraft des Jahres 2000
1989
117.558
150.901
1991
100.470
121.142
1993
92.437
103.523
1995
97.855
104.985
1997
103.564
107.681
1999
93.432
95.621
2001
107.231
105.181
2003
110.295
105.555
2005
109.855
101.531
2006
108.095
98.223
2007
114.467
101.664
    Steuerlicher Einnahmenüberschuss westdeutscher Zahnärzte 1989 bis 2007 (je Praxisinhaber nach Abzug aller Praxiskosten – verkürzte Tabelle). Werte vor 2002 sind in Euro umgerechnet. 1
    Noch eine kleine Hilfe: Nominal sind die Beträge, die Sie in den Jahren tatsächlich erhalten und so dem Finanzamt melden. Um die tatsächliche Kaufkraft zu messen, werden diese nominalen Beträge mit der Inflationsrate korrigiert. Das ergibt dann die aussagekräftigeren realen Einkommen.
    Jetzt aber genug der Vorrede. Zeigen Sie, dass Sie das Zeug zum Profi-Zahlenklauber und geprüften Prozentisten haben!
    Bevor wir Ihnen unsere Lösung für das Jammertal verraten, sollten Sie noch schnell die Jubelrechnung für die Verbandsrede machen. Nach dem ersten Kopfzerbrechen sollte es Ihnen nicht schwerfallen, die Einkommensentwicklung gut aussehen
zu lassen. Dazu nehmen Sie natürlich die gleiche Einkommenstabelle wie eben. Wir lügen ja nicht!
    Nach Ihren Rechnungen verschwindet die Tabelle allerdings in der Schublade. Schließlich wollen Sie Ihre Gesprächspartner nicht mit zu viel Information zuschütten. Und da Zahlen so nackt nicht richtig wirken, basteln Sie am besten noch ein paar klangvolle Sätze drum herum und können dann Ihrem ersten Auftritt entgegeneilen.
    Etwa so könnten Sie sich mit leicht bebender Stimme im Gesundheitsministerium vernehmen lassen: »Seit der Wiedervereinigung 1989 ist unser Einkommen real um ein Drittel gesunken. Selbst, wenn wir fälschlicherweise die Preissteigerungen von mehr als 40 Prozent seit 1989 unberücksichtigt lassen, haben wir immer noch ein Minus im Portemonnaie. Die Zahnärzte haben also ihren Beitrag zur Konsolidierung der Gesundheitsfinanzen wahrlich schon geleistet.« Und falls Ihnen der Blick über zwanzig Jahre zurück zu antiquarisch erscheint, gibt es auch eine aktuellere Variante: »Von 1997 bis 2007 ist unser Einkommen real um knapp 6

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