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Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition)

Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition)

Titel: Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Vogltanz
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anzustarren. Er war wirklich ein
Würmchen, gemessen an diesem Duo.
    Menschen
begegneten ihnen auf ihrem Weg nicht – zumindest keine lebenden. Einige Male
spülte ihnen der Regen aufgedunsene Leichen vor die Füße, die Hansen mit aller
Kraft zu übersehen versuchte, ansonsten hätten sie die drei letzten Menschen
auf Erden sein können. Er hoffte inständig, dass sich die übrigen Bewohner der
Stadt nur in ihren Häusern verschanzt hatten und nicht bereits dem Ende der
Welt zum Opfer gefallen waren.
    »Jetzt
ist es nicht mehr weit«, erklärte Eloin stark gestikulierend über das ohrenbetäubende
Rauschen des Regens hinweg und deutete in die schmale Gasse vor ihnen. »Nur
noch ein paar hundert Meter.«
    Hansen
erhaschte einen flüchtigen Blick auf Kiro, der die MONDSCHEINGASSE nicht kennen
konnte, aber trotzdem vor Grauen förmlich erstarrte, als seine Augen auf die
ersten, schäbigen Mauerfronten des Viertels fielen. Für einen Moment war Hansen
sicher, der Junge würde sich weigern, es zu betreten, und ein nicht
unwesentlicher Teil in ihm wünschte sich dies sogar.
    Doch
scheinbar war Kiro stärker als er, denn seine Irritation hielt nur kurz an. Er wechselte
bloß einen unsicheren Blick mit Hansen, bevor er schließlich mit einem
angedeuteten Schulterzucken seiner Mutter folgte. Unwillig schloss auch Hansen
sich seinen Gefährten an, wenn er auch den Abstand zwischen ihnen deutlich verringerte,
um unter gar keinen Umständen den Anschluss zu verlieren.
    Eloin
schien sich von der Ausstrahlung dieses Ortes nicht weiter beeinflussen zu
lassen. Raschen Schrittes, aber nicht laufend, führte sie ihre Gefährten
zielsicher durch die Gassen bis zu einem der verlassenen Häuser am Wegesrand,
das Hansen recht wahllos gewählt erschien. Sie bahnten sich ihren Weg durch
einen verwilderten Vorgarten, der ebenso wie Hansens Grundstück vom
anhaltenden, heftigen Regen unterspült war und sie beinahe knöcheltief im
Schlamm versinken ließ.
    Das
knapp zwei Meter messende Tor war nicht verschlossen, seine Angeln waren
allerdings so eingerostet, dass es mit bloßer Muskelkraft kaum zu öffnen war.
Nachdem Eloin vergeblich daran gezogen hatte, schob Kiro seine Mutter mit
sanftem Nachdruck zur Seite. Funken stoben, als der Junge am Torring zog, und
seine Magie ließ das Tor mit einem erbärmlichen Quietschen aufschwingen. Gemeinsam
betraten Mutter und Sohn die Villa, und nach kurzem Zögern folgte Hansen dem
Duo.
    Mit
einem Knarren fiel die Tür hinter ihm ins Schloss, ein Geräusch, das unnatürlich
laut in seinen Ohren widerklang und dem ein ebenso unnatürliches Schweigen
folgte. Zwar hörte er unverändert das Toben des Windes und das Prasseln des
Regens außerhalb der Mauern, doch all diese Geräusche, an die er sich im Laufe
ihres nächtlichen Ausfluges bereits so gewöhnt hatte, klangen nun hörbar
gedämpft und auf nicht zu beschreibende Art und Weise … falsch. Er
fühlte sich unwohl, und der durchdringende Gestank nach Moder und Fäulnis, der hier
drinnen vorherrschte, trug nicht unbedingt zur Besserung dieses Zustandes bei.
Selbst die Luft, die Hansen einatmete, roch alt , und schon nach wenigen
Sekunden hatte er das Gefühl, jeden Moment ersticken zu müssen.
    Hansen
hatte nie an Klaustrophobie gelitten, doch dies war eine Umgebung, in der es
nicht verkehrt schien, damit anzufangen. Alles hier erschien grau und öde: die
Wände, die wenigen Möbelstücke, die blinden Fenster … Es war eine Farbe, die
einen unangenehmen Druck auf ihn ausübte und ihm beinahe noch schwerer zu
schaffen machte als die abgestandene, sauerstoffarme Luft.
    Eloin
wirkte keineswegs verunsichert. Sie führte die beiden Männer in einen weitläufigen
Saal, der in besseren Zeiten vielleicht einmal als Salon gedient hatte.
Abgesehen von einem mit zerschlissenen Stoff bezogenen Sofa und einem großen
Mahagonitisch, auf dessen Platte eine gut fünf Zentimeter dicke Staubschicht
lag, erspähte Hansen mehrere Bücherregale an der Wand, einige Schränke mit unbekanntem
Inhalt und eine schon vor ewigen Zeiten erkaltete Feuerstelle. Der Boden war
von einem wohl einstmals roten, nun aber eher schwach rosafarbenen
Perserteppich bedeckt, der sich durch das ganze Zimmer zog.
    Wer
auch immer hier einmal gelebt hatte, er war gewiss kein armer Mann gewesen.
    »Schön,
nicht?«, sagte Eloin plötzlich. Als sie Hansens verwirrten Blick bemerkte,
lächelte sie und trat an eines der noch gefüllten Bücherregale heran. Sie
streckte die Hand nach einem der alten

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