Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 06 - Der Tröster
in Schwung halten, wie die Krankengymnasten und Chiropraktiker sagen.«
»Und, tust du das?«
»Ich versuche es.«
»Sollten wir zur Abwechslung Erika Ljung dieses Mal zu Dunåker schicken?«
»Warum nicht Peter Berg?«, schlug Claesson vor. »Was ist dieser Dunåker denn für ein Typ?«
»Groß, stark, typischer Schwede. Wortkarg. Sieht gut aus. Keine Kontakte zu Kriminellen, das habe ich überprüft.«
»Verschweigt er was?«
»Ich glaube schon. Vielleicht sollten wir Peter und Erika zu ihm schicken? Weil das mehr Eindruck macht.«
»Klar«, meinte Claesson, aber er klang, als sei er mit seinen Gedanken woanders.
Ihr fiel auf, dass er auf die Tüte starrte, die schräg hinter ihr auf dem Boden stand, nur um nicht über das sprechen zu müssen, was ihm ganz offensichtlich auf den Nägeln brannte.
»Was ist eigentlich da drin?«
Sie drehte sich nach der Plastiktüte aus dem Baumarkt um. Wäre es eine Tüte aus Bians Boutique gewesen, hätte Claesson wohl kaum gefragt.
»Alles Mögliche«, antwortete sie ausweichend und wurde bis über beide Ohren rot.
Es reichte, dass sie an das karierte Hemd, die lieben Augen und die Freundlichkeit, mit der er ihre gar nicht mal so schweren Tüten zum Auto getragen hatte, dachte. Dann waren sie sich sofort einig gewesen, dass es eine gute Idee sein könnte, im Holzlager Bretter anzuschauen. Er hatte mit ihr reden wollen, ohne dass sein Kollege zuhörte. Zwischen den Bretterstapeln hatte er sie gefragt, ob er zu ihr nach Hause kommen und ihr helfen könne. Dabei hatte er gelacht, als hätte er andeuten wollen, er sei natürlich davon überzeugt, dass sie ausgezeichnet mit Schraubenzieher und Bohrmaschine umgehen könne. Das hatte er dann auch gesagt, ohne überlegen zu klingen.
Darauf hatte sie entgegnet, dass sie ihn ebenfalls gerne treffen würde, auch ohne Hammer und Nägel.
Heute Abend würde sie ihn bereits sehen. Sie hatte sich bereits Gedanken gemacht, wie sie ihre Wohnung verlassen könnte, ohne einem Kreuzverhör ihrer Töchter ausgesetzt zu sein.
Der Mann, der wie eine Bombe eingeschlagen hatte, hieß Kenneth. Vielleicht war es angezeigt, auf die innere, mahnende Stimme zu lauschen und sich etwas zu mäßigen, obwohl sie dazu nicht die geringste Lust verspürte.
»Rechne damit, dass nichts daraus wird«, sagte diese Stimme drohend. »Es beißt nur selten einer sofort an, denk daran! Bau jetzt keine Luftschlösser. Sei nicht so euphorisch. Rechne mit Rückschlägen.«
Dann stand plötzlich Peter Berg mit einem Blatt Papier in der Tür. Er trug einen neuen Pullover. Früher hatte er immer vollkommen nichtssagende Sachen getragen, aber seit er mit Nicko zusammengezogen war, hatte er einen eigenen Stil entwickelt. Einen schickeren Haarschnitt hatte er auch. Moderner, maskuliner.
»Erikssons hatten keine Gütertrennung«, sagte Peter Berg und tippte mit dem Zeigefinger auf das Papier.
Er sah, dass es keinen freien Platz gab, holte einen Stuhl vom Gang, setzte sich und begann, in seinen Notizen zu blättern.
»Der alte Drott hat seinem einzigen Kind, Charlotte also, seinen gesamten Besitz hinterlassen. Auch die Firma.«
»Er vertraute seinem Schwiegersohn also nicht«, meinte Claesson.
»Oder mochte ihn nicht so recht. Diese alten Füchse denken nicht so wie Normalsterbliche. In den großen Firmen stellen Geld, Familienzugehörigkeit, der Klan, den Antrieb dar.«
»Das musst du mir näher erklären«, meinte Louise und fuhr sich mit den Händen durchs Haar.
Sie hatte sich rotbraune Strähnchen färben lassen. Der neue Haarschnitt machte sie jünger.
»Ein Testament, das alleiniges Eigentum verfügt, zielt darauf ab, dass der Erbe im Falle einer Scheidung sein gesamtes Erbe behält und nicht mit dem Partner teilen muss. Recht clever eigentlich«, meinte Peter Berg.
»Daran sollten eigentlich alle denken. Besonders wenn man ein Sommerhaus oder eine andere Immobilie besitzt, die man vererben will«, meinte Claesson, »damit so was bei einer Vermögensteilung nicht an die Angeheirateten verschwindet. Beim Teilen geht es dann hart auf hart. Dann spielt es keine Rolle mehr, wo der Besitz herkommt. Vernunft und Anstand geraten aus dem Blick, wenn es ums Geld geht.«
»Aber was hat das für Harald Eriksson für praktische Konsequenzen?«, wollte Louise wissen.
»Im Falle einer Scheidung wäre Charlotte Eriksson alleinige Eigentümerin der Drott Engineering AB geworden. Harald ist als Geschäftsführer nur angestellt und wird als solcher entlohnt. Aber das hat
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