Luegenprinzessin
hielt Joe ein großes Netz mit Orangen, in der anderen Hand einen Zimtstreuer. Dann holte sie ein Taschenmesser heraus und begann fachmännisch, die Orangen zu achteln.
»Zimt und Orange sind mir auch viel lieber«, jubelte Kinga, woraufhin sie einen bösen Blick von Quen erntete.
Dann meinte Joe: »Fehlt nur noch männliche Verstärkung, finde ich«, und stand auf.
»Ich komm mit!«, rief ich. Wenn, dann wollte ich David holen. Joe sollte nicht schon wieder als Einzige cool dastehen.
Geduckt rannten wir an der Hausmauer entlang auf das Jungszelt zu. Sobald unsere Schatten in den Eingang fielen, drang panisches Geflüster aus dem Zelt und hektische Bewegungen waren zu spüren.
Ich kroch hinter Joe hinein. »Buh«, machte sie und lachte ihr vollbusiges Lachen.
»Ach, du Scheiße«, hörte ich David sagen. Es klang erleichtert und amüsiert.
Im Zelt qualmte es dermaßen, dass ich krampfhaft ein Würgen zurückhalten musste.
»Was macht ihr denn überhaupt hier?«, fragte Felix und ich spürte einen unerwarteten Stich, als er währenddessen Joe ansah anstatt mich.
Umso forscher antwortete ich: »Wir haben ein bisschen was zu trinken drüben und wollten euch einladen.«
Joe besserte mich aus: »Beziehungsweise euch fragen, ob ihr etwas beisteuern könnt.«
Ich hatte Mühe, meine Aufregung auf dem Rückweg zu verbergen. Erstens einmal wegen David. Wirre Fantasien geisterten in meinem Kopf herum. Von einem betrunkenen David, der so wehrlos war, dass ich ihn ungehindert verführen konnte. Oh Gott, Mia! Manchmal hatte ich wirklich gar keinen Stolz. Als ob es mir was bringen würde, wenn ich David erst besoffen machen musste, damit er was mit mir anfing.
Außerdem war ich maßlos nervös wegen Mr Bean. Es war riskant, dass die fünf sich ins Mädchenzelt schlichen – wo Mr Bean fraglos als Erstes nachsehen würde, sollte er ihr Verschwinden entdecken. Und wie sollten wir dann auf die Schnelle verbergen, dass wir Alkohol getrunken hatten? Das Zeug stank doch zehn Meter gegen den Wind. Und warum war Joe so extrem cool? In langen, sicheren Schritten lief sie voran, während wir anderen geduckt und mit sorgenvollen Gesichtern hinterherhetzten.
Die Quak-Mädchen lächelten geziert, als wir mit den Jungs auftauchten. Vero kicherte, als wäre sie jetzt schon besoffen. Chris und Felix nahmen links und rechts von ihr Platz. David, Tobi und Ben ließen sich rund um Joes Schlafsack nieder. Ich nahm all meinen Mut zusammen und quetschte mich zwischen David und seine Kumpels. Sie waren so auf die Flaschen in der Mitte konzentriert, dass sie nicht mal protestierten. Als Erstes teilten wir die Alcopops untereinander auf. Chris winkte als Einziger ab. Die gute Nachricht: Ich bekam eine Flasche für mich allein. Die schlechte: David und Joe teilten sich eine. Shit!
Nach der halben Flasche fühlte ich mich ganz schön benebelt. Ich hatte noch nicht so oft Alkohol getrunken und geschmeckt hatte er mir überhaupt noch nie. Und jetzt saß ich plötzlich hier und schüttete dieses klebrige Zeugs in mich hinein, als ginge es ums Überleben. Als ich die Flasche leer getrunken hatte, fühlte ich mich plötzlich richtig gut. Schmeckte ja doch.
Felix beugte sich quer über die Kerzen zu mir. »Du und Alcopops?« Es klang ironisch. »Du entsetzt mich, Mia-Mieze.«
»Auch ich hab meine Geheimnisse«, erwiderte ich und hoffte, dass es auch wirklich geheimnisvoll klang.
Zu meiner Überraschung bemerkte Felix: »Davon habe ich schon munkeln hören.«
Bitte was? Ich runzelte die Stirn und sah ihn verständnislos an.
Er winkte ab, als wäre es nichts Wichtiges, rückte gleichzeitig aber trotzdem mit der Sprache raus. »Ach, nur dass du seit Neuestem auf alte Männer stehst.«
Na ganz toll, ich spürte, wie ich wieder mal knallrot anlief, und warf einen schnellen Blick auf die Quaks. Hatten die jetzt überall herumerzählt, dass ich mich an Willi ranschmiss? Ohne dass Felix diesen Namen auch nur erwähnt hatte, brummte ich: »Dieser Willi steht auf mich, nicht ich auf ihn.« Meine Augen wanderten zu David rüber – doch wieder Pleite, er war viel zu sehr mit Joe beschäftigt. Felix, der meinem Blick gefolgt war, schüttelte verächtlich den Kopf. Was war nur los mit ihm?
Amelie spottete: »Sie glaubt ernsthaft, dass Willi was von ihr will, nur weil er sich erbarmt hat, ein, zwei Sätzchen mit ihr zu wechseln. Echt armselig.« Quen prustete johlend los.
»Sagt die Frau, die ihren halben Busen vor seiner Nase ausgepackt hat, völlig
Weitere Kostenlose Bücher