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Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition)

Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition)

Titel: Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Vogltanz
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lassen.
    Durch
die kunstvoll gemauerten Klangarkaden erkannte ich das lichtlose Firmament,
über das Dunkelheit wallte wie eine giftige Gaswolke, und von Zeit zu Zeit
wurde der volle, riesige Mond sichtbar, der nicht etwa verschwunden war, wie es
der Stand von Erde und Sonne gebieten würde, sondern in einer alles
verschlingenden Finsternis erglühte, die jegliches Licht zu verschlucken schien,
und dadurch sogar gegen den schwarzen Hintergrund der sternenlosen Nacht gut
sichtbar war. Träge hing er in den wirbelnden Wolkenbergen fest, so nahe, wie
ich ihn noch nie zuvor gesehen hatte, und in mir wuchs die irrationale Angst
empor, er könnte jeden Augenblick auf uns herabstürzen und uns unter sich
zerquetschen.
    Mühsam
wandte ich den Blick von der saugenden Schwärze des Himmels ab und betrachtete Krybch ,
das ich fest in beiden Händen hielt, und der Eindruck, ein lebendes, unendlich böses Wesen vor mir zu haben, verstärkte sich. Das schwarze, mit den Jahren steinhart
gewordene Leder schien auf abstoßende Weise zu pulsieren wie das Herz eines
Dämons. Ich war mir beinahe sicher, dass das teuflische Buch sich verändert
hatte, seit ich es das letzte Mal betrachtet hatte, als wäre es tatsächlich
eine lichtscheue Kreatur, die sich nur im Schutze der Nacht regte.
    Dann
war die Stunde der absoluten Finsternis heran.
    Ich
spürte es, noch bevor meine Augen es wahrnehmen konnten. Es war nicht das erste
Mal, dass ich das unruhige Zittern in der Wirklichkeit registrierte, trotzdem
verkrampfte sich mein Inneres schmerzhaft dabei. Ich fühlte, wie mein Geist die
Bewegung nachzuvollziehen versuchte, wie ein Matrose in einem Sturm, der verzweifelt
darum kämpft, sich an der Reling des untergehenden Schiffes festzuklammern, und
dabei jämmerlich ertrinkt. Mein gesamter Körper stellte all seine Tätigkeiten
ein, jedes einzelne Organ gefror, das Blut in meinen Adern stockte.
    Ein
weiterer Schlag traf die Wehrmauern der Realität, und mit einem fast hörbaren
Knall schnappte die Welt wieder zurück in ihre Fugen, ein unwiderruflich
letztes Mal.
    Da
sah ich es. An einem Himmel, der kein Himmel mehr war, sondern eine einzige,
schwarze Fläche, die selbst die Grenze des Horizonts verschlungen hatte, hatte
sich der Erdtrabant endgültig vor die finsteren Wolkenberge geschoben. Aus dem
gigantischen Dämonenmond ergoss sich Dunkelheit über das Land wie zähflüssiges
Pech, drohte die Erde in Finsternis zu ertränken. Die mächtigen Schläge der
Glocke wurden lauter, dröhnten in meinem Kopf schmerzhaft wider, und ich
spürte, dass die Zeit gekommen war.
    Wenn
wir es nun nicht taten, würde es zu spät sein.
    Leise
wispernd, fast unhörbar erhob sich die Stimme Andreas´ neben mir, murmelte die
unheilschwangeren Worte, die uns beide in unsere tiefsten Träume verfolgten.
Auch meine eigenen Lippen hatten sich wie von selbst zu bewegen begonnen, entließen
die fremdartigen Verse, die meine Kehle emporkrochen wie eigenständige,
krallenbewehrte Wesen. Sie flatterten geflügelten Insekten gleich von meinen
Lippen, erzeugten dabei ein tiefes, unendlich böses Summen. Menschliche
Sprechorgane waren nicht geschaffen für die Sprache jener alten, toten Götter,
deren Jünger jene finsteren Flüche auf ewig festgehalten hatten, und sie zu
produzieren, betäubte meinen Mund und ließ meine Zunge zu einem widerlichen,
schweren Klumpen anschwellen.
    Aus
den Augenwinkeln nahm ich wahr, wie Andreas´ Haut Blasen zu schlagen begann,
sein Gesicht verschwamm, eine überhitzte Maske aus Gummi, die von seinen
Knochen zu schmelzen drohte, und ich wusste, dass die Mächte des Universums,
die auf uns aufmerksam geworden waren, sein wahres Ich an die Oberfläche zu
zerren versuchten.
    Auch
ich fühlte, wie meine innersten Gedanken und Gefühle von einer unvorstellbar
starken Hand durchwühlt wurden, und obgleich ich instinktiv versuchte, mich
gegen diese Berührung zur Wehr zu setzen, wurde meine Verteidigung so beiläufig
durchbrochen, wie ein galoppierender Hengst eine Wand aus Papier durchbrechen
würde.
    Die
Laute wurden immer schneller, immer aggressiver, und waren sie zu Anfang nicht
mehr gewesen als ein geflüsterter, monotoner Singsang, so klang jeder einzelne
nun wie ein grollender Schrei, der nur aus Gier und dem Verlangen bestand,
etwas zu vernichten.
    Er
sollte nicht unbeantwortet bleiben.
    In
die wahnsinnige Melodie unserer Rufe mischte sich ein gellender
Schmerzensschrei, der von einem so unvorstellbaren Grauen erfüllt war, dass ich
selbst

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