Lukkas Erbe
eine Tüte Weingummi. Diesmal war es ein Beutel mit Wäscheklammern, weil bei den Getränken ein paar Jugendliche herumtobten und bei den Süßigkeiten ein kleines Kind lautstark um ein Überraschungsei bettelte. Patrizia holte ihm noch schnell eine Dose Cola für die Fahrt.
Als sie zurück ins Dorf kamen, war es zu spät, um noch einen Versuch beim Atelier zu machen. Patrizia musste kochen. Die Männer kamen zum Essen. Anschließendmusste noch ein Korb voll Wäsche ins Freie gebracht werden. Selbstverständlich trug Ben den Korb und hielt ihn hoch, damit Patrizia sich nicht bücken musste. Er schenkte ihr auch die Wäscheklammern, weil er damit nichts anfangen konnte.
Als Patrizia am Abend wieder einfiel, dass sie eigentlich noch zum Atelier hatte fahren wollen, war es zu spät und Ben schon unterwegs.
Patrizia nahm sich vor, es am nächsten Morgen nochmal mit ihm zusammen zu probieren. Im Atelier war Vanessa Greven immer sehr freundlich mit Ben umgegangen. Und Patrizia hatte den Eindruck gewonnen, dass er die Frau ebenfalls gerne mochte. Nur die Perserkatze war ihm nicht geheuer. Das Tier ließ sich nur von Vanessa Greven anfassen, kratzte sofort, wenn ein anderer die Hand ausstreckte. Patrizia hatte auch schon blutige Striemen auf dem Handrücken gehabt.
Trotzdem war Ben zweimal bereit gewesen, einen halben Nachmittag im Atelier zu verbringen, damit Patrizia Termine bei ihrem Gynäkologen wahrnehmen konnte. Ihn dahin mitzunehmen, war etwas problematisch. Ärzte machten ihn sehr nervös, da wollte er sie dann erst recht nicht alleine lassen.
Neue Perspektiven
Erst Anfang Juni 96 hatte Miriam Wagner erfahren, dass Ben seine Mutter verloren hatte, nun bei Bruno Kleu lebte und in Patrizia Mutterinstinkte weckte. Und Wichtigeres hörte sie an dem Abend nicht. Nicole hatte sie mit Walter Hambloch bekannt gemacht. Aber viel konnte oder wollte Hartmuts Freund nicht erzählen.
Fünftausend Mark für die Bekanntschaft eines Polizisten, der Heinz Lukka tot am Boden hatte liegen sehen. Viel mehr als das hatte Walter Hambloch aber auch nicht gesehen. Tanja Schlösser war von Notarzt und Sanitätern umlagert gewesen. Ihn hatte man angewiesen, einen Infusionsbeutel für Ben in die Höhe zu halten.
Es war bereits der vierte Abend, an dem Miriam gemeinsam mit Nicole, Hartmut und Walter zum Italiener nach Lohberg fuhr.
Inzwischen war es für Miriam nebensächlich geworden, was Walter Hambloch über die Morde wusste, sie wollte nur den Abend genießen. Für sie war es fast ein kleines Wunder. Sie hatte früher nie mit jungen Leuten in einem Restaurant gesessen, immer nur alle vier Wochen mit Heinz Lukka.
Die Unterhaltung bestritt Hartmut Rehbach wieder einmal fast allein. Er erzählte mit besonderer Vorliebe von seinem Unfall, dem langen Krankenhausaufenthalt und seiner Angst, Nicole könne in der Zeit einen anderen Mann kennen lernen. Danach kam er regelmäßig auf Achim Lässler zu sprechen, äußerte den Verdacht, dass hinter dessen Verhalten ganz etwas anderes stecke als Trauer und Schmerz über den Verlust seiner Schwester. Das tat er auch an dem Abend.
«Er ist scharf auf Nicole, hat sie schon mit den Augen ausgezogen, als er sie zum ersten Mal gesehen hat. Beim Schützenfest im September 94, als wir rausgegangen sind an die Imbissbude, kam er uns prompt hinterher. Weißt du noch, Schatz?»
«Er kam uns nicht hinterher, er war schon da», korrigierte Nicole. «Mit seiner Freundin. Und er war mehr an den Reibekuchen interessiert als an mir.»
«Blödsinn», widersprach Hartmut. «Er war scharf auf dich, so was sehe ich auf Anhieb. Walter hat es ja auch gesehen.Er hat dich sogar noch gefragt, ob dein Kleid noch zu ist. Erinnerst du dich, Walter?»
Walter Hambloch nickte pflichtschuldigst.
Und Nicole sagte: «Du hast Achim doch erst gesehen, als Walter dich auf seine Freundin aufmerksam gemacht hat.»
«Nicht auf seine Freundin», behauptete Hartmut, «auf die Art, wie er dich angeglotzt hat. Manchmal bist du wirklich zu naiv. Hast du überhaupt eine Ahnung, wie du auf Männer wirkst?»
«Ich denke schon», sagte Nicole.
Miriam saß nur dabei und dachte, dass Hartmut Rehbach vermutlich nicht völlig falsch lag mit seinem Verdacht. Ihr war Achim Lässlers Blick ja auch aufgefallen. An Heinz Lukka dachte sie gar nicht an diesem Abend. Jeder Gedanke kreiste um die Frau mit dem makellosen Gesicht, neben der sie sich bei der ersten Begegnung auf dem Feldweg so klein und erbärmlich gefühlt hatte.
Das tat sie
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