Lukianenko Sergej
Glückspilz! Ein Schoßkind des Glücks, oder
wie immer man euch nennt!«
Trix breitete die Arme aus.
»Du hast mich schön für meine Selbstsicherheit bestraft«, sagte der Baron in völlig aufgeräumter Stimmung. »Was für ein Schelm du bist! Aber ich möchte
nicht mit dir tauschen. Das raubt dir doch jedes Vergnügen beim Glücksspiel! Nimm das! Das ist von mir für
dich! Das brauchst du Sauerkraut nicht zu geben!« In
Trix’ Hand wanderten fünf Goldstücke. »Aber von heute
an ist dir jede Form von Spiel in meinem Baronat verboten!« Ismund drohte ihm mit dem Finger. »Keine Karten,
keine Brettspiele! Nichts! Kommt am Abend wieder,
dann steht die Kutsche bereit!«
Kaum hatten Trix und Sauerampfer den Palast des Barons verlassen, als der Zauberer Trix bei der Schulter
packte und in eine Gasse lenkte.
»Bitte!« Trix kramte beflissen in seiner Tasche nach
den Münzen.
»Die gehören dir, du hast sie ehrlich verdient«, sagte
der Zauberer. »Aber du hättest mich beinahe ins Grab
gebracht! Ich glaube nicht an Glückspilze oder Schoßkinder des Glücks! Gib zu, dass du irgendwelche Taschenspielertricks angewandt hast!«
»Hab ich nicht!« Trix war sogar ein wenig beleidigt.
»Das ist pure Arithmetik!«
»Nimm zur Kenntnis, dass ich ebenfalls ein Mann der
Zahl bin«, sagte Sauerampfer. »Hinter einer Tür ist eine
Ziege, hinter der anderen eine Kutsche. Die Chancen stehen eins zu eins.«
»Tun sie nicht!«, rief Trix. »Sowohl der Baron wie
auch Ihr vergesst die dritte Tür! Die, die er geöffnet hat!«
»Was hat die damit zu tun?«, wunderte sich Sauerampfer. »Die ist längst aus dem Spiel! Wir wählen nur
noch zwischen zwei Türen.«
»Nein, zwischen dreien!«, blieb Trix stur. »Wir haben
zwei Türen, von denen eine offen ist. Was hinter der anderen ist, wissen wir nicht. Wir haben aber auch noch die
dritte Tür, die ich ausgewählt habe und wo wir auch nicht
wissen, was dahinter ist. Wenn ich also die Tür wechsel,
stehen unsere Chancen zwei zu eins! So ist das!«
»Mach mich nicht wuschig!«, polterte Sauerampfer.
»Ich bin kein Idiot! Was hat die offene Tür damit zu tun,
wenn hinter der eh eine Ziege ist! Es bleiben noch zwei
Türen! Hinter einer ist eine Ziege, hinter der anderen eine
Kutsche.
Du wählst zwischen diesen beiden. Die Chancen stehen eins zu eins!«
»Nein, man muss die offene Tür mitzählen. Das hat
mir einer von Papas Dienern erzählt. Dabei ging es natürlich nicht um Türen. Er hat da immer ein Spiel mit Fingerhüten gemacht. Drei Fingerhüte, unter einem ist eine
Kugel.«
»Sicher, Hütchen-Kügelchen, das ist ein altes und wenig geachtetes Spiel aus Samarschan«, sagte Sauerampfer. »Bei dem kommt es einzig und allein auf Fingerfertigkeit an.«
»Das tut es nicht! Sondern auf Mathematik! Jemand
zeigt auf einen Fingerhut. Der Hütchenspieler hebt eines
der beiden anderen Hütchen hoch. Wenn da die Kugel
ist, hat er gewonnen! Wenn da nichts ist, fragt er, ob der
andere seine Wahl ändern will. Niemand ändert sie, denn
alle denken, dass es keinen Unterschied gibt. Aber den
gibt es!«
»Aber das kann nicht sein! Zwei Türen …«
»Nicht zwei, drei!« Trix geriet so in Fahrt, dass er
Sauerampfer anschrie. Zum Glück achtete dieser im Eifer
des Gefechts nicht darauf. »Drei! Und hinter einer ist die
Kugel!«
»Welche Kugel?«
»Das Kügelchen! Nein! Die Kugel ist unter dem Fingerhut und hinter der Tür ist der Karren!«
»Die Kutsche!«
»Von mir aus!«
»Nein, nicht die Kutsche, sondern das Rad!«, korrigierte sich Sauerampfer. »Du bringst mich aus dem Konzept!«
»Ob Kutsche oder Rad, ist doch egal!«
»Genau! Warum hast du also gewonnen?«
»Weil ich von drei Türen zwei ausgewählt habe und
der dumme Baron nur eine! Deshalb hatte ich die besseren Chancen!«
»Warum?«, jammerte Sauerampfer. »Du wählst doch
nur aus zwei Türen! Die dritte ist ja schon offen! Hinter
einer Tür ist ein Rad, hinter der anderen eine Ziege. Sie
verändern ihren Platz nicht, nachdem du deine Wahl getroffen hast. Du weißt nicht, wo was ist. Die Chancen
stehen eins zu eins! Aber du hast in zwei von drei Fällen
gewonnen! Warum?«
»Wegen der Arithmetik!«
Sauerampfer wandte sich ab und stapfte Richtung
Schenke davon. Trix folgte ihm bedrückt. Er hatte ehrlich
versucht, Sauerampfer zu erklären, was des Pudels Kern
war, aber der hatte ihn einfach nicht verstanden. Ein
Mann des Wortes war eben nicht immer auch einer der
Zahl.
Als sie zu ihrem Quartier zurückkamen,
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