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Luegenprinzessin

Luegenprinzessin

Titel: Luegenprinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Miedler
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umsonst leider, weil er sich nämlich nicht erbarmt hat, ein, zwei Blickchen darauf zu werfen«, schoss ich zurück und war diesmal heilfroh, dass David nichts mitbekommen hatte. Amelies Augen und Mund waren zu drei schmalen Strichen geworden. Die Alcopops schienen jedoch ihr Schlagfertigkeitszentrum anzugreifen, zum Glück, denn sonst hätte ich mir jetzt sicher eine verbale Ohrfeige zum Thema Busen beziehungsweise nicht vorhandener Busen eingefangen.
    Als Joe die Tequilaflasche öffnete und fragend in die Runde sah, schüttelte Vero den Kopf.
    »Mädchen«, urteilte Diana abfällig. Ich fühlte mich streitlustig.
    »Du bist selbst ein Mädchen!« Ha!
    Diana runzelte verwundert die Stirn. Ich winkte müde ab. Konnte es sein, dass ich jetzt schon betrunken war?
    »Lecken, trinken, beißen«, erklärte Joe Chris, dessen flammend rote Gesichtsfarbe selbst im Kerzenschein erkennbar war. Ich schaute mir heimlich ab, wie Joe das Orangenstück auf die Hautstelle zwischen Daumen und Zeigefinger rieb und anschließend Zimt draufstreute.
    Nachdem der erste Tequila samt Zimt und Orange unten war, zog Joe zwei Würfel, einen Bierdeckel und einen Würfelbecher aus ihrem Rucksack. »Mäxchen?«, fragte sie in die Runde und grinste.
    Das Spiel, das außer Joe keiner kannte, bestand im Wesentlichen daraus, zu würfeln und zu bluffen. Oder vielmehr zu lügen. Ich gewann Runde für Runde, was bedeutete, dass ich die Einzige war, die nichts trinken musste. Da allerdings Vero mitspielte und auch brav verlor, übernahm ich das Trinken für sie. Als David direkt nach mir aus der Flasche trinken musste, wurde mein Mund trocken vor Aufregung. Er trank, ohne die Flasche vorher abgewischt zu haben. Den nächsten Bluff vergeigte ich absichtlich. Und trank auch, ohne vorher die Flasche abzuwischen. Unser erster Kuss, sozusagen. Noch viel romantischer wäre es natürlich gewesen, wenn mir nicht so verdammt schwindlig gewesen wäre und meine Stimme nicht diesen seltsamen Klang gehabt hätte. Und mit dieser Stimme gab ich lautstark eine meiner Geschichten zum Besten:
    »Ich bin a’so runter auf die Gleise g’sprungen, hab mir den Hund geee…schnappt, hab ihn hoch… äääh hoch, ja hoch und bin dann auch wieder hoch. War nich’ viel dabei. Hab ech’ nich’ kapiert, wieso kein anderer – die Leude ham alle nur gegafft.«
    Diana stöhnte auf. »Süße, du willst uns weismachen, dass du vor ein paar Wochen einen Hund vor der heranbrausenden U-Bahn gerettet hast und uns erst jetzt davon erzählst?«
    »Jupp«, bestätigte ich und nickte dabei, bis mir wieder ganz schwindelig wurde.
    Chris und Diana warfen sich einen Blick zu. Quen fragte mit gespielter Unschuld: »Und warum gibst du dann jetzt damit an?«
    »Weil ich b’soffen bin«, erwiderte ich grantig. War doch eh alles egal. David und Joe hatten nur Augen füreinander. Sie unterhielten sich so leise und intim, dass ich kein Wort verstand – und das, obwohl ich direkt danebensaß.
    Amelie kam vom Pinkeln zurück und zischte aufgeregt: »Jungs, ihr müsst raus, Mr Bean ist am Aufbrechen. Ich hab ihn und Norbert durchs Glas an der Haustür gesehen.«
    Cool! Wieder gutes Timing von Mr Bean. Jetzt konnten sich David und Joe wenigstens nicht küssen. Ich kicherte. Die Vorstellung, dass ausgerechnet Mr Bean mein heimlicher Helfer in der Not war, fand ich echt witzig. Als die Jungs nach draußen rannten, kicherte ich immer noch. Diana hielt mir den Mund zu. »Pscht!«
    Plötzlich waren Männerstimmen zu hören. »Mr Bean und Willi«, flüsterte Vero.
    Kinga flüsterte nicht, als sie stöhnte: »Mir ist so schlecht.«
    »Pscht!«
    »Ich glaub, ich muss kotzen.«
    »Pschscht!«
    Und dann kotzte Kinga. Genau in dem Moment, in dem Mr Bean an unserem Zelt vorbeiging.
    Diana fing laut zu reden an, plapperte irgendeinen Unfug. Was zum Teufel machte sie da? Joe schien als Einzige einen Sinn darin zu erkennen und fing extrem laut zu lachen an. Diana gestikulierte wild, als wollte sie uns anderen zu verstehen geben, dass wir mitlachen sollten.
    »Jetz kapier ich«, rief ich begeistert. »Damit er nich’ Kinga hört.«
    »Pscht!«
    »Na, was jetz? Pscht oder laut sein?«
    »Schlafenszeit, aber schon längst«, rief Bieninger von draußen. Dann ging er weiter.
    Kinga wischte verschämt mit einem Taschentuch auf ihrem Schlafsack herum. »Tssss«, machte ich. »Kann ihr nich’ wer helfen?« Irgendjemand, der nicht so stockbesoffen war wie ich? Umständlich kramte ich einen Kaugummi und Taschentücher aus

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