Lügen mit Zahlen: Wie wir mit Statistiken manipuliert werden (German Edition)
sich am besten die Gründe für die Unterschiede erklären. Schon bei dieser Frage sind viele Schummler ins Stottern geraten. Wenn Sie keine befriedigende Antwort bekommen, ist größte Skepsis angeraten.
3. Details zu den Daten anfordern
Sie glauben gar nicht, wie oft die eigentlich nur aus Neugier gestellte Frage nach Details dazu führt, den Verantwortlichen für die Zahlen ins Schwimmen zu bringen. Das können zum Beispiel Detaildaten sein, die man braucht, um die zu prüfende Zahl ermitteln zu können (siehe Regel 4). Kann der Verantwortliche keine nennen, wissen Sie gleich: Da hat mal wieder einer nur grob geschätzt (und die Ziffer hinter dem Komma frei erfunden). Werden Detaildaten nachgeliefert, sagen diese oft mehr aus als die kurze Zusammenfassung. Hat beispielsweise ein mittelständisches Unternehmen 10 Millionen Euro Gewinn gemacht, sieht das recht beachtlich aus. Sehen Sie aber an den Details, dass die Finanzabteilung der Firma 20 Millionen Euro Überschuss vorlegt, blicken Sie auf die Gesamtfirma vielleicht schon skeptischer. Und wenn Sie, nach Regel 2 vorgehend, in den Vorjahren große Verluste der Finanzabteilung entdecken, lassen Sie die Finger davon.
Im Kapitel »Wunder der Statistik« haben Sie gelesen, wie man durch Versetzen eines Mitarbeiters in eine andere Abteilung die durchschnittliche Leistung aller Abteilungen einer Organisation verbessern kann, ohne dass im Detail wirklich etwas besser geworden ist. Auch solche Effekte enttarnen Sie leicht, wenn Sie die Detaildaten prüfen.
4. Prüfen: Ist die vorgelegte Zahl überhaupt ermittelbar?
Oft wird mit vermeintlichen Fakten Sicherheit vorgegaukelt, obwohl die Zahlen bestenfalls grobe Schätzungen sind. Auf Seite 178f. haben wir das Beispiel Schwarzarbeit genannt.
Wenn Ihnen jemand weismachen will, die Verluste für Staat und Sozialversicherungen durch Schwarzarbeit würden dieses Jahr um 1,4 Prozent steigen, protestieren Sie sofort. Schwarzarbeit ist per Definition nicht messbar, sondern nur grob zu schätzen. Der Schätzfehler liegt wahrscheinlich weit über 10 Prozent.
Kann man die Zahl jetzt schon kennen? Auch diese Frage müsste Ihr »Vertrauensmann« mit Nein beantworten, denn das Jahr, von dem er spricht, ist noch gar nicht zu Ende. Ähnliche Fälle sind die Zahl der Schwarzfahrer, der unentgeltlich geleisteten Überstunden, der illegal in Deutschland lebenden Ausländer oder der prügelnden Ehemänner. Niemand kennt diese Zahlen. Wer sie dennoch »exakt« nennt, lügt.
Leider sind auch amtliche Daten oft viel ungenauer als vermutet. So ist zum Beispiel die Anzahl der Deutschen beziehungsweise der in Deutschland lebenden Menschen höchstens bei einer Volkszählung annähernd ermittelbar und wird zurzeit wahrscheinlich sogar um mehr als eine Million überschätzt. Das Bruttoinlandsprodukt für 2009 wurde bereits am 13.1.2010 bekanntgegeben, als das Statistische Bundesamt erst Werte maximal bis Oktober 2009 zur Verfügung hatte. Den Insidern war klar: Diese Zahl kann es als gesicherte Zahl noch gar nicht geben. Vor wichtigen Entscheidungen müssen Sie also selbst bei amtlichen Daten Vorsicht walten lassen.
5. Prüfen: Wie sicher kann eine Prognose sein?
Je länger der Prognosehorizont, desto unsicherer ist die Schätzung; denn Menschen können nun einmal weder fliegen noch in die Zukunft sehen. Diese Selbstverständlichkeit kann man
nicht oft genug wiederholen. Der zweite ausschlaggebende Faktor ist die Schwankungsbreite: Je stärker ein Wert in der Vergangenheit geschwankt hat, desto unsicherer ist eine Prognose dieses Wertes.
Unser Drang nach Sicherheit lässt uns oft Daten als Fakten betrachten, die maximal grob geschätzt sind. Darauf sind wir im Kapitel »Die Magie der Prognose« ausführlich eingegangen. Im Kapitel »Stiftung Warentest im Renditerausch« finden Sie unsere Beispielrechnung, wie bei einer Rentenprognose plausible Änderungen in den angenommenen Zinsraten die für das Jahr x + 35 versprochene Rendite auf ein Neuntel zusammenschnurren lassen kann.
6. Überschlagsrechnung durchführen
Oft hilft eine grobe Überschlagsrechnung, um zu ermitteln, ob eine Zahl, die man Ihnen angegeben hat, plausibel ist. Im Beispiel »Eisengehalt des Spinats« (siehe Seite 241) hätte ein Vergleich mit dem Eisengehalt anderer Gemüsesorten die Plausibilität der falschen Zahl wahrscheinlich früh infrage gestellt.
Mit unserem zweiten Beispiel müssen wir jetzt leider einigen Kölner Lokalpatrioten und sogar dem von mir heiß
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