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Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition)

Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition)

Titel: Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Vogltanz
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Schauer durch meinen Körper.
    »Doch
noch weit schlimmer als diese Bullenschweine waren die Verräter in unseren
eigenen Reihen«, fuhr Andreas fort, der sich sichtlich in Rage geredet hatte.
Seine Augen glühten so sehr, dass ich beinahe erwartete, das Metall der Glocke
schmelzen zu sehen, das er noch immer fixierte. »Denn die gab es. Elende
Denunzianten, die uns an den Feind verrieten. Sie waren wie Geschwüre am Körper
unserer Gemeinschaft, und genau wie solche mussten sie vernichtet werden –
ausgebrannt, mit der Klinge abgetrennt.«
    Ich
presste die Lippen zusammen, schockiert über das, was ich zu hören bekam. War Andreas
ein so grausamer Richter gewesen? Hatte er nicht gesagt, er und Eloin seien
gütige Anführer gewesen? Oder hatte er in diesem Punkt die Unwahrheit gesagt?
Vielleicht irrte ich mich ja doch, was seine Identität anbelangte.
    »Die
MONDSCHEINGASSE«, hörte ich mich selbst sagen. »Was ist dort geschehen? Ich
muss es wissen!«
    Andreas
drehte den Kopf, seine eisblauen Augen drangen in mich ein. »Beantworte dir
diese Frage selbst.«
    »Ich
spüre, dass dort ein Ungleichgewicht der Kräfte geherrscht haben muss«, sagte
ich langsam. »Aber das ist lange her. Es muss geschehen sein, bevor die
Verfolgungen begannen.«
    »Es
war der Auslöser der Verfolgungen«, flüsterte Andreas düster.
    Und
damit ließ er sich vom Glockenstuhl fallen, um federnd auf den Beinen zu
landen. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, wandte er sich von mir ab und
kehrte zurück zu seinem Platz in der Klangarkade, wo ich ihn nur mehr als
verschwommenen Schemen wahrnehmen konnte. Der Anblick hatte etwas Unheimliches,
und ein harter Kloß bildete sich erstickend in meiner Kehle.
    Nach
einigem Zögern kletterte auch ich von dem Balkengerüst herab. Bemüht, kein
überflüssiges Geräusch zu verursachen, bewegte ich mich auf Andreas zu. Als ich
nur noch wenige Schritte von ihm entfernt war, drang ein gedämpftes Murmeln an
meine Ohren. Ich sah, wie sich seine bleichen Lippen bewegten, hörte seine
dumpfe Stimme, aber ich verstand die genauen Worte nicht.
    In
dieser Nacht konnte ich mich nicht dazu überwinden, Andreas Gesellschaft zu
leisten. Stattdessen ließ ich mich neben dem Glockenstuhl nieder, das riesige Bronzegebilde
über meinem Kopf. Ich schloss die Augen, und hinter meinen Lidern tauchte das
lächelnde Gesicht Kiros auf. Es verlangte mich danach, die Arme auszustrecken,
mit den Fingern die feinen Linien in seinem Antlitz nachzuzeichnen, die Wärme
seines Atems zu spüren.
    Mit
diesem Bild vor Augen und dem unterdrückten Gemurmel Andreas´ im Ohr fiel ich
in einen tiefen, traumlosen Schlaf.
     
     

Kapitel XV
     
    Die Tage und Nächte
zogen an mir vorüber, und je mehr Zeit ich mit dem rätselhaften Magier
verbrachte, desto mehr begann ich, mich an sein Wesen zu gewöhnen. Manchmal
wachte ich nachts auf und sah, dass Andreas nicht länger an seinem Platz in der
Klangarkade saß. Am nächsten Morgen jedoch war er stets wieder an Ort und Stelle.
Niemals bemerkte ich, wie er den Turm verließ, und niemals beobachtete ich, wie
er wieder zurückkehrte. In jenen Nächten, in denen er blieb, drang wiederholt sein
leises Murmeln in meinen Schlaf. Eines Nachts beobachtete ich, wie er sich
gedämpft mit einer großen Krähe unterhielt, die sich neben ihm im Bogen des
Turms niedergelassen hatte und ihn mit ihren unnatürlich intelligenten, wissenden
Augen musterte. Als sie leise, krächzende Schreie ausstieß, war ich mir sicher,
dass sie ihn nicht nur verstand, sondern ihm auf für ihn ebenso verständliche
Weise antwortete. Ich sprach keinen einzigen dieser Vorfälle an, wissend, dass
Andreas sie mir entweder aus freien Stücken oder gar nicht erklären würde.
    Tag
um Tag verließ er den Glockenturm mit mir, um mich in die verfallene Villa in
der MONDSCHEINGASSE zu führen, wo er mich in der großzügig bestückten
Bibliothek zurückließ. Oft weckte er mich bereits vor dem ersten Sonnenstrahl,
um meine Fortschritte zu prüfen. Er ließ mich Illusionen in die Luft malen, in
die Geister niederer Tiere eindringen und Energiebälle heraufbeschwören, mit
denen ich anfangs nur kleine, später immer größer werdende Gegenstände
verrücken konnte, indem ich sie gegen mein Ziel schleuderte. Er attackierte
mich auch geistig wie körperlich und ließ mich seine Angriffe abwehren, ohne
dabei die geringste Rücksicht auf mich zu nehmen. Da er unglaublich mächtig
war, hatte ich kaum eine Chance gegen ihn. Jedes Versagen

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