Luegenprinzessin
ernst zu nehmender Plan, der mich richtig in Fahrt brachte. »Einer von uns muss den Köder spielen, ich zum Beispiel. Ich schwimme weit raus, ganz alleine. Wenn es tatsächlich jemand auf uns abgesehen hat, dann –«
»Mia! Das klingt total gefährlich!« Vero klang entsetzt.
»Ach, da kann doch nichts passieren«, antwortete ich vollmundig. »Nicht, wenn ihr mich die ganze Zeit beobachtet und mir zu Hilfe kommt, sollte es ernsthaft Probleme geben.«
»Nicht sehr wahrscheinlich, dass jemand in so einer Situation angreift. Er kann dir ja nicht heimlich nachschwimmen«, gab Felix zu bedenken und fügte hinzu: »Im Übrigen würde ich ihn nach wie vor nicht als Täter bezeichnen. Für mich ist er ein Psycho, nichts weiter. Besser gesagt eine Psycho.«
»Moment«, entrüstete ich mich. »Es ist überhaupt nicht gesagt, dass der Täter weiblich ist. So bescheuert, wie der sich benimmt, muss er ja eigentlich fast männlich sein.«
»Wer benimmt sich hier bescheuert?«, konterte Felix.
»Na du!« Jetzt schrie ich fast.
»Äh, hallo«, fuhr Chris dazwischen. »Hab ich irgendwas verpasst?«
»Sicher nicht«, stießen Felix und ich exakt gleichzeitig hervor.
Chris tauschte einen recht leidenden Blick mit Diana und Vero. Ich sah Felix an und verbiss mir ein Lachen. Wir benahmen uns wirklich total bescheuert. Konnte es sein, dass sich auf seinem Gesicht auch der Schatten eines Grinsens zeigte?
»Können wir uns jetzt bitte wieder dem Psycho widmen?«, fragte Diana genervt. »Im Übrigen enthalte ich mich der Stimme, was das Geschlecht betrifft. Der oder die, was spielt das für eine Rolle? Psycho ist Psycho.« Sie seufzte. »Ich finde den Einwand von Felix nicht unberechtigt. Was bringt es, wenn du vor aller Augen herumschwimmst, Mia? Da wird bestimmt nichts passieren.«
»Na, dann muss ich eben dorthin schwimmen, wo sich der Psycho unbeobachtet fühlen kann. Abgelegene Stellen gibt es in dem See genug. Solange nur gewährleistet ist, dass ihr uns sehen und einschreiten könnt.«
Diana nickte langsam. »Der See ist verwinkelt. Es könnte klappen. Aber auch nur dann, wenn unser Psycho ein wirklicher Psycho ist. Ich meine, jemanden in der Nacht in einem See anzugreifen, dazu muss man nicht nur durchgeknallt sein, sondern auch gefährlich.« Sie musterte mich. »Und du traust dir wirklich zu, den Köder zu spielen?«
»Klar!«
»Okay, wenn du aber doch Schiss kriegst, dann übernehme ich.«
»Nicht nötig«, versicherte ich selbstbewusst, während ich mir ausmalte, dass niemand anderer als David mich aus den Fängen des Psychos befreien würde. Nach dem kleinen Geplänkel über den Bikini vorhin, standen die Chancen, dass er auch in der Nacht hin und wieder ein Auge auf mich warf, gar nicht so schlecht, fand ich.
Wir standen im Klettergarten versammelt und starrten alle nach oben. Wieder und wieder hätte ich mich für meine Angeberei ohrfeigen können. Was, wenn ich da hinunterfiel? Oder noch viel schlimmer: Was, wenn ich mich jetzt total blamierte und mich gar nicht erst hochtraute? Ich warf David einen verstohlenen Blick zu.
Jemand versetzte mir einen kräftigen Stoß in die Rippen. Mein Blick schwenkte nach links zu Diana, von wo der Stoß gekommen war. »He!«, rief ich empört.
»Mia!« Das war Bieninger. »Könnte das Fräulein sich bequemen, der Sache hier ihre geschätzte Aufmerksamkeit zu schenken?«
Verständnislos starrte ich ihn an. »Mach ich ja.«
»Der Norbert hat das Fräulein gebeten vorzuzeigen, wie man den Klettergurt anlegt.«
Mein Blick wanderte zum Seminarleiter. Der zwinkerte mir zu. »Na, na, der Herr Lehrer muss ja nicht gleich so streng werden.«
Die Klasse lachte. Ich auch. Aber innerlich rotierten die Rädchen. Wie legt man bloß so einen Klettergurt an? Wie legt man bloß so einen Scheiß…
Laut sagte ich: »Mach ich doch glatt.«
Ich nahm Norbert den Gurt ab und hielt ihn vor mich hin. Wo war oben und unten? Waren die zwei kleineren Löcher für die Arme gedacht? Ich versuchte, mich an Bilder zu erinnern, die ich von Kletterern gesehen hatte, doch alles, an das ich denken konnte, waren die dreizehn Augenpaare, die auf mich gerichtet waren. Oh, vierzehn! Weil Willi nämlich gerade dazukam. Das bedeutete, dass mir in Wahrheit eigentlich nur elf Augenpaare zusahen, denn die drei Quaks glotzten sicher Willi an. Oh Gott, denken, Mia! Und zwar daran, wie du in diesen Scheißgurt kommst…
»Ääähm«, machte ich, da trat Willi zu mir. An Norbert gerichtet, sagte er: »Ich helfe
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