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Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition)

Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition)

Titel: Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Vogltanz
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und versuchte vergeblich, das unkontrollierte Zittern seiner Hände zu
unterdrücken.
    »Hiroshi,
alles in Ordnung?«
    Taoyama
stemmte sich aus dem Bett hoch und ging zur Tür, um seinem Lebensretter zu
öffnen. Dabei versuchte er, eine möglichst neutrale Miene aufzusetzen. Im Flur
stand Brandt, der sich triefend nass an den Türstock klammerte. Sein Atem ging
abgehackt und keuchend, sein Haar mit der exzentrischen, grauen Strähne klebte
ihm in der Stirn und ließ seinen Blick ein wenig wirr wirken.
    »Alles
in Ordnung?«, wiederholte er keuchend. Seine stahlharten Augen fixierten sofort
Taoyamas verletzte Hand und verharrten dort für einige Sekunden.
    Taoyama
nickte, ohne auf den blutenden Schnitt in seinem Finger herabzusehen.
    »Ich
war nur unvorsichtig.«
    »Ja,
das sehe ich. So etwas kann ins Auge gehen.« Brandt hob den Kopf und starrte
dem Japaner nun fest ins Gesicht. Er wusste alles, das las Taoyama in seinem
Blick.
    Aber
statt ihm Vorhaltungen zu machen, sagte er mit ruhiger Stimme: »Ich habe mich
entschieden, Hiroshi.«
    »Entschieden?
Wovon sprechen Sie?«
    »Wir
werden diese Bande von Krähendompteuren aufmischen. Das Leben ist zu kurz, um
halbe Sachen zu machen. Ich bin gekommen, um dir zu sagen, dass du dich bereit
machen sollst. Die anderen sind schon informiert, alles ist vorbereitet, nur du
fehlst uns noch. Wann können wir aufbrechen?«
    Taoyama
ballte die Hand zur Faust, und ein einzelner Blutstropfen presste sich aus der
Wunde an seinem Finger und fiel auf das dreckige Parkett, wo er in den Dielen
versickerte.
    »Jetzt
sofort.«
     
     

Kapitel VII
     
    Es dauerte einige
Stunden, ehe wir die Stadt zu Fuß durchquert hatten, aber schließlich
erreichten wir den Geheimgang, den Andreas mir bei meinem ersten Besuch in
seiner Residenz gezeigt hatte. Mit denselben magischen Worten und Gesten wie
mein Lehrmeister öffnete ich die verborgene Falltür und wuchtete sie hoch. Sie
war schwerer, als ich vermutet hatte, aber es kostete mich kaum Mühe, sie über
meinen Kopf zu stemmen.
    Mike
hob erstaunt die Brauen. »Ich wusste nicht, dass du so viel Kraft in den Händen
hast. Als ich dich das erste Mal sah, hätte ich dich mit einem Arm niederhalten
können. Nun könntest du wohl dasselbe mit mir, was? Du hast dich sehr verändert.«
    Warum
sagten das bloß immer alle? »Ebenso wie du«, murmelte ich, während ich in den
unterirdischen Gang hinabstieg.
    »Ich
habe mich nicht verändert«, gab Mike zurück. Es klang ein wenig empört. Das
Thema schien ihm mindestens ebenso unbehaglich zu sein wie mir.
    Für
eine Weile stand er noch über mir und sah unverwandt in die Dunkelheit hinab,
dann folgte er mir eilig. Um uns herum erwachten die Fackeln zu loderndem
Leben, und ich machte bereits Anstalten, vorwärts zu streben, als ich plötzlich
Mikes Hand an meinem Ärmel spürte.
    Unwillig
fuhr ich herum. »Was ist denn?«
    Mike,
der während unseres Marsches den Overall, in dem unser kostbares Gut ruhte,
fest umklammert hatte, drückte mir den Sack nun in die Hände. »Nimm es. Es
gehört dir.«
    Ich
nahm das Buch an mich und hatte flüchtig den Eindruck, dass es sich wie ein
unruhiges Lebewesen unter dem feuchten Stoff regte. »Es gehört Hansen«, gab ich
zurück, während ich mich zum Weitergehen wandte, das Bündel dicht an die Brust
pressend wie ein nach Wärme strebendes Kind. »Wir haben es nur geliehen. Wenn
all das vorbei ist, werde ich es ihm wiedergeben.«
    »Das
glaubst du also, ja?«
    Ich
ignorierte Mike und ging stur weiter. Er musste laufen, um mit meinem zügigen
Tempo mitzuhalten.
    »Hansen,
der alte Spießer. Bei ihm lebt mein Bruder nun, nicht wahr? Er hat euch vor dem
Polizisten gerettet und mitgenommen, war es nicht so?«
    Ich
wunderte mich nicht weiter, dass Mike so gut über die Vorfälle in der St.
Heinrich Klinik Bescheid wusste – wahrscheinlich hatte er auch dort von Zeit zu
Zeit durch die Fenster gelugt. »Frag nicht so scheinheilig, du weißt ganz
genau, dass es so ist«, gab ich patzig zurück. »Schließlich hast du Kiro im
Haus des Arztes eine Botschaft untergejubelt, die unsere Gruppe vollständig gesprengt
hat.«
    Aus
den Augenwinkeln sah ich, wie Mike den Kopf senkte. »Ich hatte den Auftrag,
Kiro und dich aus Hansens Reichweite zu locken, das ist wahr. Die Botschaft,
mit der mir das gelang, war trotzdem ernst gemeint. Ich wollte Kiro wirklich
sehen, ihm zeigen, dass es mir gut geht, aber es wurde mir nicht gestattet.
Wenn man unter dem Einzigen dient, hat man keine

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