Luegst du noch oder liebst du schon Roman
die dazugehörige Mutter.
Dann muss die einfach weg! Aber was mache ich mit ihr?
Ich spiele im Geist verschiedene Varianten durch:
1. Ich bin Witwer. Meine Frau ist ganz plötzlich verstorben, und nun schlage ich mich zusammen mit meiner Tochter mehr schlecht als recht durchs Leben. Der Haken an der Geschichte: Meine Zukünftige könnte die Sorge haben, nicht an meine verblichene
Traumfrau heranzureichen und stets mit ihr verglichen zu werden. Sollte ich mich für diese Version entscheiden, muss ich zudem überlegen, wie lange der schmerzliche Verlust zurückliegt. Es darf nicht wirken, als sei ich zu schnell bereit, mir Ersatz zu suchen. Aber ich darf auch nicht den Anschein erwecken, mich dem Leben und tiefen Gefühlen schon so lange verweigert zu haben, dass es ein Ding der Unmöglichkeit ist, mich emotional aufzutauen. Auch wenn Frauen ja bekanntlich Herausforderungen dieser Art über alles lieben …
2. Ich bin geschieden. In diesem Fall gibt es zwei Möglichkeiten: Erstens - ich wurde verlassen, zweitens - ich habe mich getrennt. Beide Varianten haben gewisse Nachteile. Wenn ich der Verlassene bin, provoziere ich natürlich schnell die Frage nach dem Warum: War ich lieblos, untreu, habe ich mich der Hausarbeit verweigert, zu viel gearbeitet, zu viel Fußball geschaut? Die Liste der möglichen Verfehlungen als Geschiedener erscheint mir schier unendlich. Man weiß ja, wie viel Frauen an uns Männern stört.
Wenn ich allerdings derjenige gewesen bin, der seine Frau (und das Kind!) verlassen hat, bin ich automatisch das Arschloch.
Momentan tendiere ich entschieden zur Witwer-Version - scheint mir spontan weniger kompliziert. Ist zwar wirklich harter Tobak, aber ich sehe die Damen ja nicht wieder.
Und dann habe ich eine tolle Idee: Warum nutze ich das Speed-Dating nicht einfach dafür, empirische Studien zu betreiben? Immerhin gibt es zehn Kandidatinnen, denen ich insgesamt drei Versionen auftischen kann. Wenn das nicht repräsentativ ist! Ninas Anthropologin kann sich schon mal warm anziehen!
Wieder zu Hause inspiziere ich meinen Kleiderschrank nach einem passenden Witwer/Geschiedener-Vater-mit-Kind-Outfit. Hm, was zieht man da passenderweise an?
Ich rufe mir Dominics Kleidung in Erinnerung und entscheide mich schließlich für Jeans und ein weißes Leinenhemd, dessen obere Knöpfe ich offen lasse. Meine Füße stecken trotz hoher Außentemperaturen in festen, dunkelbraunen Schnürschuhen von G-Star, was Erdung und Bodenhaftung signalisieren soll.
Ich bin schon gespannt, was mich nachher erwartet. Auf welchen Typ Frau trifft man bei solch einer Veranstaltung? Sicher keine Alice-Schwarzer-Jüngerin. Nein, schon eher alleinerziehende Mütter, die sich den Errungenschaften des Internets verweigern, wenig Zeit haben und eine Begegnung von Angesicht zu Angesicht bevorzugen. Oder schwer vermittelbare Langzeit-Single-Damen, die von einer Freundin angemeldet wurden. So oder so - es kann eigentlich nur furchtbar werden!
Doch immerhin werde ich für diese Aufgabe mehr als fürstlich bezahlt. Und es gibt wahrlich anstrengendere Wege, sein Geld zu verdienen. Man denke etwa an eine aktive Tätigkeit bei der Mafia, im Untertagebau, einen Posten als Gesundheitsminister, Leichenbestatter oder als Entwicklungshelfer in Afghanistan.
Ich schaue aus dem Fenster, um mich besser auf die anstehende Aufgabe konzentrieren zu können. Während ich in die Ferne blicke, mache ich mir im Geist Notizen. Immer gut, ein paar Fragen in petto zu haben. Ich teile diese Fragen ebenfalls in drei Kategorien auf:
Der Witwer:
- Haben Sie die große Liebe Ihres Lebens schon einmal gefunden?
- Glauben Sie, dass wir im Laufe unseres Lebens mehrmals der Liebe begegnen?
- Wie denken Sie über die Ehe? Glauben Sie daran, dass diese Beziehungsform eine Zukunft hat?
Das Scheidungsopfer, Variante 1, Wenn der Mann seine Frau verlässt:
- Wie lange sollte man Ihrer Meinung nach einer schwierigen Beziehung eine Chance geben?
- Wie stehen Sie grundsätzlich zu Begriffen wie Loslassen, Freiheit, Unabhängigkeit, Toleranz?
- Würden Sie sich als abenteuerlustig bezeichnen?
Das Scheidungsopfer, Variante 2, Wenn der Mann von seiner Frau verlassen wird:
- Glauben Sie an ewige Liebe, Treue und Beständigkeit?
An dieser Stelle gerate ich etwas ins Stocken. Zum einen gibt es eine gewisse Deckungsgleichheit zwischen dem Modell Witwer und dem, der seine Frau verlässt, zum
anderen neige ich gerade dazu, Fragen zu notieren, die man problemlos mit
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