Lukianenko Sergej
keine Kakerlaken findest und dich nachts keine
Wanzen beißen«, sagte Paclus und machte es sich auf
dem einzigen Bett gemütlich. »Es gibt nämlich nichts
Schlimmeres, als wenn dir das Ungeziefer unters Kettenhemd kriecht und du dich nicht kratzen kannst. Auch
wenn es, zugegeben, den Kampfeseifer enorm schürt.«
»Und wie ist man die Viecher losgeworden?«, fragte
Trix, während er seinen Strohsack aufschüttelte, der an
der Tür lag (damit der gemeine Feind zunächst über den
Knappen stolperte und wertvolle Zeit damit verlor, ihm
die Kehle aufzuschlitzen).
»Na, wie wohl?« Sir Paclus kratzte sich den behaarten
Bauch. (Als Trix Paclus aus dem Kettenhemd geholfen
hatte, sodass der Ritter nur noch in Unterhosen dastand,
hatte er eine wahre Haarpracht freigelegt.) »Mit Magie
natürlich. Die Magie, mein Junge, ist eine große Kraft!«
»Aber ich habe geglaubt, Ihr würdet die Magie hassen«, sagte Trix nachdenklich. »Wo Ihr doch gegen den
Magier kämpft.«
»Ich? Die Magie hassen?« Paclus verdrehte die Augen. »Ja, bist du wirklich so dumm?! Wieso sollte ich die
Magie hassen? Nichts hilft einem Ritter im Kampf so
sehr wie sie! Und im täglichen Leben sind eh alle auf sie
angewiesen! Wer sagt denn den Bauern das Wetter voraus? Die Magier! Wer schickt einen Feuerregen gegen
Monster oder sperrt sie in einen Eisklumpen ein? Die
Magier! Wer heilt Wunden, schickt Botschaften durchs
ganze Land und spioniert durch eine Kristallkugel die
Lage aus? Die Magier und niemand sonst! Magie kann
alles!«
»Warum habt Ihr dann etwas gegen Magier?«, wollte
Trix wissen, obwohl ihm schon fast die Augen zufielen.
Aber auch Paclus schien zum Plaudern aufgelegt. »Oder
geht es nur um den einen Magier? Den, gegen den wir
morgen antreten.«
»Ich soll etwas gegen Magier haben?« Paclus
schnaubte. »Wenn wir keine Magier hätten, hätte uns
Samarschan längst geschluckt. Oder die Barbaren aus
dem Norden. Oder die Vitamanten, die seit dem Zweiten
Magischen Krieg auf den Kristallenen Inseln lauern.«
»Also geht es nur um diesen einen Magier?«, hakte
Trix nach.
»Radion Sauerampfer? Ich soll etwas gegen Radion
Sauerampfer haben?« Jetzt platzte Paclus der Kragen.
»Schreib dir gefälligst eins hinter die Ohren, du aufmüpfiger Knabe! Radion und ich haben im Zweiten Magischen Krieg an der Schwarzen Anfurt Seite an Seite gekämpft! Ich hielt die Vitamanten und die Zombies so
lange mit dem Schwert auf, bis Radion einen Zauber gewirkt hatte. Danach hat uns das Schicksal noch viele gemeinsame Siege beschert!«
»Dann verstehe ich überhaupt nichts mehr«, gab Trix
zu. »Warum kämpft Ihr dann gegen ihn?«
»Weil wir vor anderthalb Jahren bei einem Becher guten
Weins aneinandergeraten sind.« Mit einem Seufzer bettete
Paclus den Kopf auf den glatt gehobelten Holzklotz, der
in Gasthöfen das Kopfkissen ersetzte. »Radion hat behauptet, dass ein Magier stärker sei als ein Ritter. Kein
Ritter könne einen Magier im ehrlichen Kampf besiegen.
Ich schon, habe ich gesagt. Seitdem versuche ich, seinen
Turm im Sturm zu nehmen. Aber … bisher ist es mir
nicht geglückt.«
Schweigend verarbeitete Trix, was er gehört hatte.
»Dieser Becher war ziemlich groß«, fuhr Paclus fort.
»Es ist wohl auch nicht bei dem einen geblieben. Aber
ich habe einen Eid geschworen, davon sind wir beide
überzeugt! Und Eid bleibt Eid!«
Trix dachte an die verschwundenen Knappen, sagte
jedoch kein Wort. In den letzten drei Tagen war er entschieden reifer geworden.
»Die Knappen tun mir leid«, seufzte Paclus, als hätte
er Trix’ Gedanken gelesen. »Ich bin besser ausgerüstet
und Magie kann mir nichts anhaben …« Er verstummte
jäh, als habe er sich verplappert. Trix war das aber sowieso entgangen, der sagte weiterhin kein Wort.
»Also freiheraus!«, polterte Paclus. »Ich bin zu einem
Viertel ein Zwerg. Und Zwerge sind von Geburt an immun gegen Magie. Hast du was gegen Zwerge?«
»Ich?«, fragte Trix erschrocken. »Nicht das Geringste.
Ich habe in den Chroniken gelesen, dass es Zeiten gab, in
denen Zwerge und Menschen nicht nur nicht gegeneinander kämpften, sondern sogar Seite an Seite in die
Schlacht zogen. Gegen die Elfen. Oder um größere Beute
zu machen.«
»Richtig«, lobte Paclus. »Die Zwerge halten mich übrigens gar nicht für ihresgleichen. Meine Großmama war
Zwergin. Das ist ein besonderer Fall. Denn das Zwergsein vererbt sich über die männliche Linie. Über die
weibliche, das gibt es nur bei den
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