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Lukkas Erbe

Lukkas Erbe

Titel: Lukkas Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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sich leicht herausschaben mit dem kleinen Nagelreiniger, der an dem Knipser befestigt war.
    Als er endlich in der Küche erschien, sagte Renate: «So kannst du aber nicht im Stall helfen. Geh rauf und zieh etwas anderes an.»
    Er ging, kam aber nicht wieder zurück. Nach zehn Minuten schaute Renate nach, was er trieb, da stand er ratlosvor dem Kleiderschrank. Renate gab ihm eine Jeans und ein Polohemd, obwohl das auch nicht für die Stallarbeit geeignet war. Er brauchte dringend noch ein paar Arbeitshosen. Renate betrachtete die Flanellhose und fragte misstrauisch: «Wo kommt denn der Dreck her?»
    «Finger weg», sagte er wahrheitsgemäß.
    Nur wusste Renate nicht, wie das gemeint war. Aber die Tüte mit den Holzstücken verriet doch einiges. «Warst du draußen?»
    Er nickte.
    «Das geht nicht», sagte Renate. «Du kannst nachts nicht mehr draußen herumlaufen. Das ist gefährlich. Achim ist immer draußen und will dich schlagen.»
    Ben schüttelte den Kopf, den Versuch, ihn zu schlagen, hatte Achim nicht unternommen. «Finger weg», sagte er noch einmal.
    Und da sich das nach Renates Wissen auch auf Verbote bezog, stimmte sie zu: «Richtig, Finger weg, in der Nacht musst du im Haus bleiben.»
    Als er sich endlich umgezogen hatte, waren Bruno und Dieter mit der Fütterung der Kälber längst fertig. Dieter stand unter der Dusche. Bruno war noch damit beschäftigt, den Zuchtbullen zu versorgen, und hatte keinen Blick für das Rindenstück, das Ben ihm mit feierlicher Miene überreichen wollte. «Fein», sagte er.
    «Eine halbe Stunde zu spät ist nicht fein», tadelte Bruno. «Morgen muss das schneller gehen.»
    Dann frühstückten sie erst einmal. Dass er mit dem alten Springmesser in der Hosentasche am Tisch saß, bemerkte niemand. Nach dem Frühstück nahm Bruno ihn mit in den Stall und ließ die Kühe raus. Fünfzig Stück Milchvieh, den Weg in den Melkstand fanden sie alleine, ebenso den Weg zu der großen Wiese hinter der Scheune. Ben stand nur herum und hielt die Tiere auf.Bruno schickte ihn wieder ins Haus, damit es schneller ging.
    Schon um neun Uhr kam Patrizia und überraschte Ben mit dem Springmesser und einem Stück Rinde auf dem Bett sitzend. Dass er ein Messer hatte, erschreckte sie nicht, vielmehr war sie fasziniert von dem, was er damit machte.
    Sie kramte in der Tüte und entdeckte ein kleines Wunderwerk. Ein Pferdchen – nicht viel größer als ihr Daumen, grob geschnitzt, aber unschwer zu erkennen als das, was es darstellen sollte. Die Proportionen stimmten nicht ganz, fand Patrizia, der Schwanz war zu dünn. Das tat ihrer Begeisterung keinen Abbruch. In den winzigen Leib waren hauchfeine Schnitte gebracht worden, die wie ein Schattenspiel wirkten.
    Patrizia geriet außer sich vor Entzücken. «Das ist aber schön. Hast du das gemacht? Es ist wunderschön, wirklich. Darf ich es haben?»
    Natürlich durfte Patrizia das Pferdchen, das genau genommen ein Zebra war, haben. Sie hatte seine Hand getätschelt und an ihre Wange gelegt.
    «Und was wird das?», fragte sie.
    «Fein», sagte er.
    In der Annahme, er spräche von seiner Mutter oder Schwester, streichelte Patrizia seine Wange und sagte mitfühlend: «Du armer Kerl. Du vermisst sie sehr, was? Willst du dir ein Bildchen von ihr machen? Lass mal gucken.» Damit hatte sie ihm die Rinde auch schon aus der Hand gerissen, betrachtete die feinen Linien auf der Innenseite, die sich zu einem Gesicht formten, meinte: «Putzig. Das sieht aber eher aus wie ein Zwerg. Es ist so verhutzelt.» Dann riet sie: «Das Messer tust du jetzt besser weg. Sonst nehmen sie es dir bestimmt ab.»
    Er steckte das Messer in die Hosentasche und folgtePatrizia nach unten. Renate Kleu war nach Lohberg gefahren, um Einkäufe zu machen. Patrizia hatte ihre Schultasche dabei und einige Dinge, die sie für nützlich hielt, um die Verständigung zu erleichtern.
    Damit es nicht wieder ein Missverständnis mit dem Fein gab, schnitt sie aus stabilem Karton handliche Karten zurecht, eine für jeden, der im Haus lebte oder beabsichtigte, so schnell wie möglich dort einzuziehen. In großen Druckbuchstaben malte sie die Namen: DIETER, PATRIZIA, BEN, BRUNO, RENATE, HEIKO.
    Damit er sich das auch gut merken konnte, klebte sie auf die Rückseite ihrer Karte sofort ein Passbild. Von Dieter besaß sie leider nur drei Fotos, davon konnte sie unmöglich eins hergeben. Aber sie hatte die Polaroidkamera ihres Vaters dabei und machte sich daran, die Bewohner des Hauses abzulichten.
    So hatte Ben

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