Luegenprinzessin
übel, dass ich damit rechnete, mich jeden Moment übergeben zu müssen.
Okay, durchatmen, Mia. Du wirst eine Lösung finden.
Als Erstes musste ich mal diese Übelkeit loswerden. Ich konzentrierte mich auf meine Atmung, dachte an die grünen Wiesen da draußen, an den schattigen Wald und an den ruhigen See mit seinem frischen, kalten Wasser.
Im nächsten Moment war ich auf den Beinen und stolperte über mehrere gefüllte Schlafsäcke ins Freie.
Nach fünf Minuten ging es mir besser. Ich verharrte noch eine Minute stumm an Ort und Stelle, um sicherzugehen, dass sich in Mr Beans Zelt nichts regte, dann schlich ich zurück. Um mich herum drehte sich alles. Ich tastete mich durchs Dunkel zurück und ließ mich vorsichtig auf meinem Schlafsack nieder. Wenn nur dieses Drehen nicht gewesen wäre! Es dauerte unendlich lange, bis ich es geschafft hatte, in den Schlafsack hineinzukriechen. So lange, dass ich währenddessen genügend Zeit für die Erkenntnis hatte, dass es nur eine Möglichkeit gab, wie ich mich aus dem ganzen Schlamassel herauswinden konnte.
Auch wenn mir diese Möglichkeit ganz und gar nicht gefiel.
Als die Sonne ins Zelt schien und die ersten Stimmen zu vernehmen waren, konnte ich gar nicht sagen, ob ich wirklich noch mal eingeschlafen war. Die letzten Stunden hatte ich in einer Art Dämmerzustand verbracht. Wie gern hätte ich mich Diana oder Vero anvertraut, aber dann stand ich endgültig als Lügnerin dar. Wenn ich jetzt zugab, nur angegeben zu haben, dann würden die beiden sicher glauben, dass ich in der Vergangenheit immer nur angegeben beziehungsweise geschummelt hatte. Beziehungsweise eiskalt gelogen. Hatte ich ja auch oft. Wenn ich nur all das rückgängig machen könnte!
Ich setzte mich auf und zuckte sofort zusammen. Mein Kopf!
»Guten Morgen, Mia«, kam es von rechts. Vorsichtig wandte ich mich Vero zu.
Wer von uns beiden dümmer geschaut hat, weiß ich nicht, aber den Ausdruck auf ihrem Gesicht werde ich nie vergessen. Er spiegelte exakt das wider, was ich empfand.
Absolute Fassungslosigkeit.
3
»Was ist mit deiner Stirn?« –
»Was hast du denn da?«
»Meiner Stirn?«
»Ich?«
Quen rief: »Vero! Ist das die neueste Mode?« Amelie kicherte. Kinga, die Dritte im Quak-Bunde, hatte die Hand vor den Mund geschlagen und die Augen erschrocken aufgerissen. Ich folgte ihrem Blick, der auf der immer noch schlafenden Diana lag. »Hat irgendeine einen Spiegel mit?«, rief ich zunehmend panisch.
Plötzlich redeten alle durcheinander. Nervös fasste ich mir an die Stirn und guckte dann auf meine Finger. Die Spitzen waren total rot, aber ich bildete mir ein, dass sie das vorher schon gewesen waren.
Joe hielt mir ihren Taschenspiegel vors Gesicht. Vero drängte sich neben mich. Uns zierte dasselbe hässliche Wort wie Diana auf der Stirn, in krakeligen knallroten Großbuchstaben, bei mir zwar stark verschmiert, aber dennoch lesbar: BITCH.
»Was ist das für ein verdammter Lärm?« Diana rieb sich die Augen und sah mürrisch drein. »Schon mal was von Rücksicht gehört?«
»Schon mal was von Understatement gehört, Angeberin?«, konterte Quen boshaft. »Ich prahle ja auch nicht mit meiner Intelligenz, indem ich mir Genie auf die Stirn schreibe.«
Amelie erstickte mittlerweile fast vor Lachen. In dem Moment entdeckte Diana die Kriegsbemalung an Vero und mir. Bevor sie etwas sagen konnte, hielt ich ihr wortlos Joes Spiegel vor die Nase.
Dann ging es auch schon los.
»Habt ihr sie noch alle?«, brüllte Diana, sprang aus ihrem Schlafsack und baute sich vor Quen auf.
»Hör auf, so herumzubrüllen, blöde Kuh!«, schrie Quen zurück und sprang ebenfalls auf. »Denkst du, wir sind so dämlich und beschmieren euch? Ausgerechnet euch drei und uns selbst nicht, damit der Verdacht auch ja auf uns fällt? Du spinnst doch! Wahrscheinlich warst du es selbst, um es uns hinterher in die Schuhe schieben zu können.«
»Was hätte ich denn davon?«, keifte Diana zurück.
»So, Moment mal!« Bieningers Stimme drang in unser Zelt, augenblicklich verstummten alle. »Was ist denn bei euch los? Was soll der Krach?«
Jetzt tauchte sein grauer Haarschopf im Eingang auf und sein Blick flog verärgert von Vero zu Diana. Ich senkte rasch den Kopf. »Was ist denn das für ein Unsinn? Wascht euch das sofort runter!«
»Sie müssen herausfinden, wer uns das angetan hat, Mr B… Herr Bieninger«, verlangte Vero.
»Ich muss gar nichts. Ihr wascht euch schleunigst das Gesicht oder ich verständige eure Eltern. So
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