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Lulu

Lulu

Titel: Lulu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Wedekind
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die fürchterlichsten Zustände. Sie windet sich in Krämpfen. Sie ist imstande und springt ins Wasser, wenn du sie noch länger warten lässt.
    RODRIGO
    Worauf wartet das Vieh denn?
    LULU
    Auf dich, dass du sie mitnimmst.
    RODRIGO
    Dann sag’ ihr, ich lasse sie grüßen, und sie soll ins Wasser springen.
    LULU
    Sie leiht mir zwanzigtausend Mark, um mich vor dem Verderben zu retten, wenn du sie selber davor bewahrst. Wenn du sie heute mit dir nimmst, deponiere ich morgen zwanzigtausend Mark für dich auf irgendeiner Bank.
    RODRIGO
    Und wenn ich sie nicht mitnehme?
    LULU
    Dann zeig’ mich an! Alwa und ich sind auf dem Trockenen.
    RODRIGO
    Himmel, Tod und Wolkenbruch!
    LULU
    Du machst vier Menschen glücklich, wenn du fünfe gerad sein lässt und dich einem wohltätigen Zweck opferst.
    RODRIGO
    Das wird nicht gehn; ich weiß es im Voraus. Ich habe das jetzt genug ausprobiert. Wer rechnet bei dem Knochengerüste auch auf solch ein ehrliches Gemüt! Was die Person für mich hatte, war der Umstand, dass sie Aristokratin ist. Mein Benehmen war so gentlemanlike, wie man es bei deutschen Artisten überhaupt nicht findet. Hätte ich sie nur jemals in die Waden gekniffen!
    LULU (lauernd)
    Sie ist noch Jungfrau.
    RODRIGO (seufzend)
    Wenn es einen Gott im Himmel gibt, dann werden dir deine Witze noch einmal heimgezahlt! Das prophezeie ich dir!
    LULU
    Die Geschwitz wartet. Was soll ich ihr sagen?
    RODRIGO
    Meine ergebenste Empfehlung und ich sei pervers.
    LULU
    Das werde ich ausrichten.
    RODRIGO
    Warte noch! – Ist es sicher, dass ich zwanzigtausend Mark von ihr erhalte?
    LULU
    Frag’ sie selbst!
    RODRIGO
    Dann sag’ ihr, ich sei bereit. Ich erwarte sie im Speisezimmer. Ich muss nur erst noch eine Tonne Kaviar versorgen.
    (Rodrigo geht ins Speisezimmer. Lulu öffnet die Tür zum Spielzimmer und ruft mit heller Stimme: »Martha!«, worauf die Gräfin Geschwitz in den Salon tritt und die Tür hinter sich schließt.)
    LULU (vergnügt)
    Mein liebes Herz, du kannst mich heute vor dem Tode retten.
    DIE GESCHWITZ
    Wie kann ich das?
    LULU
    Wenn du mit dem Springfritzen nach einem Absteigequartier fährst.
    DIE GESCHWITZ
    Wozu das, mein Lieb?
    LULU
    Er sagt, du müsstest ihm heute Abend noch angehören, sonst zeigt er mich morgen an.
    DIE GESCHWITZ
    Du weißt, dass ich keinem Manne gehören kann; ich bin von meinem Verhängnis nicht dazu bestimmt.
    LULU
    Wenn du ihm nicht gefällst, dann hat er das mit sich selbst auszumachen. Warum verliebt er sich in dich!
    DIE GESCHWITZ
    Aber er wird brutal werden wie ein Henkersknecht. Er wird sich für seine Enttäuschung rächen und mir die Schläfen einschlagen. Ich habe das schon erlebt. – Ist es nicht möglich, dass du mir diese schwerste Prüfung ersparst?
    LULU
    Was gewinnst du dabei, wenn er mich anzeigt?
    DIE GESCHWITZ
    Ich habe in meinem Vermögen noch so viel, dass wir beide als Zwischendeckpassagiere nach Amerika fahren können. Dort wärst du vor all deinen Verfolgern in Sicherheit.
    LULU (vergnügt und munter)
    Ich will hier bleiben; ich kann in keiner anderen Stadt mehr glücklich sein. Du musst ihm sagen, dass du ohne ihn nicht leben kannst. Dann fühlt er sich geschmeichelt und wird lammfromm. Du musst auch den Kutscher bezahlen. Gib dem Kutscher diesen Zettel; da steht die Adresse drauf. Nummer 376 ist ein Hotel sechsten Ranges, in dem man dich mit ihm heute Abend erwartet.
    DIE GESCHWITZ
    Wie soll dir eine solche Ungeheuerlichkeit das Leben retten? – Ich verstehe das nicht. – Du hast, um mich zu martern, das furchtbarste Verhängnis heraufbeschworen, das über mich Geächtete hereinbrechen kann.
    LULU (lauernd)
    Vielleicht heilt dich die Begegnung!
    DIE GESCHWITZ (seufzend)
    O Lulu, wenn es eine ewige Vergeltung gibt, dann möchte ich nicht für dich einstehen müssen! Ich kann mich nicht darein finden, dass kein Gott über uns wacht. Und doch wirst du wohl recht haben, dass es nichts damit ist. Denn womit habe ich unbedeutender Wurm seinen Zorn gereizt, um nur Entsetzen zu erleben, wo die ganze lebendige Schöpfung vor Seligkeit die Besinnung verliert!
    LULU
    Du hast dich nicht zu beklagen. Wenn du glücklich wirst, dann bist du hundert und tausendmal glücklicher, als es einer von uns gewöhnlichen Sterblichen jemals wird.
    DIE GESCHWITZ
    Das weiß ich auch; ich beneide niemanden! Aber ich warte noch darauf. Du hast mich nun schon so oft betrogen.
    LULU
    Ich bin dein, mein Liebling, wenn du den Springfritzen bis morgen beruhigst. Er will nur seine Eitelkeit

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