Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition)
erschien.
Sie ist mehr als eine Marionette , erkannte
Taoyama. Sie ist geradezu von Ihm besessen.
»Es
ist zu Ende, ihr jämmerlichen Wichte. Macht euch bereit, eurem Schöpfer
gegenüberzutreten.«
Das
Gefühl der finsteren Energie um Taoyama wurde beinahe übermächtig, erdrückte
ihn schier, und er spürte mit überdeutlicher Klarheit, wie etwas Verdorbenes
nach seiner Seele greifen, sie umfassen wollte. Er keuchte auf, wollte sich
gegen den fremden Einfluss stemmen, aber seine Gegenwehr wurde so beiläufig
fortgeschlagen wie die schützend erhobenen Hände eines Kindes. Für Taoyama gab
es keinen Zweifel: Dies war Er , Seine ureigenste, dunkle Essenz,
und dieser Form der Macht hatten sie nicht das Geringste entgegenzusetzen.
Sie
würden sterben – oder etwas weitaus Schlimmeres.
» Fahrt
zur Hölle! «, kreischte Camryn.
Die
Welt um Taoyama herum hielt den Atem an. Seine Empfindungen waren mit einem Mal
gedämpft, als wäre sein Kopf mit Watte gefüllt, seine Finger und Zehen wurden
gefühllos, sogar der pochende Schmerz in seinem verletzten Unterarm war zu
einem fernen, kaum spürbaren Stechen herabgesunken, das mehr und mehr nachließ.
Sein Kopf wurde immer leichter, es war, als würde er emporgezogen, höher und
höher in Richtung Firmament.
Ich schwebe , dachte Taoyama mit einem Anflug
von hysterischer Heiterkeit. Ich schwebe davon.
Und
tatsächlich, sein Geist wurde unerbittlich von seinem Körper losgelöst und in
jenen verzehrenden, magischen Wirbel gezogen, der seinen Ursprung bei Camryn
hatte. Für einen Augenblick sah er von einer erhöhten Position auf seinen
erstarrten Körper herab, sah sein eigenes, schlaffes Gesicht, in denen die
Augen wie fahle Glasmurmeln glänzten.
So fühlt sich das also an, wenn man stirbt ,
stellte Taoyama mit dumpfem Erstaunen fest. Leb wohl, Welt. Leb wohl, Maria.
Wir sehen uns auf der anderen Seite.
Wie
durch einen dichten Schleier nahm Taoyama ein unterdrücktes Poltern wahr, und
in der nächsten Sekunde schnappte seine Seele an ihren angestammten Platz
zurück wie ein überdehntes Gummiband, das urplötzlich losgelassen wurde. Taoyama
keuchte überrascht, als er sich mit einem Knall wieder in seinem Körper mit all
seinen Schmerzen und Empfindungen wiederfand, und wurde von der bloßen Wucht
seiner Sinneseindrücke zu Boden geworfen. Seinen Begleitern ringsum erging es
nicht anders, auch sie sackten japsend in sich zusammen und starrten aus
schreckgeweiteten Augen auf Camryn.
Was
hatte sie davon abgehalten, es zu Ende zu bringen?
Die
unheilvolle Macht, die das Mädchen umgeben hatte, war verschwunden wie
ausgelöscht, Camryn selbst zusammengebrochen. Über ihr ragte, wie ein dunkler
Racheengel, Eloin auf, deren Finger Camryns Kopf umspannten. Aus kalten Augen
starrte sie auf das Mädchen herab, das sich ein letztes Mal gequält krümmte und
dann stilllag.
»Eloin!«,
stieß Taoyama hervor. »Sie? Ich dachte, Sie wären tot! Oder, zumindest ... so
gut wie tot.«
Endlich
löste Eloin ihren Griff um den blonden Schopf des Mädchens und sah auf.
»Sie
sind bei Gott nicht der Erste, von dem ich das heute gehört habe«, erwiderte
sie.
»Aber
– Ihre Wunde!«
»Dolche
schädigen das Fleisch, nicht die Seele«, gab Eloin ruhig zurück. »Und Fleisch
heilt schnell.« Ihr Blick glitt über die übrigen Anwesenden hinweg. »Sie«,
sagte sie zu Freudt, der noch immer sein Gesicht umklammert hielt. »Wer sind
Sie?«
»Er
ist Polizist«, fiel Kiro ein, bevor der Mann antworten konnte. »Zumindest hat
er das behauptet, als er Laura und mich aus der St. Heinrich Klinik entführen
wollte.«
»Ich bin Polizist«, sagte Freudt gepresst, während er langsam seine zitternden
Hände sinken ließ. Rasch sah Taoyama zur Seite, als die blutigen Krater im Gesicht
des Rothaarigen zum Vorschein kamen. »Und ich war Sein Diener, und das für
sehr, sehr lange Zeit. Damals, zu Zeiten des Zirkels, wurde ich in Seinem Auftrag als Spion bei der Polizei eingeschleust, um interne Informationen zu
beschaffen. Auf diese Weise erfuhr ich, dass das Hauptziel der Behörden ein
Mann namens Andreas war, der des vielfachen Mordes angeklagt war. Ich wusste
natürlich, dass er unschuldig war, aber das meinen Kollegen klarzumachen, wäre
ein sinnloses Unterfangen gewesen – und es gehörte auch nicht zu meinen
Aufgaben. Als uns eines Tages die Nachricht ereilte, dass Andreas für tot
befunden wurde, suchten wir noch eine Weile vergeblich nach seiner Leiche, ehe
die Sondereinheit schließlich
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