Luna, Seelengefährtin - mein Hund, das Leben und der Sinn des Seins
gesagt werden muss und kann. Und dann geht es ans Eingemachte. Eine Stunde Gassi entspricht einer Stunde Psychotherapie. Da wird nicht nur der Kopf, sondern auch das Herz ausgeschüttet, und es ist schon erstaunlich, was zum Vorschein kommen kann. Vielleicht haben die Hunde gar keine Lust, über Stock und Stein querfeldein zu rennen, ihre Zungen schleifen über den Acker, aber die Herzen von Herrchen und Frauchen sind noch nicht rein, sie müssen weiterspielen und toben, bis sie ihre Herrchen und Frauchen in einem Zustand spüren, den sie verantworten können. So kehren sie zurück, bleiben nun in der Nähe, und wir stellen fest: »Ich glaube, sie sind jetzt müde.«
Als Luna in mein Leben einzog, war ich, und das kommt erschwerend hinzu, in einem Alter, in dem ich mir die Kinder frage allmählich abschließend hätte überlegen sollen. Ich selbs t hatte sie mir bereits überlegt, reiflich. Was andere, die mich von außen sahen, ja nicht wussten. Dafür wussten sie aber, dass der Welpe ein Babyersatz war und der spätere Hund ein Kinderersatz.
Auch Johannes – unsere Freundschaft hatte sich in Liebe gewandelt – hatte sich die Kinderfrage reiflich überlegt. Wir waren aufgrund bestimmter Geschehnisse, die ich auch meiner Ghostwriterin nicht anvertrauen würde, zu einem Ergebnis gekommen. Dies hatte überhaupt nichts damit zu tun, dass ich und schließlich wir einen Hund wollten. Glaubten wir, andere nicht. Die Erste, die mich darauf hinwies, war eine Nachbarin, die nach mehreren Dutzend gescheiterter Beziehungen eine Gesprächstherapie begonnen hatte und mich wissen ließ: »Also mein Therapeut sagt, wenn man egoistisch ist, soll man sich lieber einen Hund halten als ein Kind, da kann man nicht so viel kaputtmachen.« Diesen Tipp nahm ich gerne auf in das Buch, an dem ich seinerzeit schrieb: Goodbye Baby, glücklich ohne Kinder. Was mir mit zunehmender Erfahrung als Hundehalterin wahrscheinlicher erscheint als glücklich ohne Hund. Denn ein Hund bleibt irgendwie immer ein Kleinkind. Der Mensch wächst, und da hat die Volksweisheit recht: »Kleine Kinder, kleine Sorgen, große Kinder, große Sorgen.«
Aber natürlich überlegte ich mir das alles nicht. Alles, was ich wollte, war ein Hund! Und das wurde nun zum Problem.
Zwölf lackschwarze Labradors
D ie Zeit wurde allmählich knapp. Johannes, noch immer ein Neuzugang in meinem Leben, hatte sich extra freigenommen, um den vierbeinigen Neuzugang mit mir einzugewöhnen. Aber es war kein Hund in Sicht, soviel ich auch herumtelefonierte. Dienstagmittag rief mich eine Frau an; irgendjemand hatte ihr von mir erzählt, und fragte, ob ich einen Wurf von zwölf lackschwarzen Labradors sehen wollte.
Labrador? Bis zu dieser Rasse hatte ich mich noch nicht vorgelesen. Ich überlegte, ob es Labradore heißen müsste.
»Das sind ganz tolle Hunde. Die kommen gerade in Mode«, erklärte sie mir, als wäre das eine Auszeichnung.
»Mode ist mir egal«, erklärte ich, was mich eher ab schreckte. Ich hatte noch keine Ahnung, dass es Menschen gibt, die sich auch beim Hund nach dem Trend orientieren.
»Ein Labrador ist leicht zu erziehen, extrem kinderlieb, absolut aggressionsfrei, umgänglich, freundlich, immer gut gelaunt, es ist ein Apportierhund, und er schwimmt für sein Leben gern.«
»Schwarz, sagten Sie?«, fragte ich. Blitz, der schwarze Hengst, tauchte vor meinem inneren Auge auf. Es gab näm lich noch einen Kindheitstraum in meinem Leben. Den schwarzen Hengst. Mit dem hatte ich allerdings abgeschlossen. Ein Pferd war nicht kompatibel mit meinem Alltag. Aber ein schwarzer Hund! Die Nachkommen von Lilly wären vermutlich schwarz-weiß-braun gefleckt zur Welt gekommen.
»Lackschwarz«, bestätigte die Frau.
Fünf Minuten später rief ich Johannes an und fragte ihn, ob er Lust hätte, am Nachmittag einen Ausflug zu unternehmen. Auf der Fahrt plagten mich Zweifel. Zwölf Stück! Wie sollte ich herausbekommen, ob der Richtige darunter ist!
»Du musst ja keinen nehmen«, meinte Johannes.
»Doch, muss ich! Ich habe doch sonst nichts im Angebot. Und wenn ich noch länger warte, wird es schwierig. Jetzt habe ich Zeit. In drei Wochen kann ich den Hund nicht mehr so gut eingewöhnen, dann startet ein neues Projekt. Da brauche ich einen freien Kopf.«
»Ich habe schon öfter gehört, dass man spürt, welcher Hund der richtige ist«, erwiderte Johannes. »Vielleicht läuft einer auf dich zu, und der ist es dann.«
»Hoffentlich«, seufzte ich.
Die Adresse stellte sich als
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