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Luegenherz

Luegenherz

Titel: Luegenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrix Gurian
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Mein Bruder, der nur wegen mir in diese elende Sache verwickelt wurde. »Bitte!«
    Statt einer Antwort nimmt mich Landgraf stöhnend auf seine Schulter wie eine Teppichrolle und geht hinter Mila her durch einen verwinkelten Gang, der sich unverhofft zu einer riesigen Höhle verbreitert, in deren Mitte ein türkisblauer See schimmert.
    »Hab ich Halluzinationen oder ist das echt?«, presse ich hervor. Das Sprechen strengt mich an und die Schmerzen in meinem Bein sind kaum noch zu ertragen.
    »Ist echt«, erklärt Landgraf schwer atmend.
    »Schön«, flüstere ich.
    »Ja«, sagt Mila, klingt jedoch nicht sehr begeistert, »aber der See hat sich durch den Regen vergrößert, das heißt wir können nicht ganz durchschwimmen, um zum Ausgang zu kommen, sondern wir müssen ein Stück tauchen.«
    »Mit Jury unmöglich.« Landgraf setzt mich vorsichtig in den feinen Sand, der sich anfühlt wie trockene Schneeflocken.
    Jetzt sehe ich, dass Jury neben mir liegt. Er ist nicht bei Bewusstsein, sein Gesicht ist voller Schrammen und sein Schlaz lädiert. »Was ist passiert?«, frage ich Landgraf voller Angst.
    »Als die Batterien unserer Lampen ausgingen und die Ersatzbatterien auch leer waren und wir gemerkt haben, dass es regnet, wollte ich unbedingt so schnell wie möglich aus der Höhle raus. Ich war sicher, ich würde den Weg auch blind finden. Jury war auch dafür, es zu versuchen. Doch wir haben uns geirrt, wir sind in die völlig falsche Richtung gegangen und dann ist es passiert.«
    »Was soll das denn heißen?« Wenn ich nicht verletzt wäre, würde ich ihm eine runterhauen. Jury so hilflos und verletzt vor mir zu sehen, verleiht mir neue Energie. Ich muss ihm helfen.
    »Ally, es tut mir leid, ich wünschte, ich wäre gestürzt. Aber ich kann es nicht mehr ändern, und wenn ich das richtig deute, dann hat er sich dabei die Hüfte gebrochen.« Landgraf wendet sich Mila zu. »Und das alles ist deine Schuld! Ich verstehe nicht, warum du uns das angetan hast!« Während Landgraf Mila anschreit, legt er mir einen neuen Verband an, der viel fester sitzt als der vorige.
    Mila steht neben uns, beißt sich auf die Lippen und schweigt. Jetzt erst fällt mir wieder ein, dass Tom behauptet hat, Landgraf wäre Milas Vater.
    »Ja«, sagt Mila schließlich zu Landgraf und ihre Stimme klingt rau, »du hast recht, das alles habe ich zu verantworten. Ganz alleine ich. Und ganz egal, was du getan hast, ich hätte mich anders entscheiden müssen.«
    Landgraf schaut von meinem Verband hoch zu ihr. »Was sollen denn diese Anspielungen?«
    Mila zuckt mit den Schultern. »Du hattest auch die Möglichkeit, faire Entscheidungen zu treffen, aber du hast es nie getan.«
    Jury gibt ein lang gezogenes Stöhnen von sich.
    »Ist Jury bewusstlos?«, frage ich.
    »Nein, ich habe ihm starke Schmerztabletten gegeben und gehofft, sie würden ihn etwas betäuben. Wenn er aufwacht, wird er unerträgliche Schmerzen haben. Wir sollten uns beeilen. Vielleicht hat er auch einen Schock oder innere Blutungen.«
    Ich würde so gern den Arm um Jury legen, ihn wärmen, aber Landgraf hindert mich daran. »Spar dir deine Kräfte. Wir müssen noch durch den See.«
    Wenn ich das, was er hektisch erklärt, richtig verstehe, müssen wir zum Ende des Sees. Dort ist unter einem Gewölbebogen der Weg zum Ausgang. Durch den Regen ist das Wasser aber bis an die Gewölbedecke gestiegen und deshalb müssen wir alle auf die andere Seite tauchen.
    »Das ist nicht nötig«, melde ich mich zu Wort. »Es reicht, wenn einer von euch losgeht und Hilfe holt.« Ich erzähle den beiden, dass Tom oben wartet und die Bergrettung alarmiert hat.
    Landgraf sieht mich verzweifelt an und schüttelt den Kopf. »Versteh doch, Scarlett, wir müssen hier raus, bevor das Wasser noch weiter ansteigt. Wir wissen nicht, ob dein Bruder innere Verletzungen hat, er muss so schnell wie möglich in ein Krankenhaus. Es zählt jede Minute für ihn.«
    Meine Kehle ist wie zugeschnürt. Nein, nein, nein. Jury darf nicht sterben. Ich muss ihn heil hier rausbringen.
    »Wir bräuchten eine Trage oder so was«, sagt Mila und ihre Stimme klingt zittrig.
    »Wenn du nicht auch noch die Box mit der richtigen Rettungsausrüstung ausgeleert hättest, wären wir perfekt ausgerüstet«, tobt Landgraf.
    »Man könnte eine Art Netz aus den Seilen knüpfen«, schlage ich vor, weil es zu nichts führt, sich jetzt zu zerfleischen. Erst mal muss Jury in Sicherheit gebracht werden.
    Doch Landgraf ist skeptisch. »Ein Netz ist nicht

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