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Lügen mit Zahlen: Wie wir mit Statistiken manipuliert werden (German Edition)

Lügen mit Zahlen: Wie wir mit Statistiken manipuliert werden (German Edition)

Titel: Lügen mit Zahlen: Wie wir mit Statistiken manipuliert werden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Bosbach , Jens Jürgen Korff
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Master-Zeugnisses eure Zukunft bis zum 60. Lebensjahr vorhersage?« Ungläubiges Lachen; immerhin ist 60 für einen jungen Studierenden ein fast biblisches Alter.
    Wir empfehlen zum Vergleich jenen Blick in die 1970er-Jahre, den wir schon im oben genannten Kapitel gewagt haben. Angenommen, die Stiftung Warentest hätte ein Produkt, zum Beispiel ein Telefon oder einen Computer, oder einen Dienstleistungsbetrieb wie die Deutsche Post von 1970 bis 1975 beobachtet. Das war die Zeit, in der Bundeskanzler Willy Brandt die Ostverträge abschloss. Und hätte daraus die weitere Entwicklung bis 2010 abgeleitet … Nur ein paar Schlaglichter: 1975 füllten die wenigen Rechner, die es damals gab, ganze Räume und wurden meist mit Lochkarten gefüttert. Von Handy und Internet war keine Spur zu sehen. Was heute die Deutsche Telekom ist, hieß damals »Fernmeldewesen« und war eine Abteilung der Deutschen Bundespost. Wer eine Diplomarbeit schrieb, hatte als einzige Informationsquelle Bücher und Zeitschriften zur Verfügung, als Schreibwerkzeug eine Schreibmaschine, für Korrekturen Tipp-Ex, Schere und Uhu.
    Glauben Sie ernsthaft, dass man zu dieser Zeit über das Jahr 2010 wesentlich mehr wusste als die Jahreszahl? Ist es unfair, wenn wir ausgerechnet den Fortschritt von Telekommunikation und Informationstechnik als Vergleich für die Entwicklung des Aktienmarkts heranziehen? Nein, denn es waren gerade diese technischen Entwicklungen, die seitdem auch den Weltfinanzmarkt und die ganze Weltwirtschaft umgekrempelt haben.
    Natürlich haben Prognosen durchaus ihren Sinn, wie wir
in »Die Magie der Prognose« dargestellt haben. Völlig abstrus ist aber die auf den Euro genaue Angabe eines zukünftigen Kapitals von 271 306 Euro. Damit suggeriert die Stiftung Warentest eine Sicherheit, die im Finanzmarkt nie gegeben ist. Walter Krämer nennt diesen Trick treffend »Illusion der Präzision«. 3

2. Ein illusorischer langfristiger Zinssatz von 9 Prozent
    Auch vor der Finanzkrise wuchsen die Zinsen für langfristig angelegtes Kapital nicht in den Himmel. Für Häuslebauer vergaben die Banken Kredite schon unter 5 Prozent. Um als Anleger einen solchen Zinssatz zu erhalten, musste man schon in den Bereich der Risikopapiere gehen. Und das, nein, noch vier Prozentpunkte mehr sollen Fondssparpläne über 35 Jahre sicher erwirtschaften? Finanzberater haben an dieser Stelle vermutlich laut gelacht.
    Wären die Finanztester von einem immer noch optimistischen langfristigen Zinssatz von 4 Prozent ausgegangen – nach Abzug aller Kosten –, dann wären die imposanten gut 270 000 Euro auf gut 90 000 zusammengeschrumpft; und es wäre schon viel schwerer gewesen, damit viele Hunde hinterm Ofen hervorzulocken. Gehen wir gar auf Nummer sicher und legen nur den Garantiezinssatz der normalen Riester-Rentenversicherungen von 2,25 Prozent zugrunde, dann stehen wir nach 35 Jahren bei knapp 64 000 Euro – abzüglich aller Vertragskosten wahrscheinlich kaum mehr als die eingezahlten 42 000. 4

3. Die besten Aktien der Vergangenheit werden kaum die besten der Zukunft sein.
    Es ist keine große Kunst zu sehen, welche zehn Aktien in den letzten fünf Jahren am stärksten gestiegen sind. Dass aber genau diese zehn Aktien auch in den nächsten 35 Jahren Spitzenreiter bleiben und in gleicher Weise zulegen wie in den letzten fünf Jahren, ist so gut wie ausgeschlossen. Wenn es so etwas gäbe, könnten die Analysten der Aktienmärkte einpacken, und der Handel müsste bald eingestellt werden, da alle nur noch diese Spitzenreiter kaufen würden.
    Finanztest hat aber einen solchen Fall angenommen, der in der Realität nicht vorkommt: Sie haben die besten Fonds der letzten fünf Jahre ausgewählt und behauptet, so wie es bisher gelaufen ist, werde es noch 35 Jahre weiterlaufen. Obwohl sie selber gesehen hatten, dass andere Anbieter weniger Glück bei ihrer Aktienauswahl hatten. Die schlechten Anbieter haben weniger als 2 Prozent erwirtschaftet, und das auch nur nominal. Wenn die Aktienentwicklung überhaupt in die Zukunft fortschreibbar wäre – was sie wegen der gelegentlich auftretenden Börsenkräche nicht ist –, dürfte man nicht die Besten, sondern nur den Durchschnitt als Maßstab für zukünftige Gewinne in Betracht ziehen.

4. Die Boomjahre 2003 bis 2007
    In dem von Finanztest beobachteten Zeitraum 2002 bis 2007 lagen die Boomjahre 2003 bis 2007. Der DAX durchbrach im Jahr 2000 die 8000er Marke und stürzte dann durch das Platzen der sogenannten Dotcom-Blase

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