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Luegst du noch oder liebst du schon Roman

Titel: Luegst du noch oder liebst du schon Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Fischer
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zur selben Zeit Getränke bestellen. Wenn Hamit wüsste, was ich vorhabe, denke ich grinsend und gehe weiter. Schließlich liegt er mir seit Jahren in den Ohren, dass ich mir einen Mann suchen soll.
    »Das ist gut für Sammy und gut für dich«, lautet sein Standardsatz, den er immer mit heftigem Kopfnicken unterstreicht.
    Je weiter ich mich dem Ort des Speed-Datings nähere, desto nervöser werde ich. In meinem Kopf geht es drunter und drüber, und ich denke darüber nach, dass Mia mir eingeschärft hat, erst einmal nichts von Sammys Existenz zu erzählen.
    »Das kannst du später immer noch tun. Aber vermindere nicht schon im Vorfeld deine Chancen.«
    Ich bin skeptisch. Mein Sohn gehört zu mir, wie meine Nase und meine Ohren. Wenn ein Mann mich mag, muss er damit klarkommen, dass es mich nur im Doppelpack gibt. Nun gut, nicht jedes Wochenende, aber grundsätzlich schon.
    Ich bezahle am Eingang das Eintrittsgeld und betrete einen kleinen Raum, in dem sich je zehn Stühle in zwei Reihen gegenüberstehen. Eine rothaarige Frau sitzt hinten im Raum an einem Tisch, vermutlich ist sie diejenige, die mit Argusaugen darüber wachen wird, dass bei der Veranstaltung alles mit rechten Dingen zugeht. Ehe ich es mich versehe, dirigiert sie mich auf meinen Platz, einen äußerst harten Stuhl. Damit man es sich nicht zu lange darauf gemütlich macht, denke ich und lächle einer zierlichen, schüchtern wirkenden Mitstreiterin zu,
die ebenfalls so aussieht, als sei sie nicht ganz freiwillig hier. Die Rothaarige sieht auf ihre Uhr, und erst jetzt entdecke ich auf dem Tisch vor ihr eine Klingel, wie man sie von Hotelrezeptionen kennt. Man drückt auf das Metallding, und schon ertönt ein melodisches Pling , das den Portier, die Rezeptionistin oder eben den Partner fürs Leben herbeizaubern soll.
    Bis auf einen Platz in der Männerreihe sind mittlerweile alle Stühle besetzt. Hat da jemand ein Problem mit der Pünktlichkeit?
    Der Rotschopf stellt sich als Leiterin der Veranstaltung vor und macht uns mit den wichtigsten Regeln vertraut: »Liebe Speed-Dater, herzlich willkommen im Catwalk-Café. Ich freue mich, dass Sie so zahlreich erschienen sind, um hier ihren Traummann oder Ihre Traumfrau zu finden. Jeder von Ihnen hat sieben Minuten Zeit, sich mit seinem jeweiligen Gegenüber über Hobbys, Beruf, Wünsche und Träume zu unterhalten und Fragen zu stellen. Sobald ich auf dieses Baby hier drücke …« (erstes nervöses Kichern in den Reihen) »… müssen Sie den Partner wechseln. Zuvor notieren Sie allerdings auf den Zetteln, die ich gleich austeilen werde, ob Sie den- oder diejenige wiedersehen wollen. Danach wird aufgerückt, sodass am Ende der Veranstaltung jeder männliche Single jedem weiblichen Single gegenübergesessen hat. Wenn alle durch sind, sammle ich die Zettel ein und werte sie aus. Montagnachmittag werden wir Sie darüber informieren, wer von Ihren Favoriten Sie kennenlernen möchte. Es ist mir übrigens nicht gestattet, Kontaktdaten von Personen herauszugeben, die dies nicht wünschen.
Sollten Sie also ein Auge auf jemanden geworfen haben, der dieses Interesse nicht erwidert, sind mir leider die Hände gebunden.«
    Nach diesem Vortrag ist es einen Moment still im Raum. Wie bei einer Klassenarbeit, kurz nachdem die Aufgaben verteilt wurden. Doch während sich in der Schule jeder fragt, weshalb er lieber gefaulenzt hat, statt zu lernen, fragen sich die meisten hier bestimmt, wieso sie ihre letzte Beziehung aufgegeben haben. Bis auf die natürlich, die verlassen wurden, so wie ich.
    Ein energisches Pling gibt den Startschuss, und schon bin ich mittendrin in der Fleischbeschau. Natürlich läuft es genau so, wie ich es im Netz recherchiert habe: Sämtliche inneren Werte treten in den Hintergrund, es regiert das Gesetz der Attraktivität.
    Ich versuche, mich damit zu beruhigen, dass laut Studien Speed-Dating-Männer so gut wie jede Frau auf ihrem Zettel ankreuzen, die ein gewisses Maß an »Grundattraktivität« hat. Und wenn ich mich hier so umschaue, muss ich sagen, dass wir zehn Damen dieser Voraussetzung allesamt entsprechen müssten.
    Frauen - zumal wenn sie selbst attraktiv sind - scheinen hingegen wählerischer zu sein. Auch ich ertappe mich dabei, die ersten Kandidaten auszusortieren, trotz Mias Ansicht, dass weniger attraktive Herren sich im Bett mehr Mühe geben.
    Nummer eins ist Banker, momentan wirklich kein Beruf, mit dem ich etwas näher zu tun haben möchte, auch wenn Frank objektiv betrachtet gut aussieht.

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