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Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition)

Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition)

Titel: Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Vogltanz
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lag. Noch immer war Taoyamas Gestalt unter einer
Familienpackung Mullbinden verborgen, hauptsächlich aus dem Grund, weil Maria
darauf bestand, dass er seine Wunden weiterhin verband. In Wahrheit waren die
Spuren des Vogelangriffs beinahe verschwunden, nur manchmal, wenn er aus einem
unruhigen Schlaf erwachte, spürte er noch ein unangenehmes Ziehen und Reißen in
der Magengegend. Ja, es war knapp gewesen, viel zu knapp, und wenn Viktor
Brandt nicht rechtzeitig eingegriffen hätte, würde er nun nicht hier stehen.
Aber das Leben war zu kurz, um darüber im Konjunktiv nachzudenken. Er lebte,
das war alles, was zählte.
    Er küsste Marias
Nacken, und sie schauderte.
    »Bleib nur
diese Nacht«, bat sie. »Danach kannst du gehen, wohin du willst. Ich werde dich
nicht aufhalten, sondern dir wie ein braves Frauchen Glück für die Schlacht
wünschen. Versprochen.«
    »Diese Nacht«,
wiederholte er leise.
    Erneut küsste
er sie, diesmal auf den Mund, sanft und zärtlich. Sie wurde weich wie Wachs in
seinen Händen, schmolz geradezu dahin, und ihre kirschroten, vollen Lippen
lächelten verheißungsvoll. Mit langsamen, bedächtigen Bewegungen, als würden
sie eine heilige Handlung vollziehen, entledigten sie sich ihrer Kleider, um
danach unter die warme Decke zu tauchen, aneinander geschmiegt, den Duft des
anderen in sich aufsaugend. Vorsichtig, als würde er einen uralten Schatz in
Händen halten, fuhr Taoyama die Konturen ihres Körpers nach, folgte mit seinen
Fingern den Rundungen ihres Halses, ihres Schlüsselbeins, ihrer Brüste, ihrer
Hüften. Maria schnurrte sanft wie eine Katze, umfasste ihn mit langen, schlanken
Beinen.
    Draußen vor dem
Fenster erhob sich der melodische Gesang einer Nachtigall, die die Schönheit
des Abends besang. Der Mond war nicht mehr als eine schmale Sichel, als hätte
das Auge der Nacht sich wohlwollend geschlossen, den beiden Liebenden diesen
kostbaren Moment der Zweisamkeit gönnend.
    Der Himmel
senkte sich herab, und mit ihm der  Mond. Die Sterne verblassten, begannen sich
im grauen Dämmerlicht aufzulösen. Träge erhob sich die Sonne, warf einen
verschlafenen Blick über das Land zu ihren Füßen.
    »Es ist Zeit.«
    Ineinander
verschlungen lagen Taoyama und Maria unter der Decke, die bloßen Körper
aneinander gepresst, den Atem des jeweils anderen spürend. Als Taoyamas Stimme
erklang, zuckte Maria merklich zusammen. Wahrscheinlich war sie für einen
Moment eingenickt.
    »Schon?«,
fragte sie bedauernd.
    »Der Morgen
bricht an. Ich müsste schon längst auf dem Weg sein. Viktor wird wütend sein.«
    Er machte
Anstalten, das Bett zu verlassen, doch Maria hielt ihn fest, und vollkommen
unerwartet breitete sich ein Schmunzeln auf ihren Lippen aus.
    »Du musst noch
nicht gehen, Liebster. Es war die Nachtigall und nicht die Lärche .«
    Bei diesen Worten
durchfuhr Taoyama ein banges Schaudern. »Liebes, mit solchen Zitaten weckst du
keine positiven Assoziationen in mir.«
    Betroffenheit
breitete sich auf Marias Gesicht aus. »O, du hast recht. Entschuldige.«
    »Ist schon in
Ordnung.« Er küsste sie sacht. » Denn wahre Schönheit sah ich erst heut Nacht .«
    »Angeber«,
scherzte sie.
    »Nur ein
aufmerksamer Schüler.« Er erhob sich vom Bett und raffte seine Kleider
zusammen. Marias Blick hing dabei unverrückbar an seinem Rücken.
    »Liebes? Musst
du mich so anstarren?«
    »Nein, aber ich
tue es gerne. Außerdem muss ich mir deinen Anblick einprägen, für den Fall,
dass du nicht in einem Stück wiederkommen solltest.«
    »Ha
ha«, machte Taoyama trocken.
    Er hatte sich
nun vollends angezogen und wandte sich bereits zur Tür.
    »Gibt es keinen
Abschiedskuss?«, rief Maria ihn empört zurück.
    Er seufzte
schwer, wollte wütend werden oder ungeduldig, aber keines von beidem gelang
ihm. Stattdessen ging er zu ihr zurück, umarmte sie und küsste sie auf das
schwarze, seidige Haar. »Wir müssen uns nicht verabschieden, als würden wir uns
niemals wiedersehen«, sagte er ernst. »Ich werde nicht einmal eine Stunde weg
sein.«
    »Ich weiß«,
antwortete sie mit einem schmerzlichen Lächeln. »Ich weiß.«
    Und dann
verließ er die Wohnung und ließ Maria allein zurück, die noch lange, nachdem er
gegangen war, die geschlossene Tür anstarrte.
     
    »Sie wollten mich sprechen,
Viktor?«
    Brandt hob
nicht den Kopf, als Taoyama die Tür zu seiner Wohnung öffnete. Warum der Mann
noch immer nicht absperrte, war Taoyama ein Rätsel, doch offensichtlich war er
der Meinung, dass ihre Feinde sich

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