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Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 06 - Der Tröster

Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 06 - Der Tröster

Titel: Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 06 - Der Tröster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Wahlberg
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hatten sie ihre Firma verkauft und waren in die südliche Wärme ausgewandert.
    Die Großmutter der jungen Frau ergriff das Wort. Ihre Enkelin habe den Artikel über das Findelkind gelesen, als sie über Weihnachten nach Hause gekommen sei.
    Der Artikel hat also seinen Zweck erfüllt, dachten Claesson und Louise und sahen sich an. Der Kassenbon hingegen hatte nichts gebracht.
    »Ich hatte ja schon zuvor von dem Findelkind gelesen«, sagte die Großmutter, »aber ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass die Mutter … Josefine sein könnte. Dann sah ich einen weiteren Artikel über das kleine Mädchen, in dem stand, dass weiter nach der Mutter gesucht wurde. Darin stand zwar, dem Mädchen gehe es gut, man sei aber immer noch sehr interessiert daran, mit der Mutter in Kontakt zu treten. Ich erzählte Josefine davon … dass das doch traurig sei mit dem Findelkind, und dann …«
    letzt weinte die Großmutter ebenfalls.
    »Ja, so war das dann«, fuhr sie fort.
    Josefines Haltung war abweisend, aber auch wehrlos. Die Großmutter schien sich dafür zu schämen, dass ihre Tochter nach Spanien gezogen war, um in der Sonne zu liegen, und ihre Enkelin im Stich gelassen hatte.
    »Waren Sie über Weihnachten allein?«
    Claesson wandte sich demonstrativ an Josefine und hoffte, dass diese mittlerweile so gefasst war, um eine Frage beantworten zu können. Die Großmutter brachte er mit einem Blick zum Schweigen.
    »Wir sind drei Geschwister, ich bin die Jüngste«, schluchzte Josefine. »Es hieß erst, dass wir über Weihnachten zu Mama und Papa fliegen würden, aber dann hatte ich so viel an der Uni zu tun, und wir einigten uns darauf, dass ich bis zum Sommer mit der Reise warten würde. Ich war also über Weihnachten bei meiner Großmutter.«
    Die Eltern hatten sie demnach die letzten schweren Monate vor der Geburt nicht zu Gesicht bekommen. Fraglich war natürlich, ob ihnen überhaupt aufgefallen wäre, was los war.
    Die Großmutter wirkte jedoch integer. Sie hatte ihrer Enkelin einen Arm um die mageren Schultern gelegt. Beide weinten, Josefine am heftigsten.
    Josefine war bleich und hatte dunkle Ringe um die Augen. Ihr glattes, in der Mitte gescheiteltes Haar war schwarz gefärbt.
    Sie war nicht sonderlich gut aussehend, irgendwie wirkte sie mager, besaß keine Rundungen, aber ihre Bewegungen und ihre Ausdrucksweise verrieten eine altersadäquate Reife. Und sie wusste, wie man Blicke einsetzte. Ihre Augen, die traurig und dunkelblau dreinblickten, fielen als Erstes auf. Der Mund war klein, die Lippen schmal und gerade.
    Bei vielen Männern erwacht beim Anblick solcher Frauen der Beschützerinstinkt, überlegte sich Claesson. Ihm war es jedoch vollkommen rätselhaft, wie jemand, der nur aus Haut und Knochen bestand, ein Kind hatte austragen können.
    Sie trug eine eng anliegende schwarze Jeans und ein enges rotes Shirt mit langen Ärmeln sowie ein schwarzes Halstuch mit weißen Punkten. Claesson hatte das Gefühl, dass es sich um modische Kleidung der angesagten Marken handelte, die ihm jedoch gänzlich unbekannt waren. Ihre Ohrringe waren vermutlich aus Weißgold und nicht aus Silber. Unter dem Halstuch war stellenweise eine dünne Halskette zu sehen, an der ein kleiner geschliffener Edelstein hing.
    Das ließ Claesson an den Anhänger denken, den er Veronika zu Weihnachten geschenkt hatte. Er war zweifellos sehr kleidsam. Jedenfalls hat sie sich darüber gefreut, dachte er flüchtig, während Josefine Langbacke erzählte, dass sie in Lund BWL studiere. Sie habe sich so gefreut, einen Studienplatz ergattert zu haben, die Konkurrenz sei sehr groß gewesen. Sie habe den Studienplatz einfach nicht ablehnen können, auch, weil sie sich so danach gesehnt habe, von zu Hause auszuziehen.
    »Es geht schließlich um meine Zukunft«, schniefte sie.
    Claesson nickte. Er überlegte, ob sie Matilda ähnelte, aber seine Erinnerung an das Gesicht der Kleinen war verblasst. Sie war jetzt drei Monate alt und sah vermutlich inzwischen ganz anders aus. Wahrscheinlich hatte sie so runde Wangen mit Grübchen wie Klara früher. Vielleicht hat unser zweites Kind auch welche, dachte er und verspürte plötzlich eine gewisse Zuversicht.
    »Aber es war schrecklich«, meinte Josefine inzwischen etwas gefasster. »Seltsamerweise hat das mit dem Studieren funktioniert, aber die ganze Zeit habe ich mich gefragt, wie es der Kleinen wohl geht.«
    Claesson fiel es nicht schwer, sich diese alptraumhaften Qualen vorzustellen.
    »Ich habe

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