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Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition)

Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition)

Titel: Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Vogltanz
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Sekunde, jeden Funken fremder Energie,
den ich gestohlen hatte. Es war ein unbeschreiblich gutes, berauschendes Gefühl gewesen, und ich wusste, dass ich es wieder tun würde, wenn ich es
angeboten bekam, ganz einfach, weil das Verlangen danach ein Teil von mir war.
Das war der Grund, aus dem ich lebte , wie also sollte ich mich dagegen
sträuben?
    Meine
Hände, die die ganze Zeit über Krybch fest umklammert hatten, pressten
sich noch enger gegen das warme, lebendig wirkende Leder. Ein zufriedenes
Schnurren schien von den Seiten auszugehen, ein Geräusch, das ich mehr fühlte
denn hörte und das mich an einen wilden Berglöwen erinnerte, der sich nach
einer ausgiebigen Mahlzeit genussvoll über die Lefzen leckt. Es liebte den
Schmerz, und es liebte die Macht. In diesem Augenblick hätte ich das verdammte
Ding am liebsten weit von mir geschleudert, doch ich tat es nicht, hielt es
weiterhin fest an mich gedrückt wie ein kleines Kind, das meinen Schutz
brauchte.
    »Wie
fühlst du dich?«, wollte Andreas wissen.
    »Ausgezeichnet«,
murmelte ich tonlos. »Ausgezeichnet.«
    »Gut.«
Befriedigung leuchtete in seinen Augen auf, er strich mir übers Haar wie ein
stolzer Vater. »Sehr gut. Du hattest recht, Laura. Nicht unsere Herkunft ist
es, die uns zu dem macht, was wir sind – sondern einzig und allein unsere
Taten. Und du hast gerade überdeutlich gezeigt, wer du bist.«
    Ich
fühlte mich wie betäubt, als Andreas die Leiche auf dem Boden gleichgültig mit
dem Fuß zur Seite schob und ein weiteres Mal die Tür zum Menschenkäfig öffnete.
    »Auf
ein Neues, mein Kind. Wir haben noch viel vor.«
     
     

Kapitel XI
     
    Er hatte gedacht,
er hätte sich ausreichend auf diese Begegnung vorbereitet. Hatte gedacht, er
könnte sich unter Kontrolle halten, sein Gesicht wahren. Aber er hatte auch nicht
damit gerechnet, dass Eloins Anblick sich wie ein spitzes Messer in seinen Bauch
bohren und sein Innerstes zu Äußerst kehren würde.
    Viele
Jahre waren vergangen, und Eloin war alt geworden, überraschend alt. Aus
irgendeinem Grund, Gott weiß wieso, hatte Hansen nicht damit gerechnet, dass
die Jahre bei Eloin dieselben verheerenden Spuren hinterlassen würden wie bei
ihm. In ihrem kastanienbraunen Haar, das ihr bis zum Gesäß reichte, waren
zahlreiche graue Strähnen aufgetaucht, die sie in nur wenigen Jahren in eine
erhabene, prächtige Schneekönigin verwandelt haben würden. Um ihre Mundwinkel
und ihre unnatürlich gefärbten Augen hatten sich kleine, aber tiefe Fältchen
eingegraben, ihre früher üppigen Lippen waren verwelkt wie Rosenblüten im
Herbst.
    Dass
sie gealtert war, wie Menschen dies nun einmal zu tun pflegen, war die eine
Sache, die Hansen nicht sang- und klanglos schlucken konnte; die andere war,
dass sie trotz dieser deutlichen Anzeichen des Alters nichts von der ihr
eigenen Schönheit eingebüßt hatte. Noch immer besaß Eloin diese ganz spezielle
Art, sich zu bewegen, zu sprechen, ja, selbst wenn sie einfach nur bewegungslos
stand und atmete , war Hansen sofort in ihren Bann gezogen. Kein anderer
Mensch auf diesem Planeten hatte solch einen Effekt auf den Arzt – was nicht
bedeutete, dass er dies als sonderlich angenehm empfand. Ganz im Gegenteil gab
es niemanden, dessen Nähe ihm so durch und durch unangenehm war wie die der
Magierin.
    Nun
stand sie also vor seiner Tür, noch immer mit einer schnurgeraden Haltung, die
jeden Soldaten vor Neid hätte erblassen lassen, in einem langen, dunklen Kleid,
das ihre Körperformen vor ungewollten Blicken züchtig verhüllte. Als sie Hansen
erkannte, lächelte sie – nicht mit den Lippen, sondern mit ihren
ausdrucksstarken Augen.
    Hansen
öffnete den Mund, um sie willkommen zu heißen – und brach unvermittelt in
stumme Tränen aus.
    »Es
ist gut, Johannes«, sagte sie mit wohlklingender Stimme. »Nun ist es gut.«
    Hastig
fuhr Hansen sich mit dem Handrücken über die Augen und setzte ein verkniffenes
Gesicht auf, mit dem er seine Tränen von zuvor wieder wettzumachen versuchte.
Dass Eloin seinen kurzen Gefühlsausbruch mitbekommen hatte, passte ihm gar
nicht. »Sprich nicht mit mir wie mit einem störrischen Kind. Nicht so wie ...
wie damals. Ich bin ein erwachsener Mann, hast du verstanden? Und deshalb werde
ich das Kommando über diese Unternehmung innehaben. Dass du mir das bloß nicht
vergisst!«
    »Nicht
doch.« Ihre Mundwinkel wanderten leicht nach oben, was die Falten in ihrem
Gesicht vertiefte. »Ich mache dir deine Position nicht streitig. Das habe

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