Lukianenko Sergej
Trix.
»Was? Nein, nein. Das ist nicht schlecht. Alle Zauberer lieben das Glücksspiel …«
Eine der in den Saal führenden Türen wurde aufgerissen und der Herold verkündete feierlich: »Seine Hochwohlgeboren, der edle Baron Ismund, fürsorglicher
Schutzherr seines Volkes und treuer Diener der Krone!«
Sauerampfer und Trix verbeugten sich. Schmerzlich
schoss Trix der Gedanke durch den Kopf, dass sich eigentlich der Baron Ismund vor ihm, dem Co-Herzog,
hätte verbeugen müssen. Er schob den Gedanken jedoch
beiseite und führte die Verbeugung sogar etwas tiefer
aus, als die Etikette es verlangte.
»Gäste! Wunderbar! Wie ich mich über Gäste freue!
Vor allem über Reisende! Vor allem über Zauberer!«,
rief der Baron. »So richtet Euch doch auf, richtet Euch
auf! Lassen wir die Zeremonien der Vergangenheit, seien
wir modern!«
Der Baron war recht klein, füllig und hatte ein frisch
rasiertes Gesicht, verschmitzte Augen und ein breites
Lächeln, mit dem er gesunde weiße Zähne entblößte. Er
war leger angezogen, mit einem gewissen Samarschaner
Touch, der sich in weiten Pluderhosen und einem lockeren Hemd darüber zeigte. Vielleicht liebte er aber auch
nur weite Kleidung – wie die meisten Dicken.
»Radion Sauerampfer«, stellte sich der Zauberer vor.
»Mein Schüler Trix Solier.«
»Solier?«, hakte der Baron nach. »Womöglich ein
Verwandter des seligen Co-Herzogs?«
»Sein Sohn«, antwortete der Zauberer.
»Wie furchtbar!«, rief der Baron aus. »Der Thronerbe
ist gezwungen, durch die Lande zu streifen und seinen
Lebensunterhalt mit Magie zu verdienen! Ist der Zauberer auch gut zu dir, mein Junge?«
Trix nickte.
»Wunderbar«, sagte der Baron. »Was führt Euch zu
mir, Herr Sauerampfer?«
»Wir wollen zu Seiner Majestät dem König«, erklärte
der Zauberer feierlich.
»Vermutlich, um Gerechtigkeit zu fordern?«, fragte
der Baron. »Sehr vernünftig, das kann ich nur gutheißen!«
Er rieb sich die Hände und setzte sich auf die Kante des
Throns. Nach kurzem Schweigen wollte er wissen: »Aber
was führt Euch da zu mir?«
»Die betrüblichen Umstände der Reise«, sagte Sauerampfer. Sofort setzte der Baron eine traurige Miene auf.
»Mein Pferd hat sich das Bein gebrochen.«
»Ein Albtraum!«, rief der Baron aus. »Wie leid mir
das tut, dass sich Euer Pferd das Bein gebrochen hat!«
»Genauer gesagt nicht gebrochen, sondern verletzt«,
präzisierte Sauerampfer. »Dennoch musste ich es verkaufen. Doch der Weg in die Hauptstadt ist lang …«
»Ihr wollt Geld«, folgerte der Baron seufzend.
»Geld …« Er erhob sich und lief vor dem Thron auf und
ab. »Oh, glaubt nicht, wir hätten kein Geld. Wir haben es,
sogar mehr als genug. Und dem berühmten Zauberer
Sauerkohl …«
»Sauerampfer!«, platzte der Zauberer heraus.
»Oh, verzeiht!« Der Baron winkte ab. »Botanik war
nie meine Stärke. Einem Zauberer zu helfen ist jedenfalls
die Pflicht eines jeden Staatsmannes. Schließlich geht Ihr
stets bereitwillig auf unsere bescheidenen Bitten ein,
tragt gemeinsam mit uns die Last der Staatsangelegenheiten, obendrein völlig selbstlos …«
Sauerampfer trippelte unbehaglich von einem Fuß auf
den anderen.
»Schweigt, schweigt!«, rief der Baron aus. »Auf
Komplimente bin ich nicht erpicht, das sind nur leere
Worte. Ihr müsst verstehen, worum es geht, mein
Freund! Es wäre nicht richtig, wenn der Baron sein Geld
einfach so hergeben würde. Während die Kinder in den
Elendsvierteln hungern, während Handwerksmeister in
jämmerlichen Hütten hausen, während die Goldstickerinnen um ein neues Geburtshaus flehen. Was werden sie
über ihren Baron sagen, wenn dieser sein Geld mir
nichts, dir nichts an Fremde gibt?«
»Ich würde mich glücklich schätzen, Euer Hochwohlgeboren meine … unsere Dienste anzubieten«, presste
Sauerampfer hervor.
»Was genau meint Ihr?«, wollte der Baron wissen.
»Gold? Unsterblichkeit? Die Wettervorhersage?«
»Das sind Bereiche, in denen die Magie nichts auszurichten vermag«, nuschelte Sauerampfer.
»Wohl wahr! Ihr Magier liebt es, Feuerkugeln zu
schleudern, Städte in Asche zu verwandeln und Monster
herbeizurufen«, sagte der Baron. »Gut. In dem Fall
schlage ich vor, wir spielen um die Hilfe. Soll der Zufall
entscheiden!«
»Schach?«, fragte Sauerampfer voller Hoffnung.
»Oder Karten?«
»Oh nein!« Der Baron winkte ab und zeigte auf drei
Türen, die aus dem Saal herausführten. »Das ist mein
Lieblingsspiel«, sagte er. »Hinter diesen Türen … he,
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