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Luftkurmord

Luftkurmord

Titel: Luftkurmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Pistor
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ich wusste, dass es Birgit war, war ich mir nicht sicher, was
mir lieber gewesen wäre. Eine lebende Freundin, die eine Mörderin war? Oder
eine tote, unschuldige Freundin? Was für eine Frage!
    »Wo ist Henrike?«
    »Im Wagen. Sie lässt
keinen an sich ran. Wir haben einen Arzt gerufen. Für sie. Und für dich.« Er
zeigte auf mein Bein. »Das muss gemacht werden.«
    »Ja.« Ich nickte.
»Hilf mir auf und bring mich zu ihr.«
    »Meinst du wirklich,
du kannst aufstehen?«
    Statt einer Antwort
versuchte ich, selbst aufzustehen. Die Wunde am Bein brannte und blutete, aber
ich spürte, dass sie nicht so schlimm war, wie es aussah. Schwein gehabt.
    Hansen legte meinen
Arm um seine Schulter und stützte mich, bis ich um das Auto herumgehumpelt war
und mich auf dem Fahrersitz niedergelassen hatte. Ich streckte meine Hand nach
Henrike aus und strich ihr langsam über den Arm. Suchte nach Worten und fand
keine, weil es keine gab für das Leid, dass sie wie ein Kokon umgab. Keinen
Trost. Keine Hoffnung in diesem Moment. Sie rührte sich nicht, starrte weiter
geradeaus. Ich streichelte weiter ihren Arm, fühlte ihr Zittern, ihr Beben bei
jedem Atemzug. Da sein. Einfach nur da sein. Das war alles, was ich tun konnte.
    ***
    »Sie schläft
jetzt.« Ich setzte mich vorsichtig auf das Sofa in Hermanns halb ausgeräumten
Wohnzimmer, drückte den Hörer ans Ohr und lauschte Hansens Ausführungen. Mein
Bein schmerzte noch, aber die Tabletten, die der freundliche Mediziner im
Schleidener Krankenhaus mir gegeben hatte, entfalteten langsam ihre Wirkung.
Aus dem Ziehen und Brennen war ein leises Pochen geworden. Die Wunde war nur
oberflächlich gewesen. Viel Blut, aber keine großen Folgen. Das Fleisch würde
heilen.
    Steffen saß mir im
Sessel gegenüber, vorgebeugt, die Arme auf den Beinen abgestützt. Er
beobachtete geduldig mein Nicken, meine Fragen und mein Schweigen im Gespräch
mit Hansen, bis ich aufgelegt hatte.
    »Die Ergebnisse der
Obduktion müssen noch abgewartet werden«, erklärte ich leise, ohne ihn
anzusehen. Stattdessen hob ich behutsam den Kater aus seiner Kiste. Steffen
hatte ihn bei Hermann abgeholt, nachdem ich ihn angerufen und ihm erzählt
hatte, was passiert war. Ich hatte ihn gebeten, Hermann zu informieren und ihm
zu sagen, dass ich mich später bei ihm melden würde. Ich legte den Kater wie
ein Baby in meinen Arm und kraulte ihn. Er schnurrte leise und schloss die
Augen. »Sie hat Regina das Beruhigungsmittel eingeflößt und sie ans Wasser
geschleppt und ins Wehr gestoßen. Regina hat sich nicht gewehrt. Sie konnte es
nicht. Selbst wenn sie es gewollt hätte. Laut Labor hatte sie eine hohe
Konzentration eines Benzodiazepins im Blut. Das hat ihr die Angst genommen und
sie gelähmt. Zusammen mit dem Alkohol eine sehr wirksame Kombination für das,
was Birgit mit ihr vorhatte. Sie brauchte sie nur zum Wasser zu bringen und
hineinzustoßen. Birgit hat gesagt, sie sei einfach weggegangen, als Regina im
Wasser lag. Ich weiß nicht, ob ich das glauben soll. An Reginas Köper fanden
sich Blutergüsse, die darauf hinweisen, dass sie möglicherweise unter Wasser
gedrückt wurde.«
    »Macht das einen
Unterschied?«
    »Ich weiß es nicht.
Vielleicht vor Gericht. Aber Birgits Absicht war ja klar. Sie wollte sie
umbringen. Wenn sie sagt, sie sei weggegangen, heißt das doch nur, dass sie auf
die Wirkung der Medikamente vertraute.«
    »Aber warum?« Steffen
lehnte sich zurück. »Und warum Andrea?«
    »Hansen sagt, sie
sind gerade erst dabei, alles zu entwirren. Birgit hat gestanden, dass sie die
Unterlagen des Nationalparks gefälscht und, nachdem sie Regina umgebracht
hatte, das Geld in deren Wohnung deponiert hat, um es nach Bestechung aussehen
zu lassen. Sie wollte, dass es einen Grund gab, weswegen Regina sich hätte
umbringen wollen. Und Andrea? Die ist ihr wohl einfach in die Quere gekommen.«
    »So schrecklich wie
das alles ist – über eines bin ich doch erleichtert.« Steffen sah für einen
Moment aus dem Fenster, bevor er sich wieder mir zuwandte. »Es sind keine
krummen Dinger bei der Nationalparkverwaltung gelaufen.«
    »Nein. Nicht bei der
Nationalparkverwaltung und nicht bei der Stadt.« Ich betrachtete meine Finger,
die durch das Fell des Katers wanderten, als ob sie den Weg zu den Antworten
auf die offenen Fragen finden würden. Ich hatte Hansens Worte zwar gehört, aber
ich wusste, dass ich noch lange Zeit brauchen würde, um sie zu verstehen. Um zu
begreifen, was da geschehen war. »Andrea ist ihr auf die

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