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Luegnerin

Luegnerin

Titel: Luegnerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justine Larbalestier
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auf. Der Junge tut es mir gleich. Er legt seine
Hand in meine. Seine ist kleiner und nur Haut und Knochen, aber sein Händedruck ist fest.
    »Versprich mir, dass du bleibst«, sagt der Junge.
    Ich lache. »Die werden sich viel besser um dich kümmern, als ich es kann.« Ich bin versucht, ihm zu sagen, dass er als Zuchtmaterial gebraucht wird. »Vergiss nicht, dass ich dich hasse, ja?«
    »Bleib da.«
    »Okay«, sage ich und spüre, dass etwas in mir zerbricht. »Ich bleibe.« Ich kann sowieso nirgends anders hin.
    »Versprochen?«
    »Klar«, sage ich. »Warum nicht?«
    Wir gehen zum Haus zurück. Jetzt ist es wirklich dunkel. Aber wir können gut im Dunkeln sehen – schließlich sind wir Wölfe. Die meisten sind schon im Bett. Hier auf der Farm geht man früh ins Bett und steht früh auf. Gibt ja auch nicht viel anderes zu tun, sobald kein Licht mehr da ist.
    Großmutter und Großtante Dorothy sind noch wach. Dorothy führt den Jungen fort.
    Großmutter steht auf und starrt mich, wie es mir vorkommt, minutenlang an, und dann nimmt sie mich, verdreckt wie ich bin, zum ersten Mal in meinem Leben in die Arme und drückt mich fest, bevor sie mich von sich schiebt und mich auf die Wangen küsst. »Wir lieben dich, mein Kind«, sagt sie.
    Auch das hat sie noch nie gesagt. Vielleicht gehöre ich wirklich hierher.
    Mir kommt der Gedanke, dass vielleicht nicht der Junge der Welpe war, der sich im Wald verlaufen hatte, sondern ich selbst.

NACHHER
    Ich wasche den Dreck in dem metallenen Zuber in der Küche ab. Großmutter erhitzt das Wasser über dem Holz-und Kohleherd. Sie sagt nichts. Reicht mir Seife und Waschlappen. Dann ein Handtuch zum Abtrocknen und ein grobes Nachthemd, das vermutlich hundert Jahre alt ist. Sie wirft meine verdreckten Kleider in den Zuber und fängt an, sie zu waschen.
    Sie tätschelt mir mit ihrer faltigen Hand und den rissigen Fingern die Wange. »Wir sind froh, dass wir dich endlich hier bei uns haben«, sagt sie.
    »Danke.«
    Ich gehe die Treppe hinauf in das Bett, das ich mir den Sommer über mit den Cousinen teile. Ich schlüpfe unter die Decke und schiebe dabei die nächstliegende Cousine ein Stückchen weiter, damit ich Platz habe. Sie bewegt sich, wacht aber nicht auf. Ich rolle mich zusammen, umfasse meine Knie und widerstehe dem Bedürfnis, am Daumen zu lutschen. Stattdessen weine ich, so leise ich kann.
    Mit schmerzenden Gliedern und geschwollenen Augen wache ich auf. Ich habe noch nie zuvor so viel geweint. Ich gelobe, es nie wieder zu tun.
    Als ich ins Bett gekrochen bin, lagen darin noch zwei weitere Cousinen. Jetzt strömt das Licht durchs Fenster und ich bin allein. Sie sind alle schon auf und bei der Arbeit, aber dieses Stadtmädchen hat mal wieder bis weit nach Sonnenaufgang geschlafen. Wie lange sie mir das wohl durchgehen lassen werden?
    Meine Brust ist wie zusammengeschnürt und schmerzt. So als wäre mein Herz gebrochen.

    Mein Herz ist gebrochen.
    Ich steige in die Kleider, in denen ich angekommen bin, obwohl die noch immer feucht sind. Hier steht ein Koffer voll mit meinen Sachen, aber ich habe ihn noch nicht angerührt. Er ist der Beweis dafür, dass meine Eltern von Anfang an wussten, dass sie mich bei den Oldies zurücklassen würden.
    Sie haben diesen Koffer gepackt.
    Es ist der größte, den sie haben. Vermutlich haben sie alle meine Besitztümer dort hineingequetscht. Ich werde ihn nicht öffnen. Ich will gar nicht sehen, was sie dachten, was ich würde haben wollen. Ich werde nichts von diesen Kleidern tragen. Ich will einfach nicht noch mehr Beweise sehen, wie sehr sie mich weder lieben noch verstehen. Ich werde die Kleider, in denen ich hier angekommen bin, tragen, bis sie auseinanderfallen.
    Es ist mir egal, dass der Koffer meine letzte Verbindung zur Stadt ist und dass Zachs Pulli dort drinnen sein könnte, sein Sweatshirt.
    Mein Entschluss steht fest, bis mir klar wird, dass ich eine Pille nehmen muss. Ich öffne den Koffer und bin erleichtert, auf seinem Grund einen Vorrat von mehreren Monatspackungen zu finden. Ich nehme eine und stopfe mir den Rest der Pillenpackungen in die Hosentaschen. Ich traue Großmutter nicht. Sie könnte sie finden und entsorgen. Es ist direkt ein Wunder, dass sie das noch nicht getan hat. Ich habe keine Ahnung, wie ich hier an mehr kommen soll. In ein paar Monaten werde ich mich mit den anderen zusammen verwandeln.
    Dann habe ich jede Kontrolle über meinen Körper verloren.

MEINE GESCHICHTE
    Ich bin nicht sicher, wo ich anfange und wo

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