Luna, Seelengefährtin - mein Hund, das Leben und der Sinn des Seins

dir die Hundehaltung von deinen Vermietern untersagt.« Dass sie recht hatten, erfuhr ich sieben Jahre später, als ich mit Johannes zusammenziehen wollte. Ein Hund war für viele Vermieter ein Immobilienwertminderer, Parkettzerkratzer, Beller, Gartenumwühler, Postbotenzerfleischer, Zaunüberspringer, Holzzerbeißer, Teppichzerstörer, Angstmacher. Zum Glück nicht für alle. »Ein Leben ohne Hund ist möglich, aber sinnlos«, zitierte unsere Vermieterin leicht abgewandelt Loriot.
    »Gleich sind wir daheim«, sagte ich zu dem Hundebaby auf meinem Schoß. Es wachte auf und schaute interessiert aus dem Fenster, wo wenig zu sehen war, es dämmerte bereits. Wie ein großes Stück Schokolade lag unser gemeinsames Leben vor uns. Gerade mal eine stecknadelkopfgroße Stelle der Verpackung war aufgerissen. Ich hatte keine Ahnung, wie die Schokolade schmecken würde. Süß oder bitter, mit Nüssen, Mandeln oder Rosinen? Wie würde mein Alltag als Hundebesitzerin aussehen? Hatte ich die richtige Wahl getroffen, indem ich keine Wahl gehabt hatte? War diese Luna der richtige Hund für mich? Noch war ich unsicher. Doch bald schon erkannte ich, dass es keinen besseren Hund für mich gab als einen Labrador oder einen mit hohem Labradoranteil. So genau ist das bei Luna nicht festzustellen. Im Laufe der Jahre hörte ich oft, für einen Labrador sei Lunas Schnauze zu lang. Und die Ohren auch. Umso besser. Mehr zum Um-die-Finger- Wickeln! Oder war sie vielleicht ein Field Trial Labrador, die zierlichere Züchtung? Alles egal, Hauptsache Luna, wie sie leibt und lebt. Mit einem Hund aus Lillys Bauch, italienischer Jagdhund, wäre ich in meiner Wohnlage im wildreichen Gebiet nicht froh geworden.
    »Sag ich doch«, sagte Natalie. »Der Hund hat sich dich ausgesucht.«

Die Guillotine
    L una ist so alt wie die Tochter meines Freundes Peter. Paula kommt nun allmählich in die Pubertät. Eine Phase, die den Abschied von der Kindheit einleitet. Am Ende steht, wenn alles klappt, der glückliche Auszug und der Einzug in das eigene Leben. Mit einem Hund als Kind light erspart man sich die Pubertät, die bei manchen nicht nur stürmisch, sondern katastrophal verläuft. Ein Kind light beschimpft die Eltern nicht, nimmt keine Drogen, wird nicht dick oder hört nicht auf zu essen, kommt nicht in schlechte Kreise. Auch im »schwierigen« Alter läuft alles wie gewöhnlich, wenn dieses Alter überhaupt erreicht wird. Eine Pubertät gibt es bei Hunden auch, aber viel früher, um das erste Lebensjahr herum, und sie ist schnell durchgestanden. So ein Hundeleben ist überhaupt recht schnell durch. Manchmal denke ich, womöglich zählt einer meiner Tage in Lunas Kalender drei Tage. Wenn man zwischendurch immer mal wieder schläft, wacht man vielleicht jedes Mal in einen neuen Tag auf.
    Paula spielt Ball mit Luna. Sie ist einen Monat und drei Tage jünger als Luna und steht an der Schwelle zu ihrem eigenen Leben. Für Luna wird das Leben bald zu Ende sein. Für Paula die Kindheit – und ihre Eltern werden in den nächsten Jahren loslassen lernen. Und ich auch, unabhängig davon, ob das undefinierbare Gebilde in Lunas Bauch Krebs ist oder nicht. Es ist unanständig, Kinder und Hunde zu vergleichen. Pfui, aus!
    Aber wenn ich den Hund doch so lieb habe!
    Ein Tier ist kein Mensch.
    Wirklich, sehr, sehr lieb.
    Dann stimmt was nicht mit dir.
    Von mir aus. Egal. Luna for President.
    Wir hätten nichts von dem Ding in ihrem Bauch erfahren, wenn sie nicht von der Schlange – wahrscheinlich eine Kreuzotter –, vielleicht aber auch von einem Exoten, den irgendein Reptilienfreund ausgesetzt hatte, gebissen worden wäre. Beim Ultraschall in der Tierklinik fiel es auf, zirka zwei Zentimeter Durchmesser. »Wenn der Hund den Schlangenbiss überlebt, sollten Sie das kontrollieren lassen. Wir wissen nicht, ob es ein Relikt dieses Schlangenbisses ist oder eine andere Erkrankung, die schon vorher bestand.«
    Als ich zwei Wochen nach dem Schlangenbiss mit einer schon ziemlich fitten, nüchternen Luna morgens um acht bei der Tierärztin zur Kontrolle erschien, war das der letzte lästige Termin, um die Akte Schlangenbiss zu schließen. Das würden wir jetzt noch abhaken und dann zum Alltag übergehen, dem sich Luna täglich annäherte. Morgens joggten wir bereits wieder. Schwimmen waren wir ebenfalls schon einige Male gewesen, wenn auch nicht so lang wie vor dem Biss, gerade mal zehn Minuten.
    Luna musste sich sehr überwinden, mir in die Tierarztpraxis zu folgen. Hier hatte