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Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition)

Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition)

Titel: Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Vogltanz
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schon mehr als genug
Zeit vertan. Hiroshi, Sie gehen voraus und zeigen uns den Weg. Hansen, du nimmst
unseren blinden Freund an der Hand. Eloin und ich werden uns hinter Hiroshi
halten und ihm den Rücken decken.«
    Eloin
nickte bestätigend, und so folgten alle Kiros Befehl und setzten sich gehorsam
in Bewegung.
    In
diesem Moment donnerten in unmittelbarer Nähe einige mächtige Glocken, unter
deren Klang die Erde selbst zu erzittern schien. Sie alle waren von diesem
ehrfurchtgebietenden Signal in der unheimlichen Stille derart gebannt, dass sie
nicht anders konnten, als wie vom Donner gerührt innezuhalten.
    »Das
Jüngste Gericht«, hauchte Freudt ergriffen.
    »Das
sollen aber Posaunen sein«, murmelte Hansen.
    »Wir
kehren um.«
    Fassungslos
starrte Taoyama Eloin an, deren Stimme keinen Widerspruch duldete.
    »Was
soll das heißen, wir kehren um? Wir sind doch schon fast am Haus mit dem roten
Schindeldach! In ein paar Metern sind wir am Ziel!«, protestierte der Japaner.
    Eloin
schüttelte entschieden den Kopf. »Das ist nicht unser Ziel. Wir müssen zum
alten Glockenturm am Rande der Stadt. Das Signal hat seit vielen Jahren geschwiegen,
und es gibt nur einen einzigen Menschen auf der Welt, der es nun ertönen lassen
könnte. Ich verstehe die Stimme der Glocke ebenso deutlich wie die eure, und
sie sagt: ›Mortius voco.‹«
    Hansen
runzelte die Stirn. »Die Toten ruf´ ich?«
    Eloin
nickte. »Sie ruft nach uns .«
     
     

Kapitel XIII
     
    Die dröhnend-donnernde
Stimme des Sturmes hatte jener der Glocke Platz gemacht, die ebenso gewaltig
ihren Ruf verkündete. Als ich sie das erste Mal zu Gesicht bekommen hatte,
hatte ich mich gefragt, wie sie wohl klingen mochte, und nun wusste ich es: wie
die Stimme des Himmels, die uns jämmerliche Sterbliche nach oben berief.
    »Wer
schlägt die Glocke?«, hatte ich Andreas gefragt, als wir unter heftigem Geläut
den Turm erstiegen hatten, und er hatte lakonisch geantwortet: »Ich.«
    Nun
standen wir im Glockenstuhl, zwei vor Energie überquellende Magier, und hielten
uns an den Händen wie Kinder, die Ringelreihe spielten. Auf einer tiefen Ebene
meines Bewusstseins hatte ich damit gerechnet, dass sich all Seine Diener um uns versammeln würden, um diesem finalen Spektakel beizuwohnen, doch
stattdessen waren wir mit den Opfern an die drei Sphären allein.
    Ich
ließ meinen Blick über die Verdammten schweifen und erkannte die dunkelhaarige
Frau mit den südländischen Gesichtszügen, die, in tiefe Trance versunken, an
uns vorbei in die Tiefe starrte.
    Neben
ihr machte ich eine zweite bekannte Gestalt aus; ein schwarzer Vogel hatte den
Kopf unter dem Flügel verborgen, zitternd dem Ende harrend, das er überdeutlich
nahen sah. Auch ohne ihm in die Augen zu sehen, spürte ich, dass es sich um
Mike handelte, der seinem Herrn einen letzten, großen Dienst erweisen würde.
Das hatte Andreas also mit den Worten gemeint, ich würde die Gelegenheit
erhalten, mich von dem jungen Mann zu verabschieden.
    Schmerzhaft
kamen mir Mikes Worte wieder in den Sinn: Ich rechne nicht damit, das hier
zu überstehen, ich hoffe nur, dass die Menschheit es übersteht. Vielleicht
hatte er nicht zweifelsfrei gewusst, dass er für diesen Zweck auserwählt worden
war, aber in jedem Fall hatte er es geahnt – und er hatte es akzeptiert, so wie
jeder den Tod akzeptieren würde, wenn sein Leben gegen das von Milliarden in
die Waagschale geworfen wurde.
    Das
letzte der drei Opfer war mir ebenfalls nicht unbekannt, obgleich die Erinnerung
an jenes Gesicht zu einem anderen Leben zu gehören schien. Es handelte sich um
ein junges, platinblond gefärbtes Mädchen, eine jener Hyänen, die mich auf dem Abschlussball
verspottet hatten. Ihren Namen hatte sie mir nie verraten, aber ich erinnerte
mich noch sehr genau an ihre Worte.
    Was dachtest du denn? Dass wir zur Feier des Tages dem hässlichen
Entlein ein paar Brotkrumen zuwerfen?
    So
änderten sich die Dinge, dachte ich wehmütig. Dieses Mal war ich diejenige, die
ihr keine Gnade erweisen würde, ehe ich sie erbarmungslos vernichtete.
    Drei
Opfer, drei Sphären. Ich kannte die Regeln. Die Geister der Erde verlangten ein
tierisches Opfer, die des Himmels ein menschliches und die des Äthers ein
magisches. Zugegeben, Andreas hatte geschummelt, indem er Mike in seiner
tierischen Gestalt der Erde anpries, doch für das Universum machte das keinen
Unterschied. Es würde satt werden, so oder so – und dann würde es uns öffnen
und in seine Geschicke eingreifen

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