Luegst du noch oder liebst du schon Roman
Ja/Nein/Vielleicht beantworten kann. Dabei lautet doch eine der Grundregeln der Marktforschung: »Stelle nur offene Fragen, sonst endet die Kommunikation schneller als gewünscht.« Eine andere besagt: »Traue niemals einer Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast.« Aber das wird erst aktuell, wenn ich den Nachmittag hinter mich gebracht habe.
Plötzlich werde ich schrecklich müde. Nach dem Flohmarkt waren Dominic und ich noch in unserer Lieblingskneipe und haben Fußball geschaut. Carla war ausnahmsweise nicht sauer und hat uns geradezu ermuntert, noch auszugehen. Was so ein gemeinsamer Flohmarktbesuch nicht alles in Bewegung setzt …
Nur ein kurzes Nickerchen, denke ich und lege mich in möglichst unbequemer Haltung auf die Couch. Während ich die Augen schließe, huscht kurz das Bild einer Dunkelhaarigen durch meinen Kopf, die ich an einem der Flohmarktstände gesehen habe. Sie kam mir vage bekannt vor - was aber daran liegen mag, dass ich im Laufe meines Lebens wirklich viele Frauen getroffen habe.
Um zehn vor fünf werde ich wach. Mist, warum habe ich mir nicht den Wecker gestellt? In letzter Zeit habe ich die schlechte Angewohnheit, dauernd wegzupennen und zu spät zu kommen. Benommen klatsche ich mir kaltes Wasser ins Gesicht, fahre mir kurz durchs Haar und haste nach unten. Hoffentlich finde ich einen Parkplatz in der Nähe des Catwalk-Cafés. Wenn mich jemand fragen
sollte, weshalb ich bei einem so wichtigen Termin zu spät komme, werde ich einfach behaupten, dass ich Probleme mit der Unterbringung meiner kleinen Tochter hatte, weil der Babysitter spontan nach Uruguay ausgewandert ist.
Das Speed-Dating ist bereits in vollem Gange, als ich eintreffe. Von daher interessiert sich auch niemand für den Grund meiner Verspätung. Ich nehme mit einem kurzen, entschuldigenden Blick in Richtung Leiterin auf dem letzten freien Stuhl in der Männerreihe Platz. Mir gegenüber sitzt ein zierliches Mägdelein mit Rehaugen, das augenscheinlich darunter leiden musste, dass ich noch nicht da war. Reflexartig feuere ich einige Fragen auf sie ab, dumm nur, dass ich meine Notizen zu Hause vergessen habe. Nachdem wir geklärt haben, dass sie sich mitnichten als abenteuerlustig bezeichnen würde, keinen Rotwein mag und Trekking für eine Science-Fiction-Serie hält, durchlaufe ich noch eine ganze Reihe denkwürdiger Begegnungen. Womit ich allerdings nicht gerechnet habe, ist die Frau-auf-den-zweiten-Blick aus dem portugiesischen Café.
Toll sieht sie aus. Irgendetwas an ihr ist anders als beim letzten Mal. Sie wirkt viel lebendiger, souveräner und entwirft ein Profil von sich, das mit dem meinen deckungsgleich ist. Eine einsame Wölfin, denke ich fasziniert - mal sehen, wie sie darauf reagiert, dass ich alleinerziehender Vater bin.
Und so kommt es, dass ich plötzlich das Blaue vom Himmel herunterlüge und mich als jemanden darstelle,
dem das Leben wahrlich nichts geschenkt hat. Denn ich erinnere mich undeutlich daran, wie der Cafébesitzer ihr vorgeschlagen hat, sich doch »einen reichen Macker zu angeln«.
Wenn aus uns beiden also etwas werden soll, dann darf sie auf keinen Fall wissen, dass ich Kohle ohne Ende habe. Und seltsamerweise will ich, dass aus uns beiden etwas wird. Keine Ahnung, woher dieses Gefühl kommt, aber es ist da und lässt sich absolut nicht verleugnen.
Genau wie die Tatsache, dass Gott nicht Pizza backen kann.
11
Der Tag danach …
FRANCA PETERS - PFINGSTMONTAG, 24. MAI
Liebe Franca Peters,
auf dem gestrigen Speed-Dating konnten Sie folgende Herren
für sich begeistern:
Frank Albertz
Patrick Brenner
Johnny R. Fredeborg
Meine Hände zittern, während ich die E-Mail nach unten scrolle. Ich fühle mich wie ein kleines Kind vor dem Adventskalender.
Stefan Hillmersen
Otto Janke
Und da ist er endlich, mein vierundzwanzigster Dezember:
Oliver Kramer
Jetzt zittere ich noch mehr. Der Alfa-Mann will mich also tatsächlich wiedersehen … Seine Handynummer blinkt
mir aus dem Wirrwarr an Namen und Daten entgegen wie ein Weihnachtsstern.
Aufgeregt rufe ich bei Mia an. Ich hatte ihr versprochen, mich sofort bei ihr zu melden, sobald ich das Ergebnis des Speed-Datings habe.
»Er will sich mit mir treffen!«, juble ich in den Hörer.
»Herzlichen Glückwunsch«, freut sich Mia mit mir. »Wann soll das große Rendezvous denn steigen?«
»Äh, keine Ahnung. Ich hab ihn noch gar nicht angerufen. Vorher wollte ich erst deine Meinung dazu hören. Natürlich wäre
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