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Luftkurmord

Luftkurmord

Titel: Luftkurmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Pistor
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sich an Olaf.
»Bleibt ihr noch?«
    »Sie waren doch der Anführer dieses Studentenrudels, Ettelscheid.
Sie haben mich gehasst, Ettelscheid, mich gehasst!« Prutschiks Stimme
überschlug sich. Er stellte sich Steffen in den Weg. Steffen blieb dicht vor
dem Tobenden stehen, der neben ihm wie ein Erstklässler aussah.
    »Herr Prutschik, bitte gehen Sie mir aus dem Weg. Und vielleicht
erinnern Sie sich. Sie haben mich schon damals beschuldigt. Die Polizei hat
mich überprüft. Ich war zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal in der Stadt. Was
sollte ich auch da? Sie hatten mich ja durch die Prüfung fallen lassen. Ich
hatte mit Sicherheit keinen Grund zu feiern und danach einen Dozenten …«
    »Professor, für Sie immer noch Professor Prutschik, Ettelscheid.«
Prutschik rührte sich keinen Millimeter.
    »Ich denke, Herr Ettelscheid hat sich klar ausgedrückt.« Ich packte
meine Kommissarinnenstimme aus und strich mir die Haare hinter die Ohren, um
einen strengeren Eindruck zu machen. »Seine Unschuld wurde bewiesen. Was Sie
machen, ist Verleumdung.« Prutschik reagierte nicht. Olaf berührte den Professor
am Ärmel. Der zuckte zusammen und schüttelte die Hand ab, als wäre sie ein
Insekt. Dabei schlugen seine grauen Haarsträhnen wie Schlangen um seinen Kopf,
aber er hielt den Blick auf Steffen gerichtet.
    »Man sieht sich immer zwei Mal, Ettelscheid. Zwei Mal.« Sein Finger
schoss vor und bohrte sich vor Steffen in die Luft. »Sie werden nicht
Forstamtmann werden, Ettelscheid. Sie nicht. Solange ich etwas zu sagen habe,
Sie nicht.« Prutschik zischte. »Ich lasse mich nicht folgenlos von einem
dahergelaufenen Studenten zusammenschlagen.«
    Steffen ballte die Fäuste.
    »Und jetzt haben Sie noch die Dreistigkeit, hier so zu tun, als ob
Sie unschuldig wären«, keifte Prutschik, die Stimme unnatürlich hoch.
    »Ich habe nichts mit dem Vorfall zu tun, aber das scheint nicht zu
Ihnen durchzudringen.« Steffen hob die Hand und schob den Kleineren ohne
Schwierigkeiten zur Seite. »Ich denke, wir werden sehen, was aus meiner
Beförderung wird. Zum Glück sind Sie ja nicht der Einzige, der in der
Kommission sitzt.«
    Prutschik fasste mit seiner Rechten nach der Hand des Försters, und
mit der Linken umklammerte er dessen Jackett.
    »Sie packen mich nicht noch mal an, Sie nicht!«, kreischte er laut.
Köpfe wandten sich in unsere Richtung und wurden zusammengesteckt. Die
Umstehenden beäugten den Streit. Auf ihren Gesichtern spiegelte sich
Bestürzung, gepaart mit Neugier und Sensationslust. Die Kapelle spielte einen
Tusch. Am Kopfende der Halle kam Bewegung in den Königstisch. Der König und
sein Gefolge betraten mit ihren Damen die Tanzfläche. Walzer. Eins, zwei, drei.
Eins, zwei, drei. Die Musik schwallte durch den Saal.
    Prutschik ließ sich nach hinten fallen. Für einen Moment zog er mit
seinem gesamten Gewicht an Steffens Jackett, dann riss der Stoff, und der
Professor fiel zu Boden. Sofort rappelte er sich auf und tobte: »Sie haben mich
niedergeschlagen, ich werde Sie verklagen. Verklagen werde ich Sie. Sie werden
schon sehen, dass ich am längeren Hebel sitze!«
    Steffen hob die Arme. »Ich habe Sie nicht …«
    »Hah!« Prutschik gackerte wie ein Huhn. »Hah! Ich wusste, dass ich
Sie bekomme, Ettelscheid. Sie werden niemals …«
    Der Faustschlag schien Prutschik zu überraschen. Er taumelte und
riss die Augen auf.
    Ich stand wie versteinert.
    Wieder lag Prutschik auf dem Boden. Die Musik war zu einem Foxtrott
übergegangen. Die Leute klatschten. Eins und zwei und drei und vier und eins …
    Steffen rieb sich die Hand.
    Mit Triumphgeheul sprang Prutschik auf die Füße.
    »Das war’s für Sie, Ettelscheid. Das war’s. Kein Forstamtmann
Ettelscheid!« Er griff nach seiner Aktentasche, quetschte sich durch die
Bankreihen und rief: »Alle haben es gesehen, Ettelscheid. Alle!«, bis er
schließlich ins Freie verschwand.
    Steffen schloss die Augen und legte den Kopf in den Nacken.
    »Ein widerlicher Kerl.« Olaf schüttelte seine Hände, als ob er in
etwas Unangenehmes gefasst hätte.
    »Er hat recht, Olaf. Das war’s«, sagte Steffen, setzte sich auf die
Bank und vergrub seinen Kopf in den Armen.
    Olaf nickte stumm.
    »Steffen, wir können bezeugen, dass er dich provoziert hat.« Ich
setzte mich neben ihn.
    Steffen wandte mir sein Gesicht zu. In seinen braunen Augen sah ich
mein Spiegelbild. Eingehüllt in den Mantel des schummrigen Lichts, das jetzt
wie ein Nebel über dem Saal lag. Niemand schaute mehr zu uns

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