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Luegenherz

Luegenherz

Titel: Luegenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrix Gurian
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weggejagt hat – wie sie an ihm gezerrt und ihn geschubst hat und er hat sich nicht mal gewehrt. Woran ich mich auch gut erinnern kann, ist, wie er dann noch mal stehen geblieben ist und mich angeschaut hat.
    Ich muss unbedingt mit ihm reden und danach erst werde ich entscheiden, ob ich ihn anzeige. Aber wie erkläre ich das den Polizisten? Ob die ihn eingesperrt haben? Jury wüsste so etwas bestimmt. Vielleicht sollte ich ihn anrufen, ihm die ganze Geschichte erzählen und hören, was er über den Typen denkt – und über Mila.
    Mila.
    Die ganze Nacht lang habe ich gegrübelt. Weshalb ist sie bei der richtigen Höhle gewesen? Warum will mich ein Wildfremder vor ihr warnen? Je länger ich über sie nachgedacht habe, umso klarer wurde mir, dass ich sie nicht wirklich gut kenne. Ich bin bisher kein einziges Mal bei ihr zu Hause gewesen. Was weiß ich denn schon über sie?
    Als die ersten Vögel begonnen haben zu zwitschern, war ich dann so weit, mich zu fragen, ob sie vielleicht gar nicht in Augsburg wohnt. Sie wollte nicht, dass ich sie dort besuche, angeblich, weil es bei mir ohne Eltern viel cooler ist. Natürlich habe ich das geglaubt.
    Jetzt sitze ich da und starre auf mein Handy, das ich schon seit einer ganzen Weile in der Hand halte. Ich habe auch keine Festnetznummer von ihr – und wenn man jemanden auf dem Handy anruft, weiß man nie, wo derjenige gerade wirklich ist …
    Aber ich will so nicht von Mila denken, denn ich bin verdammt sicher, dass sie wirklich Schreckliches durchgemacht hat. Ich darf ihr solche Gedanken nicht antun, ich muss mit ihr reden.
    Zum hundertsten Mal tippe ich ihre Nummer und zum hundertsten Mal geht der Anruf ins Leere. Oder ich rede doch mal mit Jury über Mila. Aber würde sie das gut finden? Ich glaube nicht, sie fand ihn ja total blöd.
    Es klingelt!
    Mila ruft zurück, endlich!
    Aber es ist bloß Jury, der mich jetzt gleich zum Mittagessen in ein angesagtes Sushilokal einladen will. Wie ungewöhnlich, Jury überfällt mich sonst immer einfach in meiner Wohnung. Seit wann ruft er vorher an? Und seit wann lässt er sich von mir zu Currywurst mit Pommes überreden, und zwar vorne an der Isar am Kiosk?
    Total merkwürdig! Offensichtlich hat er ein schlechtes Gewissen oder einen Anschlag auf mich vor, sonst hätte er sich nie auf diese Art von Junkfood eingelassen.
    Gut, dann werde ich mit ihm reden. Er ist zwar eine Nervensäge, aber immerhin Jurist und er weiß bestimmt, was ich im Hinblick auf den Spanner unternehmen kann. Und vielleicht hat er ja auch eine Idee, wie wir den Landgraf drankriegen könnten, ohne diese Fotos zu verwenden. Allerdings müsste ich dann zugeben, dass ich gegen seinen ausdrücklichen Rat mit Landgraf in der Höhle war. Aber das würde ich Mila zuliebe riskieren.
    Es ist sogar direkt an der Isar so heiß, dass mein Spitzen-T-Shirt an mir klebt wie eine angeschweißte Folie. Ich schwitze derart, dass sogar mir die fette Wurst too much ist, aber das würde ich Jury gegenüber nur über meine Leiche zugeben. Ich stopfe mir also begeistert Currywurst mit Pommes rot-weiß in den Mund und überlege schon eine ganze Weile, wie ich anfangen könnte.
    Auch Jury läuft der Schweiß in Strömen über das Gesicht, trotzdem isst er tapfer seine Currywurst, ohne ein Wort zu sagen. Ab und zu schaut er auf seine Uhr und dreht sich dann in alle Richtungen, als würde er noch auf jemanden warten.
    »Was ist denn los?«, frage ich ihn schließlich, denn normalerweise textet er mich jede Sekunde, die wir uns sehen, voll.
    »Ich bin sehr froh, dass du Mila zur Freundin hast«, murmelt er mit vollem Mund.
    Beinahe hätte ich mich am letzten Stück Currywurst verschluckt. Das ist unheimlich, fast so, als könnte er Gedanken lesen.
    »Mila?! Ich dachte, du findest sie merkwürdig. Und hast du nicht gesagt, mit der würde was nicht stimmen?«
    »Ich hab meine Meinung geändert, da war ich ein bisschen voreilig.«
    »Und darf man fragen, warum der heilige Jury plötzlich an seinem unfehlbaren Urteil zweifelt?«
    Er wischt sich mit der Serviette über das Gesicht und wirft mit einem Ächzen die kleine Piksgabel auf die leere Schale. Dann schaut er sich wieder suchend um.
    »Hab sie zufällig im Englischen Garten getroffen, als ich joggen war, und da kamen wir dann ins Quatschen.«
    »Zufällig. Aha …« Das glaube ich nie im Leben!
    Er weicht meinem Blick aus. Alles klar, er lügt, aber warum?
    »Wieso wolltest du mich eigentlich so unbedingt sehen?«
    »Schwesterchen, ich hatte

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