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Lügen mit Zahlen: Wie wir mit Statistiken manipuliert werden (German Edition)

Lügen mit Zahlen: Wie wir mit Statistiken manipuliert werden (German Edition)

Titel: Lügen mit Zahlen: Wie wir mit Statistiken manipuliert werden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Bosbach , Jens Jürgen Korff
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Sozialausgaben an der wirtschaftlichen Leistung
    Das Bild überrascht. Trotz deutlich gestiegener Arbeitslosigkeit liegt die Sozialquote fast konstant bei etwa 30 Prozent des BIP. Und das gilt sogar rückblickend für die alten Bundesländer seit Mitte der 1970er-Jahre. Wenn die sozialen Probleme größer werden, wir für ihre Bewältigung aber einen stagnierenden Anteil des BIP ausgeben, müsste man da nicht eher von einem Abbau des Sozialstaates sprechen als von »Wildwuchs«?
    Aber lassen wir die harte soziale Realität beiseite und kehren zur vergleichsweise harmlosen Betrachtung statistischer Methoden zurück! Was die Frage »Absolut oder relativ« betrifft, sind Sie jetzt vermutlich ratlos. Waren in den ersten Beispielen die absoluten Zahlen entschieden aussagekräftiger,
dienten sie in den letzten Beispielen eindeutig der Verschleierung. »Wat denn nu?« würde der kölsche Jung um Rat bitten. Es hilft nichts: Sie müssen beide Blickwinkel einnehmen, den absoluten und den relativen, und in jedem Anwendungsfall neu entscheiden, was eigentlich untersucht werden soll. Und wenn man Ihnen eine der Zahlen angeblich nicht liefern kann, sollten bei Ihnen die Alarmglocken läuten. Vielleicht hat Ihr Gegenüber unser Buch doch falsch verstanden: nämlich als Anleitung zur Lüge.
    Bevor Sie in die Praxis abtauchen, lesen Sie nach einer Erholungspause noch unser nächstes Kapitel. Sonst könnten Sie bei einer an sich vernünftigen und gebotenen Prozentbetrachtung Opfer eines noch subtileren Tricks werden, und das schneller, als Ihnen lieb ist.
    1
    Walter Krämer: So lügt man mit Statistik , a.a.O., S. 51.
    2
    Man rechnet in diesem Fall so: 5 : 20 x 100 = 25. Haben wir umgekehrt die Prozentzahl (»25 Prozent der 20 Schülerinnen und Schüler«) und wollen die absolute Zahl wissen, rechnet man so: 25 x 20 :100 = 5.
    3
    »Die kranke Macht der Statistik«, in: Spiegel Online, 22.4.2009.
    4
    Werner Bartens: »Die Fakten und die Toten«, in: Süddeutsche Zeitung, 26.9.2009. Ähnlich Kai Kupferschmidt: »Zu viel versprochen«, in: tagesspiegel.de , 12.8.2009; Steffen Schmidt: »Tückische Prozentzahlen«, in: Neues Deutschland, 25.4.2009.
    5
    Ebenda.
    6
    Fiktive Zahlen.
    7
    Aus dem Gedächtnis zitiert; siehe unseren Hinweis zu den Zitaten auf S. 309.
    8
    www.welt-in-zahlen.de , Ländervergleich; Kriteriengruppe: Wirtschaft; Kriterium: Export (in $) je Einwohner, April 2007.
    9
    Für diesen Hinweis danke ich meinem Freund, dem Rechtsextremismusforscher Prof. Dr. Christoph Butterwegge.

Kapitel 5
Die Grofse Freiheit der Prozentisten
    Fett prangt die Überschrift: »Vorstandsmitglieder der Chaos-Bank verdienten 30 Prozent mehr .« Die Unterzeile spricht vom Jahreseinkommen 2011. Und Sie glauben jetzt, Sie wissen Bescheid. Pustekuchen! Hinter den 30 Prozent kann sich nämlich vieles verstecken: 30 Prozent mehr als 2010; oder 30 Prozent mehr als die Vorstände der Konkurrenz. Selbst die Interpretation, dass der Vorstand 30 Prozent mehr als die anderen Beschäftigten der Chaos-Bank verdiente, wäre mit dem Text vereinbar. Zugegeben, inhaltlich käme darauf wohl kaum jemand, der die Einkommensunterschiede im Finanzsektor kennt. Die Frage ist:

Prozent wovon?
    Wer von Prozenten spricht, hat große Freiheiten. Er kann aus einer Menge von möglichen Bezugsgrößen auswählen. Und wenn die Bezugsgröße im Text verschwiegen wird, denken Sie sich als Leser einen Bezug hinzu, den Sie für »selbstverständlich« halten. Wenn der aber nicht stimmt, Sie also falsch interpretiert haben, wird der Prozentist seine Hände in Unschuld waschen.
    Ein weiteres Beispiel gefällig?
    Bei einer Bundestagswahl können wir das Ergebnis der Partei »Große Klappe« mit 40 Prozent, aber fast genauso richtig auch mit 28 Prozent angeben, zumindest bei einer Wahlbeteiligung von 70 Prozent. Die Erklärung am einfachsten mit Zahlen: Gäbe es 100 Millionen Wahlberechtigte, von denen 70 Millionen zur Wahl gingen und 28 Millionen die »Große Klappe« wählten, so ergäben sich, bezogen auf die Zahl der Wahlberechtigten, 28 Prozent, bezogen auf die Zahl der tatsächlichen Wähler aber 40 Prozent. Nach dem unseres Wissens in allen Ländern mit Wahlen üblichen Verfahren werden die Prozentanteile der Parteien (beziehungsweise Listen) oder Kandidaten immer auf die Zahl der tatsächlich abgegebenen gültigen Stimmen bezogen. Das ist auch sinnvoll, denn wer nicht zur Wahl geht, hat (mehr oder weniger bewusst) darauf verzichtet, beim Wahlergebnis mitgezählt zu

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