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Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition)

Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition)

Titel: Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Vogltanz
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Narren.«
    Kiros
Gesicht verdunkelte sich vor Zorn. »Ein Leben, das Sie gegen das anderer
eingetauscht haben?«, fragte er böse.
    »Ist
es das, was du denkst?«, fragte Hansen kalt. In seinem Gesicht war nicht die
geringste Regung zu erkennen. »Du glaubst, ich würde andere opfern, um meine
eigene Haut zu retten?«
    »Das
haben Sie gesagt, nicht ich«, erwiderte Kiro. »Stimmt es denn?«
    Hansen
fuhr mit einem Ruck auf. »Was willst du von mir?«, zischte er wütend. »Dass ich
mich mit euch zusammen in den sichereren Tod stürze? Zum jetzigen Zeitpunkt etwas
zu unternehmen, wäre glatter Selbstmord, warum willst du das nicht begreifen?«
    »Und
wenn schon!«, schrie Kiro aufgebracht und richtete sich ebenfalls so ruckartig
auf, dass sein Stuhl kippte. »Es wäre mir gleich, und Ihnen sollte es auch
gleich sein! Lieber kämpfe ich eine aussichtslose Schlacht mit meinen Freunden,
anstatt zuzusehen, wie sie nacheinander im Krieg fallen!«
    »Und
wozu?«, kam die ebenfalls geschriene Antwort. »Um die letzte Chance, noch mehr
Leid zu verhindern, sinnlos zu verspielen, aufgrund irgendwelcher banaler
Empfindungen einem einzigen Menschen gegenüber, für den du ohnehin nichts mehr
tun kannst?«
    Kiro
ballte in einer ebenso wütenden wie hilflosen Geste die Hände zu Fäusten,
öffnete den Mund, wie um noch etwas zu sagen, schüttelte stattdessen bloß fassungslos
den Kopf und fuhr auf dem Absatz herum, um wie von Furien gehetzt aus dem Raum
zu stürmen.
    »Er
ist ein Narr«, murmelte Hansen wie im Selbstgespräch. »Dieser Idiot wird sich
noch selbst mit seiner Dummheit umbringen, wenn man ihn nicht vor sich selbst
schützt.«
    Ich
hörte gar nicht näher hin, mit welchen Ausreden Hansen versuchte, sein Gewissen
zu beruhigen, sondern wandte mich ebenfalls um und folgte Kiro. Es war besser,
ihn in seinem momentanen Zustand nicht zu lange alleine zu lassen, obgleich ich
ihm einen Moment der Ruhe wie nichts anderes auf der Welt gegönnt hätte.
    Ich
fand Kiro vor dem Fenster des kleinen, spartanisch eingerichteten Gästezimmers,
das ich zugeteilt bekommen hatte. Er sah weder auf, als ich den Raum betrat und
die Tür hinter mir ins Schloss zog, noch als ich mit zögernden Schritten auf
ihn zu- und schließlich knapp hinter ihn trat. Sein Blick war starr in die
Ferne gerichtet, und was immer er dort sehen mochte, es war mit Sicherheit
nicht Hansens pedantisch gepflegter Vorgarten.
    »Ich
hasse ihn, Laura«, sagte Kiro plötzlich. Es klang beinahe erschrocken. »Ich
weiß, dass ich es nicht tun sollte, aber ich hasse ihn.«
    Ich
antwortete nicht, doch das erwartete Kiro auch gar nicht von mir. Er brauchte
einfach jemanden, um zu reden, jemanden, dem er seine Gefühle und Gedanken
anvertrauen konnte, um nicht an den Worten, die sich in ihm aufgestaut hatten,
zu ersticken.
    »Laura,
ich … ich halte das nicht mehr lange aus«, murmelte er. »Zuerst reißt mich ein
Haufen Verrückter, deren Identität ich nicht einmal im Ansatz kenne,
warnungslos aus meinem Leben und nimmt mir alles weg, was mir etwas bedeutet,
und dann stößt Hansen mich auch noch zwischen die Fronten irgendeines fremden
Krieges und verlangt von mir, den einzigen Menschen, der mir noch geblieben ist,
zu opfern, einfach nur, weil es in seinen Augen und in Anbetracht seiner
Schlachtpläne vernünftig erscheint.«
    Ich
hob die Hand, wie um sie Kiro beruhigend auf die Schulter zu legen, hielt dann
aber Zentimeter, bevor wir uns wirklich berührten, inne. Das fremde Etwas, das
von meinem Geist Besitz ergriffen hatte, sträubte sich mit aller Macht dagegen,
dem jungen Mann zu nahe zu kommen, schien an mir zu zerren und zu ziehen wie
von Sinnen, brüllte mir mit überschnappender Stimme Warnungen zu – doch meine
Gefühle für Kiro, die sich seit unserer ersten schicksalhaften Begegnung in
meine Seele gepflanzt hatten, waren stärker. Mit einer bewussten Anstrengung
verdrängte ich das Wühlen der Angst in meinen Eingeweiden und führte die angefangene
Bewegung zu Ende.
    Es
war, als hätte ich direkt in einen Stromkreis gegriffen. Ich wusste nicht, was
es war, das meinen Körper in dieser einen Hundertstelsekunde durchzuckte, ob es
sich um magische Kraft oder einfach die Explosion geballter Furcht handelte,
und es war auch viel zu schnell vorbei, als dass ich mehr als einen flüchtigen
Eindruck davon hätte gewinnen können. In jedem Fall war der Eindruck unendlich
stark, und es kostete mich alle Mühe, die Finger nicht einfach wieder mit einem
Ruck

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