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Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition)

Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition)

Titel: Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Vogltanz
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Seele sind geringer, man wird für viele Dinge empfänglicher. Zu
diesem Zeitpunkt muss unser Ritual stattfinden. Wenn dies nicht geschieht oder
die rituellen Handlungen aus irgendeinem Grund mangelhaft ausgeführt werden,
werden die momentanen Entwicklungen sich fortsetzen. Jedes Glied, jede Faser in
uns wird nach Gewalt und Verderben schreien. In einem selbstzerstörerischen Akt
wird die Erde schließlich entvölkert werden. Das ist dann das Ende.«
    Mittlerweile
waren wir bei der Treppe angelangt, doch wir machten keine Anstalten, nach oben
zu steigen. Mike wirkte keineswegs erschrocken über das, was er soeben von mir
gehört hatte, ganz im Gegenteil machte er einen überraschend gefassten Eindruck.
    »Keine
Menschen mehr«, sagte er leise. »Wie bei der Sintflut, richtig?«
    Ich
musste zugeben, dass dies ein überaus passender Gedanke war, wenn auch nicht
konsequent zu Ende geführt. »Nein, nicht ganz«, antwortete ich. »Die Sintflut
war eine Auslese. In dieser Neumondnacht jedoch wird die Menschheit nicht
perfektioniert, nicht selektiert. Sie wird ausgerottet.«
    »Und
warum?« Mike stellte mir diese Frage in einem fordernden, leicht vorwurfsvollen
Ton, als hätte ich irgendeine Entscheidungsgewalt. Vielleicht stimmte das
sogar.
    Ich
umklammerte das Buch noch fester. »Weil Hass und Schmerz die Nahrung unserer Rasse
sind«, erwiderte ich ernst. »Weil nichts leben kann, solange wir leben. Vielleicht
ist es die Antwort der Welt auf unser Handeln. Vielleicht werden wir von der
Realität abgestoßen wie Viren von Antikörpern in einem kranken Organismus.«
    »Ist
es dann richtig, sich zur Wehr zu setzen? Uns zu retten? Wer sagt uns, dass wir
nicht den falschen Weg einschlagen?«
    Ich
schüttelte den Kopf. »Niemand«, gestand ich. »Niemand kann uns sagen, dass es
richtig ist. Aber darüber dürfen wir nicht nachdenken. Wenn ich auch nur einen
Moment in Erwägung ziehen würde, dass das, was da oben geschieht, gut ist …
Alles, was ich tue, alles, wofür ich gekämpft habe, was ich geopfert habe«,
meine Hände an dem feuchten Stoff zitterten, die Finger vergruben sich so sehr
in den harten Ledereinband darunter, dass es schmerzte, »habe ich getan, weil
für mich die Rettung der Welt als der einzig richtige Weg gegeben war, das
schwerwiegende Gewicht, das ich gegen all den Schmerz und die Ungerechtigkeit
in die Waagschale werfen konnte. Wenn ich diese Sicherheit nicht hätte, dann …
dann wäre alles … einfach alles …«
    »Ich
verstehe schon«, unterbrach Mike mich, und ich war ihm unendlich dankbar dafür.
»Umsonst. Ist ein mieses Gefühl, nicht wahr?« Er lächelte dünn. »Nun kennst du
es.«
    »Wir
gehen.« Mit einem Ruck wandte ich mich ab und der Treppe zu, die ich förmlich
hinauf flüchtete. Ich war mir nicht sicher, doch ich glaubte, aus den
Augenwinkeln zu erkennen, wie Mikes Grinsen sich noch vertiefte.
    Ich
öffnete die Falltür und streckte den Kopf ins Freie. Sofort schoss ein Paar
Hände auf mich herab, ich wurde an den Hüften gepackt und über den Rand der
Öffnung gehievt. Bereits im nächsten Atemzug stand ich Andreas gegenüber, der
seine Hände auf meiner Taille ruhen ließ, während er mich prüfend musterte.
    »Laura,
Laura.« Er schüttelte den Kopf. »Ich dachte schon, der Overall, den wir für
dich ausgesucht hatten, würde deine Figur beleidigen, aber diese
Landstreicherklamotten schlagen dem Fass den Boden aus. Außerdem bist du völlig
durchnässt. Bevor wir irgendetwas anderes in Angriff nehmen, werden wir dir
etwas heißes Wasser und frische Kleidung besorgen.«
    »Das
kommt überhaupt nicht infrage«, erwiderte ich fest. »Wir werden sofort ans Werk
gehen.«
    Andreas
lächelte und fuhr mir durch das klatschnasse Haar. »Typisch für dich, Mädchen.
Die Welt retten, und das am liebsten vor dem Frühstück. Aber glaub mir, so viel
Zeit haben wir noch. Wir wollen schließlich nicht, dass du die große Stunde im
Fieber verträumst. Denn das, meine Liebe, wäre wahrhaft fatal.« Er wandte sich
nach Mike um, der sich mittlerweile mühsam ächzend aus der Falltür gestemmt
hatte. »Sorge dafür, dass es deiner Herrin an nichts fehlt«, befahl er. »Du
wirst dafür sorgen, dass sie trocken ist und nicht friert. Sobald ihr fertig
seid, bringst du sie zu mir.«
    Mike
verneigte sich so tief, dass ich fürchtete, er würde mit der Nasenspitze den
Fußboden berühren. »Ja, Herr.« Rasch eilte er an meine Seite und bedeutete mir,
ihn zu begleiten, doch ich blieb, wo ich war, und

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